Dolly - 10 - Wiedersehen auf der Burg
holt Blumen und Blätter, so viele wie möglich. Wir werden so tun, als sei es Absicht gewesen!“
Nach allen Seiten stoben die Mädchen auseinander und pflückten, was ihnen in die Finger kam. Dolly plünderte die ohnehin allzu üppige Tischdekoration. Dann ließen sie Blumen und Blätter ins Wasser segeln, bis das Schwimmbecken einem persischen Teppich ähnelte.
„Na bitte – Phantasie muß man haben“, sagte Dolly zufrieden. „Hoffentlich versucht keiner, über diesen tollen Teppich zu schreiten.“
„Für seine Ernährung wäre wenigstens gesorgt“, meinte Felicitas kichernd.
Der Garten füllte sich schnell, und immer wieder hörte man erstauntes „Äh“ und „Oh“, angesichts des so ungewöhnlich dekorierten Schwimmbeckens.
„War dieses Kunstwerk Ihre Idee, Dolly?“ fragte KlausHenning Schwarze und schüttelte Dolly zur Begrüßung die Hand.
„Sagen wir, es war eine Riedersche Gemeinschaftsarbeit. Der Grundeinfall stammt von Feli. Ich habe nur für die Ausschmückung des Ganzen gesorgt.“
„Originell.“
„Hm, vor allem die Tomaten.“ Dolly lachte. KlausHenning Schwarze beugte sich über das Schwimmbecken und prüfte den Blütenschmuck etwas genauer. Dann begriff er.
„Wetten, daß da unten ein kostbares Gefäß auf einen mutigen Taucher wartet?“ sagte er und grinste nun ebenfalls.
Fräulein Peters, die Leiterin des „Möwennestes“, klatschte in die Hände und bat um Ruhe. In einer kleinen Ansprache hieß sie ihre Gäste willkommen und wünschte allerseits einen vergnüglichen Abend. Dann strömte man von allen Seiten zum kalten Büfett. Tabletts mit Getränken wurden herumgereicht. Lachen und leise Musik erfüllten die Luft.
KlausHenning Schwarze hatte Dolly zu einem der kleinen Tische geführt.
„Warten Sie hier auf mich? Ich hole uns etwas zu essen.“
„Wollen Sie nicht wissen, was ich haben möchte?“
„Wie ich Sie einschätze – von allem etwas. Genau wie ich. Hab ich recht?“
„Sie haben mich erkannt. Ich muß alles mal ausprobieren.“
„Nur beim Essen – oder auch sonst?“ neckte der junge Lehrer sie.
„Nur beim Essen. Auf anderen Gebieten treffe ich eine strenge Vorauswahl.“
KlausHenning Schwarze verschwand, schlängelte sich durch die dichtgedrängte Gruppe Wartender und kam bald darauf mit zwei vollgehäuften Tellern zurück. Aus den Taschen seines Sakkos zog er Bestecke und Servietten.
„Hm, das sieht ja köstlich aus“, lobte Dolly.
„Ja – sollte mich nicht wundern, wenn das ,Möwennest’ bald ein Restaurant eröffnet – um das Betätigungsfeld der Kochschülerinnen zu erweitern.“
„Die armen Gäste! Wenn ich denke, was wir uns in den ersten Stunden so geleistet haben – Clarissas Früchtecreme nach Tatarenart! Und meine Kartoffelklöße schmeckten wie aus Zement gegossen…“, kicherte Dolly.
„Um Himmels willen, das ist inzwischen hoffentlich besser geworden?“
„Oh, und ob! Im zweiten Jahr haben wir mindestens so viel Ruhm geerntet wie die Köchinnen heute abend.“
„Das beruhigt mich. Plaudern Sie noch ein bißchen aus der Schule, was Sie alles angestellt haben als Nestmöwe! Gönnen Sie mir einen Blick hinter die Kulissen.“
„Sie tun gerade, als seien Sie uralt. So lange ist es doch noch gar nicht her, daß Sie selbst Streiche ausgeheckt haben. Ich wette, Sie haben viel mehr zu erzählen!“
„Was denken Sie von mir!“ sagte KlausHenning Schwarze in gespielter Entrüstung. „Ich war immer ein wahrer Musterknabe! Schüchtern und wohlerzogen!“
„Hm, genau so sehen Sie auch aus. Das Muster eines Musterknaben. Also gut, ich will Ihnen noch eine schöne Geschichte erzählen. Erinnern Sie sich an die eingebildete Sandra?“
„O ja, Sandra, der Paradiesvogel.“
„Es war im Winter…“
„Dolly! Dolly Rieder! Ma petite!“
Vom anderen Ende des Gartens segelte ein rundlicher kleiner Herr auf Dolly zu und breitete die Arme aus. Sein Gesicht strahlte.
„Monsieur Monnier!“ Dolly sprang auf und begrüßte den kugelrunden Französischlehrer überschwenglich.
„Wollen Sie nicht an unseren Tisch kommen? Ich habe Sie so lange nicht gesehen – und möchte so viel fragen! Kommen Sie, Monsieur Schwarze, Sie sitzen hier so allein, kommen Sie zu uns!“
Ohne ihre Antwort abzuwarten nahm Monsieur Monnier Dolly am Arm und führte sie zu einem Tisch auf der anderen Seite, an dem schon Madame Monnier und das Ehepaar Rodriguez saßen. Zwei Plätze waren noch frei.
„Sehen Sie – wir haben extra für Sie reserviert!“ sagte Monsieur Monnier
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