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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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die und die Telefonnummer anzurufen – die Nummer vom Pieper . Ich würde dafür sorgen, daß ich dann im Pieper war, so daß ich den Anruf entgegennehmen und ein Treffen mit ihm vereinbaren konnte. Es bestand natürlich das Risiko, daß der Zettel in die falschen Hände geriet, aber das Risiko mußte ich in Kauf nehmen. Schließlich hatten sie dann auch nicht mehr als die Telefonnummer einer Kneipe. Egal wie, ich mußte den Zettel so deponieren, daß er ins Auge fiel und King ihn auch fand. Wozu hatte ich Carlos Hausschlüssel? Ich öffnete die Eingangstür. Es war stockfinster, und da ich keinen Lichtschalter finden konnte, tastete ich mich im Dunkeln die Treppe hinauf. Es roch immer noch nach Lysol und Schmierseife. Im selben Moment, als ich im oberen Flur einen Lichtschalter fand, hörte ich ein Geräusch. Ein kurzes, leises, hohes Fiepen wie von einem jungen Hund. Es kam aus dem hinteren Zimmer, dem Zimmer, in dem ich meine Koffer wiedergefunden hatte. Ich hielt die Luft an und horchte, ohne mich zu rühren. Aber ich hörte nichts mehr. Vielleicht hatte ich es mir nur eingebildet.
    Doch als meine Hand zum zweiten Mal den Lichtschalter berührte, hörte ich es erneut. Es war natürlich purer Zufall, aber man hätte meinen können, das Geräusch entstünde durch die Berührung des Schalters. Als fiepte der Schalter. Ich zog die Beretta hervor, entsicherte sie und schlich auf Zehenspitzen zur Zimmertür.
    Himmelherrgott, wieso mach ich denn das jetzt wieder? dachte ich, ich will nicht mehr Detektiv spielen. Ich kann jetzt nichts mehr riskieren, denn ich muß nach Amerika.
    Mitgrößter Behutsamkeit drückte ich die Klinke runter, stieß dann die Tür weit auf und machte im selben Moment das Licht an.
    Ein Mann saß, auf einem Stuhl festgebunden, in einer Ecke des Raums. Seine Füße waren an die Stuhlbeine gefesselt und seine Hände hinter der Rückenlehne zusammengebunden, so daß er den Oberkörper nicht nach vorn fallen lassen konnte. Er schien bewußtlos zu sein. Da sein Kopf runterhing und sein Kinn auf seiner Brust ruhte, konnte ich sein Gesicht nicht sehen. Seine Kleidung, besonders sein Oberhemd und sein Jackett, war blutverschmiert. Auch auf dem Fußboden und an der Wand hinter ihm waren Blutspritzer. Ich ging zu ihm hin und hob vorsichtig seinen Kopf an. Sein Gesicht war völlig entstellt. Nase und Lippen ein einziger blutiger Brei. Die Augen zugeschwollen. Überall in seinem Gesicht, in der Stirn, den Wangen, dem Kinn, waren offene Wunden. Bei jedem Herzschlag wurde ein wenig Blut durch sie herausgepumpt.
    Mir drehte sich der Magen um und mir wurde schwarz vor Augen. Behutsamst ließ ich sein Kinn wieder auf seine Brust sinken, aber er fiepte dennoch. Ich konnte gerade noch das Waschbecken erreichen, da kam mir alles, was ich in blindwütiger Sauflust in mich hineingeschüttet hatte, wieder hoch. Ich kotzte, bis ich dem Flennen nahe war.
    O Gott, warum passiert so was auf dieser Welt? Wir könnten doch alle Bierpulver verkaufen und in Frieden leben und arbeiten. Aber nein, wir bringen einander um. Das heißt, die einen bringen um. Die anderen werden umgebracht. Einzelne werden von mehreren getötet. Dieses Leben ist mir zu gefährlich.
    Ich wusch mir das Gesicht und richtete mich wieder auf. Vor den Füßen des Mannes lag eine aufgerissene Brieftasche. Ich hob sie vom Fußboden auf und schaute nach, was drin war. Eine Arbeitserlaubnis, ausgestellt auf den Namen Enrico Pisicini, Schiffsmakler. Weiter einige Zettel, etwas Geld, Fotos. Enrico mit Mädchen in Italien. Enrico mit Mädchen in den Niederlanden. Und ein Foto von mir.
    Daß ich es war, erkannte ich gar nicht gleich. Mir kam der Typ auf dem Foto nur ziemlich bekannt vor. Ich blickte nachdenklich in Richtung Kamera. Hinter meinem Kopf war eine Ecke von einem Gemälde zu sehen. Es schien eine ganz neue Aufnahme zu sein, aber ich konnte mich nicht erinnern, daß in letzter Zeit ein Foto von mir gemacht worden war.
    Da läutete das Telefon.
    Was für eine Situation! Da saß ich mit einem halbtoten, auf einen Stuhl gefesselten Mann, der ein Foto von mir in der Tasche hatte, in einem fremden Haus, und das Telefon hörte nicht auf zu läuten.
    Ich steckte das Foto in meine Brieftasche, zog mein Taschentuch heraus, wickelte es um meine Hand und nahm damit den Hörer ab.
    Eine nasale Stimme sagte: »King?«
    »Hm.«
    »Okay, King, wir wußten, daß du da bist. Er will mit dir reden«, sagte jemand in gebrochenem Englisch.
    »Hm.«
    »Du willst wissen, was

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