Dolly - 10 - Wiedersehen auf der Burg
lachend. „Sie sind unser Ehrengast – als neue Kollegin!“
Dolly nahm in der Mitte Platz und mußte erzählen. Dann begann man, Erinnerungen an das erste „Möwennest“-Jahr auszutauschen, das Gelächter hallte über die Terrasse, so daß die übrigen Gäste sich erstaunt umblickten. KlausHenning Schwarze saß schweigend dabei und hörte zu.
Musik klang auf. Fräulein Peters klatschte in die Hände und bat zum Tanz. KlausHenning Schwarze sprang auf und wollte Dolly auffordern, aber Monsieur Monnier war schneller.
„Der erste Tanz mit unserer Mademoiselle Rieder gehört mir, mon cher. Gönnen Sie einem alten Mann die Freude. Darf ich bitten?“
Er reichte Dolly galant den Arm, und KlausHenning Schwarze setzte sich seufzend. Dolly ließ sich von dem unermüdlichen kleinen Franzosen über die Tanzfläche schwenken und lächelte dem jungen Lehrer entschuldigend zu. Bereits der fünfte Tanz, und Monsieur Monnier schien immer noch nicht müde zu werden. Da – endlich – machte die Musik eine Pause.
„Der nächste Tanz gehört mir, Fräulein Rieder!“ hörte Dolly eine Stimme hinter sich sagen.
„Wachsb – Herr Doktor Werkamer“, verbesserte sich Dolly schnell. Um ein Haar hätte sie den Lehrer mit seinem Spitznamen „Wachsbohne“ angeredet. Um ihren Fehler zu überspielen stürzte sie sich übertrieben eifrig in eine Konversation, fragte nach seinem Ergehen, grub Erinnerungen aus und beteuerte, wie sie sich über das Wiedersehen freue. Und schon begann der nächste Tanz.
An der Schulter von Wachsbohne vorbei blinzelte Dolly zu KlausHenning Schwarze hinüber. Der rollte verzweifelt mit den Augen. Auch Wachsbohne ließ Dolly nicht eher gehen, bis die Musik eine Pause machte.
Diesmal stand KlausHenning Schwarze sprungbereit wie ein hungriges Raubtier, um sich den nächsten Tanz mit Dolly zu sichern. Dolly trat lächelnd auf ihn zu. Schon streckte der junge Lehrer die Arme nach ihr aus, da legte sich ihm eine Hand auf die Schulter und schob ihn sanft zur Seite.
„Jetzt müssen Sie unsere Dolly aber mir ein paar Minuten gönnen, lieber Herr Schwarze!“ sagte Fräulein Peters.
Dolly blinzelte zu KlausHenning hinüber
Fräulein Peters zog Dolly an ihren Tisch und stellte sie ein paar Ehrengästen vor. Dann fragte sie sie nach ihrem Studium aus, nach ihren Eindrücken und Erfahrungen auf der Universität und danach, was sie von ihren ehemaligen Mitschülerinnen und Freundinnen gehört hatte. Dolly beantwortete geduldig alle Fragen und schielte immer wieder zu KlausHenning Schwarze hinüber.
Als sie ihren Blick wieder einmal wie zufällig zu dem Tisch der Monniers hinüberwandern ließ, war der junge Lehrer verschwunden. Fräulein Peters erzählte gerade, daß Will und Clarissa, die beiden Pferdenärrinnen, nach ihrer Ausbildung zur Reitlehrerin ebenfalls nach Möwenfels zurückkehren wollten, als Dolly ihn unter den Tanzenden entdeckte. In seinen Armen lag, hingekuschelt wie eine schnurrende Katze, eine weißblonde Schönheit, die sehr vertraut mit ihm zu sein schien. Die beiden flüsterten miteinander und lachten, und schließlich verließen sie die Tanzfläche und verschwanden im Dunkel des Gartens. Kurze Zeit darauf hörte Dolly vor dem Haus das heisere Husten von „Schnucki“, der alten Autodame, deren Motor dringend eine Inspektion benötigte.
Es war, als legte sich ein Schatten über den fröhlichen Abend. Dolly fröstelte.
„Ich bin schrecklich müde“, entschuldigte sie sich bei Fräulein Peters. „Bitte seien Sie mir nicht böse, wenn ich mich jetzt verabschiede.“
„Sie wollen schon gehen? Das ist schade. Nun – wir sehen uns von nun an ja öfter, ich hoffe, Sie schauen recht oft bei uns im ,Möwennest’ vorbei, Dolly. Gute Nacht.“
„Gute Nacht – und herzlichen Dank für den netten Abend, Fräulein Peters!“
Dolly stand auf und verabschiedete sich auch von der übrigen Tischrunde. Dann lief sie ins Haus und ging in die Küche, wohin sie Felicitas eben hatte verschwinden sehen. Feli stand mit ihren Freundinnen am Küchentisch und füllte die abgegessenen Platten neu auf.
„He, was ist los, du willst doch nicht schon weg?“
„Doch – sei mir nicht böse, aber ich habe scheußliche Kopfschmerzen“, schwindelte Dolly. „Ich möchte jetzt schlafen gehen. Außerdem habe ich morgen einen anstrengenden Tag, weil Pöttchen frei hat.“
„Du wirst alt, große Schwester, so kenne ich dich ja gar nicht! Na schön, wenn du dich mies fühlst – kann ich ja verstehen. Gute Nacht – und gute
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