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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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Kneipenbekanntschaft geht nicht über ein Schulterklopfen und eine Runde Schnaps oder Bier hinaus, und das ist auch gut so. Wenn man am Tresen steht, will man ungebunden sein, da geht es keinen etwas an, welchen Scheiß man gerade am Hals hat.
    Wir knobelten eine Runde. Ich hatte mein glückliches Händchen – mein goldenes Händchen nannten sie es – noch nicht verloren und gewann genauso wie früher. Die Wiedereingliederung lief doch ganz gut, fand ich.
    Nach ein paar Gläsern machte ich mich auf den Weg, kaufte am Leidseplein einen Strauß Rosen und nahm ein Taxi zu Jeanette.
     
    Die Vorhänge waren immer noch geschlossen. Ich klingelte sechsmal lange und mit Nachdruck, aber es regte sich nichts. Auf dem Schildchen neben dem unteren Klingelknopf stand »Effimandi«. Ich nahm an, daß das der Name ihrer Hauswirtin war, und klingelte dort. Sofort sprang die Haustür auf. Ich trat in den Flur. Eine der Türen wurde geöffnet, und eine kleine Frau erschien im Rahmen.
    Sie trug ein hellrosafarbenes enges Kleid mit tiefem Ausschnitt, der den Ansatz eines braun gefleckten Busens sehen ließ. Ihr pechschwarzes Haar war kurz wie ein Bubikopf. Die Nägel der Hand, die am Türknauf lag, waren lila lackiert, und umdas Handgelenk baumelten an die zehn bunte Armreifen. Sie lächelte mich an und entblößte dabei ein gelbes Rauchergebiß. Ich schätzte sie auf etwa sechzig.
    »Kommen Sie herein.«
    Ich schloß die Haustür hinter mir und folgte ihrer Aufforderung. Der riesige Wohnraum, den ich betrat, war in gleißendes Sonnenlicht getaucht, das noch durch einen knallgelben Teppich verstärkt wurde, in dem ich bis zu den Knöcheln versank. Die Wände des Raums waren hellblau tapeziert. Eine große Fensterfront bot Ausblick auf die trostlose Boerenwetering, und ein kleines Fenster rechts auf den winzigen Garten. Unzählige Möbelstücke, viele Sessel, Sofas, Chaiselongues in den verschiedenartigsten Stilrichtungen von Rokoko bis Knoll standen kreuz und quer durcheinander und waren mit Stoffen in Schockfarben von Purpurrot über Giftgrün bis hin zu Azurblau bezogen. Die geballte Wirkung von Sonnenlicht und Farben tat meinen Augen im ersten Moment so weh, daß ich sie mit der Hand abschirmen mußte, um mich langsam daran zu gewöhnen.
    Mit eleganter Handbewegung deutete die Frau auf ein orangefarbenes Sitzmöbel.
    »Nehmen Sie Platz.«
    »Darf ich mich erst einmal vorstellen, Frau...?« begann ich. Aber sie hob abwehrend die Hand.
    »Nicht nötig, nicht nötig, Ihren Namen brauche ich doch nicht zu wissen. Sie kommen wegen Jeanette?« Sie zeigte auf die Rosen, die ich auf dem Schoß hielt.
    »Stimmt.«
    »Was wollen Sie von ihr?«
    »Ich möchte gerne mit ihr sprechen.«
    »Ah...«
    Pause. Sie saß mir direkt gegenüber und hatte die Sonne im Rücken, so daß ich ihr Gesicht nicht richtig sehen konnte. Wir schwiegen.
    Im Zimmer lag ein betäubender Duft, und ich entdeckte, daß von der Deckenmitte, wo normalerweise eine Lampe hängt, eine Kordel mit einem großen Bündel Duftkugeln herabhing. Lampen gab es überhaupt keine. Hier wurde offenbar nur bei Tageslicht gelebt.
    »Sie kennen sie?« fragte die Frau unvermittelt und setzte sich in einen anderen Sessel, so daß ich sie nun besser sehen konnte.
    »Sicher, wir sind alte Freunde. Ich bin gerade drei Jahre im Ausland gewesen, und gestern habe ich sie getroffen, und sie bat mich, sie anzurufen. Aber sie geht nicht ans Telefon, und da dachte ich mir, ich schau mal kurz vorbei.« Ich merkte, daß meine auf die Schnelle bedachte Ausflucht jeder Logik entbehrte, aber das schien ihr nicht aufzufallen.
    »Ja... Ja...«, sagte sie und grinste mich, wie mir schien, schadenfroh an. Ich grinste zurück. Wieder schwiegen wir eine ganze Weile. Die Fenster waren allesamt geschlossen, es war erstickend heiß. Ich hatte schon schweißnasse Hände, und meine Ohren glühten. Eine Stunde in diesem Brutkasten, und ich wäre tot gewesen. Endlich begann sie mit monotoner Stimme zu sprechen, als sagte sie eine Lektion auf, die sie auswendig gelernt hatte.
    »Gestern abend um neun bekam Jeanette Besuch. Ich weiß nicht, von wem, aber ich glaube, es war ihr Schwager. Er blieb bis elf Uhr. Kurz danach bekam sie noch einmal Besuch, der blieb nur kurz. Höchstens zehn Minuten. Jeanette bekommt oft Besuch. Anschließend ist sie mit einem Taxi weggefahren. Gegen zwei wurde sie nach Hause gebracht. Von wem, weiß ich nicht. Ihr Begleiter blieb ungefähr eine halbe Stunde oben. Heute früh ist sie gegen

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