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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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gemerkt, daß hier in Europa jeder lacht, wenn er hört, was für ein Produkt wir herstellen. Es wird denn auch Ihre erste Aufgabe sein, Mr. Stefan, das offenbar Komische daran aus der Welt zu schaffen und dem Produkt ein anderes Image zu geben. Versprechen Sie mir, daß Sie nicht lachen werden.«
    Ach herrje, was konnte denn das sein?
    Wegwerfanzüge aus Papier, die man nach einmaligem Tragen im Klo runterspült? Oder Lebensmittelnachbildungen aus Plastik für Dicke, die sich das zum Trost auf den Tisch stellen und anschauen können, wenn sie schon nichts essen dürfen?
    »Bier in Pulverform. Instantbier.«
    Ich mußte nicht lachen. Ich erschrak.
    Die machen auch vor nichts mehr halt, war mein erster Gedanke. Aber wer tut das denn heute überhaupt noch?, dachte ich dann. Du doch auch nicht! Kann dir doch egal sein, was du verkaufst, Zahnpasta oder Schuhwichse oder Instantbier. Hauptsache, der Umsatz steigt und der Kunde ist zufrieden. Stimmt’s? Über Geld redeten wir nicht.
    »Ich bin überzeugt, daß das zu seiner Zeit zur allseitigen Zufriedenheit geregelt wird«, sagte Henderson, und ich war ganz seiner Meinung. Danach besprachen wir noch ein paar Details. Ich erkundigte mich nach dem Umsatz in den USA, nach der Struktur des Unternehmens und seinen Erweiterungskapazitäten, und er beantwortete meine Fragen, wenn auch nicht ausführlich. Es sei nämlich so, daß er erst freie Hand habe, wenn noch einige weitere Besprechungen absolviert seien.
    Zum Schluß hatten wir verabredet, am nächsten Tag zusammen zu Abend zu essen, um einander besser kennenzulernen, und ich hatte ihnen die Adresse meines Motels gegeben, wo sie jederzeit eine Nachricht hinterlassen könnten, wenn irgend etwas sein sollte.
    »Würden Sie dann bitte gleich morgen früh aufs Konsulat gehen und ein Visum beantragen? Ich werde dem Konsul Ihr Kommen avisieren.«
    »Wann werde ich denn in die Staaten müssen?«
    »In fünf Tagen.«
    »In fünf Tagen schon?«
    »Das geht doch hoffentlich, oder? Oder haben Sie noch anderweitige Verpflichtungen?«
    »Nein, das nicht.«
     
    Deshalb also ließ ich mich eine halbe Stunde lang naß regnen und durchwehen, bis meine Finger zu feuchten, weißen Stöckchen geworden waren und ich nichts mehr sehen konnte, weil mir das Wasser über die Stirn in die Augen rann. Wenn du neunundzwanzig bist, haben keine Wunder mehr zu geschehen, und tun sie es doch, steht es dir zu, mal kurz zu vergessen, daß du neunundzwanzig bist, und so zu tun, als wärst du zwölf oder noch jünger. Dann darfst du dich vom Regen durchnässenlassen und Luftsprünge machen und denken, du wärst allein auf der Welt.
    In einer Woche würde ich in New York sein. Den blauen Sonnenuntergang über Manhattan sehen, nicht mehr nur auf Fotos, sondern in echt. In der Madison Avenue den Executive spielen. Und danach Paris. Das stand für mich außer Zweifel.
    Nicht mehr als Tourist in Paris rumlaufen, sondern als dort wohnender und arbeitender Mensch. Morgens erwache ich in meiner Luxuswohnung mit Blick auf die Seine und Notre-Dame.
    Ein kurzer Blick auf den Terminkalender. Ah, heute London. Anderthalb Stunden später stehe ich auf dem Flughafen Orly. Zwei Stunden später am Piccadilly. Eine Konferenz, Mittagessen in Soho. Mit dem Flugzeug zurück. Abendessen in meinem Lieblingsrestaurant an der Ecke. Noch ein Martini auf der Terrasse des Les Deux Magots . Dann nach Hause. Anruf von einer Freundin, Verabredung pour le weekend . Am nächsten Tag nach Lissabon oder Mailand oder Zürich. Sid Stefan hat es geschafft. Er verkauft Bier in Pulverform. Instantbier. Schiffe voller Bierpulver aus Amerika löschen ihre Ladung an großen Silos. Züge voller Instantbier fahren kreuz und quer durch Europa. Geh doch bitte kurz ein Kilo Bier kaufen. Neu: Bierpudding. Und für echte Liebhaber: Bierbrötchen.
    Als ich schließlich zu meinem Wagen zurückging, der am Fuße des Hilton auf mich wartete, fand ich schon, daß das mit dem Bierpulver doch eigentlich gar keine so schlechte Idee war. Wenn ich jetzt zum Beispiel ein Glas dabei gehabt hätte, hätte ich es mit Regen vollaufen lassen können und gar nicht mehr in eine Kneipe zu gehen brauchen.
     
    Aber ich ging in eine Kneipe, und nicht nur in eine, und war am Ende stockbesoffen. Erfolg macht schwach. Vielleicht. Normalerweisekann ich eine Menge vertragen, aber an diesem Abend kam jeder Tropfen Alkohol einem Tropfen Benzin ins Feuer gleich.
    Ich weiß nicht mehr, wie viele Kneipen ich an diesem Abend abgeklappert,

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