Dolly - 10 - Wiedersehen auf der Burg
Besserung!“
„Danke. Viel Spaß noch!“
Dolly lief zu dem wartenden „Richard Löwenherz“ hinüber, stieg ein und startete. Im Gegensatz zu „Schnucki“ sprang er sofort an, wie sie schadenfroh feststellte. Sekunden später rollte sie über die Landstraße auf die Burg zu.
Das Licht ihrer Scheinwerfer erfaßte ein am Straßenrand parkendes Auto. War das nicht „Schnucki“? Natürlich, sie erkannte undeutlich zwei Gestalten, eine große – und an deren Schulter gelehnt eine zweite.
„Lächerlich…“, schnaufte Dolly verächtlich und brauste mit Vollgas vorüber.
Fräulein Sauer hört ein Gespenst
Es hatte sich bis zum letzten Bewohner von Burg Möwenfels herumgesprochen, daß Fräulein Sauer ihrem Namen alle Ehre machte. Am meisten litten die Mädchen unter ihr, die sie als Klassenlehrerin hatten: die Schülerinnen der Dritten.
„Ich bin streng, aber gerecht“, pflegte Fräulein Sauer zu verkünden. „Gefühle kenne ich nicht. Keiner wird bei mir vorgezogen, keiner benachteiligt. Ihr seid hier, um zu arbeiten und viel zu lernen, und daran, daß ihr besonders viel gelernt habt, wird man erkennen, daß ihr eine gute Lehrerin gehabt habt. Und eines sage ich euch: Schlamperei dulde ich nicht. Disziplin! Disziplin ist das A und O im menschlichen Leben. Ohne Disziplin keine Leistung!“
Waren die Mädchen den strengen Schulstunden bei Fräulein Sauer entkommen, setzte sich ihr Regiment beim Essen fort. An keinem Tisch ging es so ruhig und gesittet zu, wurde so wenig gesprochen oder etwa gelacht wie an ihrem. Fräulein Sauer machte Konversation, um ihren Schützlingen auch beim Essen noch ein paar Brocken Bildung mit einzulöffeln. Und wer nicht gefragt wurde, hatte gefälligst den Mund zu halten.
Vor allem prüfte sie bei solchen Gelegenheiten, womit sich die Mädchen in ihrer Freizeit beschäftigten, welche Bücher sie lasen und welche Musik sie hörten.
„Spukgeschichten – so ein Unfug“, tadelte sie heute die zierliche Ulla. „Du solltest dich lieber mit unseren Klassikern beschäftigen, die sind genauso spannend und bringen zudem einen Gewinn.“
„Aber es sind wahre Begebenheiten“, wagte Ulla zu widersprechen. „Wissenschaftlich untersuchte und beglaubigte Spukfälle in alten Schlössern und Burgen!“
„Auch Wissenschaftler lassen sich durch geschickten Betrug täuschen. Und nun nimm bitte die Ellbogen an den Körper und halte dein Messer mit der Spitze nach unten, wie es sich gehört. Und du, Renate – sitz gerade und kratz nicht so auf deinem Teller herum!“
Ulla und Renate seufzten tief – und die anderen sahen sich verständnisvoll an. Es war wirklich ein Kreuz mit der Sauer, man konnte seines Lebens gar nicht mehr richtig froh werden.
Wie anders ging es dagegen nebenan an dem Tisch der Kleinen zu, an dem Dolly Rieder die Aufsicht führte! Es wurde gelacht und erzählt, und wenn Fräulein Rieder einmal jemanden wegen seines Tischbenehmens zur Ordnung rief, so geschah es humorvoll, ohne zu verletzen.
„Ich wünschte, wir könnten uns mal so richtig an der Sauergurke rächen“, hauchte Regine, die neben Ulla saß. „Das ist ja nicht zum Aushalten!“
„Psssst! Vorsicht! Laß uns nachher darüber sprechen“, wisperte
Ulla zurück.
„Was gibt es da zu tuscheln?“ fragte Fräulein Sauer sofort. „Ich habe Ulla nur gefragt, ob sie mir nachher die Vokabeln
abhören kann“, sagte Regine schnell.
„Deshalb brauchst du doch nicht zu flüstern. Merkt euch, Flüstern
ist eine grobe Unhöflichkeit gegen die übrigen Anwesenden.“ „Jawohl, Fräulein Sauer“, seufzten die Mädchen im Chor. Nach
dem Essen stoben sie wie befreit davon.
„Wir sind der reinste Trauerverein!“ sagte Renate wütend. „Keiner
traut sich mehr, den Mund aufzumachen. Wie schön war es dagegen
in der zweiten Klasse bei Fräulein Parker! Das kann doch nicht so
weitergehen, sonst…“
„… sonst ,versauern’ wir noch total!“ fügte Regine grinsend hinzu.
„Aber was sollen wir tun?“
„Wir müßten ihr mal einen tüchtigen Streich spielen – um ihr einen
Denkzettel zu verpassen“, sagte Agnes, ein Mädchen, das die dritte
Klasse wiederholen mußte und deshalb besonders wütend war, daß
das Schicksal sie mit einer Lehrerin wie Fräulein Sauer gestraft hatte. „Wir? Einen Streich? Das glaubst du wohl selbst nicht!“ meinte
Ulla niedergeschlagen. „Wenn sie dahinterkommt, daß wir es waren,
haben wir für den Rest des Schuljahrs keine frohe Minute mehr. Und
das Risiko möchte ich nicht
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