Dolly - 04 - Dolly, die Klassensprecherin
trafen dort viele Gruppen von aufgeregten Mädchen, die auch zum Nordturm gehörten. Felicitas wurde scheu und nervös – liebe Zeit, so viele Mädchen, und eines kannte das andere, nur sie nicht! Doch – eines von ihnen kannte sie: Susanne, Dollys Freundin, die jetzt lächelnd auf sie zukam.
„Hallo, Dolly! Guten Tag, Felicitas! Jetzt lernst du also endlich Möwenfels kennen! Fein! Ich möchte auch noch mal neu hinkommen, damit noch viele Jahre vor mir lägen, so wie vor dir. Du weißt gar nicht, wie gut du es hast!“
„Als ich zum erstenmal hinkam, hat irgend jemand genau das gleiche zu mir gesagt“, erzählte Dolly. „Damals war ich zwölf, und in zehn Monaten werde ich schon sechzehn. Puh – wie alt!“
„Jawohl, und vergiß bitte nicht, daß wir uns besonders alt vorkommen werden, noch bevor dieses Jahr zu Ende geht!“ sagte eine vertraute Stimme hinter ihr. „Wir müssen für die Prüfungen arbeiten. Ich werde sicher graue Haare bekommen!“
„Ach, Alice!“ rief Dolly erfreut. „Schöne Ferien gehabt? Das hier ist meine Schwester Felicitas. Sie kommt jetzt auch nach Möwenfels.“
„Wahrhaftig?“ fragte Alice. „Da will ich gleich meine Kusine suchen. Die ist auch eine Neue. Wo mag sie bloß stecken? Ich habe sie schon zweimal verloren.“
Sie verschwand. Bald darauf kehrte sie mit einem etwa zwölfjährigen Mädchen zurück, das ihr sehr ähnlich sah.
„So, das ist Irmgard“, sagte sie. „Freunde dich nur gleich mit ihr an, Felicitas. Ihr werdet euch in den nächsten Jahren oft genug sehen. Allerdings ist es nicht sicher, ob du Irmgard noch sehen magst, wenn du sie erst genauer kennst!“
Ob Alice das ernsthaft meinte? Dolly schaute ihr in die Augen, wurde aber nicht klug daraus. Irmgard sah nett aus, doch hatte sie einen Zug um den Mund, der Dolly nicht recht gefiel. Sie scheint ziemlich herrschsüchtig zu sein, dachte sie – aber in der Schule wird sie wenig damit durchkommen. Dafür sorgen schon die älteren Mädchen.
„Seht mal!“ sagte Alice und stieß Dolly und Susanne an. „Dort kommt Evelyn und führt schon wieder mal das übliche Theater auf!“
Felicitas und Irmgard drehten sich um. Sie sahen ein blondes Mädchen mit blaßblauen Augen, das sich rührselig von seiner Mutter verabschiedete.
Susannes Mutter unterhielt sich mit Dollys Eltern. Bei ihnen gab es weder Tränen noch Beteuerungen, und Dolly war ihnen dankbar, daß sie das richtige Gefühl für so etwas hatten.
„Da kommt Fräulein Pott“, sagte Susanne, als die Hausvorsteherin des Nordturms mit einer Liste in der Hand auftauchte. „Guten Tag, Fräulein Pott. Haben Sie alle beisammen?“
„Ja, ich glaube – bis auf Irene. Ach, da bist du ja, Irene. Vermutlich ist dir der Gedanke, dich bei mir zu melden, überhaupt nicht in den Sinn gekommen? Welch ein Glück, daß Britta mit dem Auto nach Möwenfels fährt, da muß ich mich um einen Wirrkopf weniger kümmern. Jetzt steigt ihr am besten ein. Es sind nur noch vier Minuten bis zur Abfahrt.“
Alles kletterte in die Abteile. Susanne und Dolly zogen Felicitas in ihres.
„Die Neuen sollen eigentlich zu Pöttchen ins Abteil kommen“, sagte Dolly. „Aber du darfst bei uns bleiben. Leb wohl, Mutti! Auf Wiedersehen, Vati! Am Sonntag schreiben wir euch gleich.“
„Lebt wohl!“ sagte Felicitas leise.
Der Zugführer pfiff. Türen schlugen zu, und der Zug fuhr langsam an. Eltern und Mädchen winkten heftig.
Dolly sank auf ihren Platz.
„Zurück nach Möwenfels!“ rief sie fröhlich. „Zum lieben alten Möwenfels.“
Die Fahrt dauerte lange, aber schließlich kam der Zug doch an der Station an, zu der Möwenfels gehörte. Die Mädchen stiegen aus und rannten zu den Schulbussen hinüber.
Felicitas war müde und aufgeregt zugleich. Dolly schien nicht im mindesten ermüdet zu sein, aber aufgeregt war auch sie. „Gleich werden wir die Schule und die übrigen Mädchen sehen“, sagte sie zu Felicitas. „Paß auf, ich sage dir Bescheid, wenn du Möwenfels zum erstenmal sehen kannst!“
Und bald warf dann Felicitas genauso den ersten Blick auf die Schule, wie es Jahre vorher ihre Schwester Dolly getan hatte. Sie sah ein großes quadratisches Gebäude aus grauen Steinen, das hoch auf einer Anhöhe stand. Dahinter lag, unten am Fuß der Klippe, das blaue Meer, aber es war von hier aus noch nicht richtig zu sehen.
Vier Türme erhoben sich an den Ecken des Baues. Felicitas’ Augen leuchteten bei dem Gedanken, daß sie in einem dieser Türme schlafen würde. Sie gehörte genau wie
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