Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
und dem Nebel am Grund der Schlucht verborgen war. Er stand lange da, seine Gedanken wie wundgescheuert. Hinter ihm zog der Stadtverkehr über die Leere, Männer und Frauen, Pferde und Ochsen, Adlige und Bauern. Er weinte kurz.
Als er in den Hof vor seinem Anwesen trat, stand eine unbekannte Kutsche an der Tür. Das Wappen an ihrer Seite und die Farben ihrer Bezüge kündigten das Haus Skestinin an. Der alte Tralgu-Türsklave erhob sich und verbeugte sich, und seine Kette klirrte dabei.
»Mein Herr«, sagte er. »Es ist sehr schön, Euch wiederzusehen. Die Dame war besorgt, als Eure Kutsche leer zurückgekehrt ist. Sie ist mit Sabiha Skestinin in ihren Privatgemächern. Mein Herr Jorey bat darum, bei Gelegenheit mit Euch zu sprechen. Er wartet in Eurem Arbeitszimmer.«
Dawson nickte, und der Türsklave verneigte sich. Dawsons Jagdhunde begrüßten ihn gleich in der Eingangshalle: Ihre breiten Schwänze schlugen wild durch die Luft, und ein aufrichtiges Hundegrinsen spielte um ihre Mäuler. Dawson konnte nicht anders, als zu lächeln, während er ihnen die Ohren kraulte. Es gab keine reinere Liebe als die eines Hundes zu seinem Herrn.
Er zog in Erwägung, zu Clara zu gehen, ehe er seinen Sohn aufsuchte, aber ihre Gemächer waren am anderen Ende des Anwesens, und seine Hüften schmerzten vom Gehen. Er wusste ohnehin, worüber sich Jorey unterhalten wollte. Er hatte das Gespräch erwartet, seit Clara ihm Genaueres über Sabiha Skestinin erzählt hatte. Dawson gab seinen Hunden mit einer Geste einen Befehl, und sie blieben sitzen, während er zu seinem Arbeitszimmer ging und die Tür hinter sich schloss.
Jorey stand am Fenster, und das nachmittägliche Licht glänzte auf seinem Gesicht. Es kam Dawson wieder in den Sinn, wie ähnlich der Junge seiner Mutter sah, vor allem, was die Augen und die Haarfarbe anging. Es schien nicht so lange zurückzuliegen, dass Jorey ein feingliedriger Junge gewesen war, der auf Bäume kletterte und abgebrochene Äste als Schwert benutzte. Nun hatte er breite Schultern und ein ernstes Gesicht. Und die Schwerter, die er schwang, waren scharf.
»Vater«, sagte Jorey.
»Sohn«, erwiderte Dawson und fühlte, wie die eben erst zurückgedrängten Tränen hinter seinen Augen aufbegehrten. »Du siehst gut aus.«
»Ich fühle mich … Ich muss dich um Erlaubnis für etwas bitten. Und es könnte etwas sein, das du nicht gerne hörst.«
Dawson setzte sich mit einem Brummen hin und wünschte sich sofort, dass er daran gedacht hätte, ein Getränk kommen zu lassen, ehe er es tat. Nicht Wein. Nicht heute. Aber ein Becher Wasser wäre ihm sehr willkommen gewesen.
»Du willst die junge Skestinin heiraten«, sagte Dawson.
»Ja.«
»Obwohl sie keine Ehre in die Familie bringt.«
»Das tut sie aber. Die Welt mag sie vielleicht nicht sehen, aber sie ist da. Sie hat einmal etwas Dummes getan, und sie trägt es nun mit sich herum. Aber sie ist eine gute Frau. Sie wird dich nicht enttäuschen.«
Dawson leckte sich die Lippen. Er hatte ein Dutzend Einwände und Sorgen angebracht, gleich als Clara ihm erklärt hatte, wer Sabiha Skestinin war, und weitere waren mit der Zeit hinzugekommen und lediglich zurückgedrängt worden, um sich zu mehren, seit sie nach Camnipol gekommen waren. Wer war der Vater des ehrenrührigen Kindes, und war Jorey tatsächlich bereit zuzulassen, dass jener Mann, wer er auch war, ihm bei Hofe mit diesem kleinen Skandal drohen konnte, sein ganzes restliches Leben lang? Würde Barriath, der unter Skestinin in der Flotte diente, nicht besser passen? Wie konnte er dem Mädchen vertrauen, ihre Lust unter Kontrolle zu halten, wenn sie bereits gezeigt hatte, dass sie es als unverheiratete Frau nicht konnte?
»Träumst du noch von Vanai? Von dem Feuer?«
»Ja«, erwiderte Jorey, sein Gesichtsausdruck grimmig.
»Ist diese Schuld der Grund, weshalb du ein gefallenes Mädchen zur Frau willst? Weil sie etwas ist, das du retten kannst?«
Jorey antwortete nicht. Er musste es nicht.
»Es wäre klüger, wenn du diese Verbindung nicht eingehst«, sagte Dawson. »Die Geschichte dieses Mädchens zeigt, was sie ist. Wir haben bereits eine Verbindung zu Skestinin, also gewinnt die Familie dadurch sehr wenig. Deine Brüder sind noch nicht verheiratet, und es scheint merkwürdig, den Jüngsten zuerst heiraten zu lassen. Als mein Vater zu mir kam und mir sagte, mit wem ich verheiratet werden würde, war ich ihm dankbar für seine Führung und seine Weisheit. Ich habe nicht irgendeine Verirrte mit
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