Dolly - 10 - Wiedersehen auf der Burg
auf die anderen nicht.
„Menschenskind, Olivia, ich wußte gar nicht, daß du solche Kräfte hast! Du packst ja zu wie ein Bauarbeiter“, sagte Kai bewundernd. „Und ich hatte gedacht, du würdest umfallen, wenn du nur eine Schaufel in die Hand nimmst!“
Olivia lachte glücklich. „Das habe ich gerade selbst erst entdeckt. Muß das Erbteil meines Großvaters sein. Der war nämlich Maurer.“
Felicitas kam aus der Küche und brachte Kakao und Kuchen. Aufatmend scharte sich die tapfere Hilfsmannschaft um die umgestülpte Karre, auf der man Becher, Kannen und Körbe mit frischem Butterkuchen aufgebaut hatte.
„Schade, daß es schon zu kalt ist, um im Freien zu schwimmen!“ seufzte Ulla. „Das wäre genau das Richtige, nachdem wir hier so in Schweiß geraten sind.“
„Für heute werdet ihr mit unseren Duschräumen vorlieb nehmen müssen“, sagte Dolly. „Aber da wir heute kaum mit der Arbeit hier fertig werden und sicher noch einen weiteren Tag zum Aufräumungseinsatz kommen müssen, organisiere ich für das nächste Mal einen anschließenden Besuch im Hallenbad, einverstanden?“
„Mensch, Olivia, du packst ja zu wie ein Bauarbeiter“, sagte Kai bewundernd
„Klasse!“
„O ja, prima!“
„Am besten gleich morgen!“ riefen die Mädchen begeistert
durcheinander.
„Die anderen, die sich nicht zum Einsatz gemeldet haben, werden es
schön bereuen!“ meinte Olly lachend. „Wenn wir ihnen erzählen,
wieviel Spaß wir gehabt haben!“
„Fabelhaft, was ihr geschafft habt“, lobte Niki und trat zu Dolly
heran. „Man merkt, daß Ihnen die Arbeit mit den Mädchen große
Freude macht. Schade, daß es für Sie nur eine Durchgangsstation ist
und Sie wieder abspringen wollen.“
„Wer sagt denn, daß ich abspringen will?“
„Nun ja, ich dachte…“
„Sollen wir weitermachen, Fräulein Rieder?“ rief Olivia von der
verkohlten Mauer des Gewächshauses her und hatte bereits wieder
ihre Arbeitshandschuhe übergestreift.
„Warte!“
Dolly lief zu den Mädchen hinüber und ließ Niki und Felicitas
allein.
„Ein prima Kerl, deine Schwester“, seufzte Niki. „Wirklich ein
Jammer…“
„Was ist ein Jammer?“
„Das sie nun bald wieder weggehen wird, um in Paris ihren Pierre
zu heiraten.“
„Welchen Pierre? Wovon redest du überhaupt?“
„Na, den Journalisten, den sie in Paris kennengelernt hat und der sie
neulich hier besucht hat…“
„Wer hat denn das Märchen erfunden? Erstens ist Dolly noch nie in
Paris gewesen, zweitens kennt sie niemanden, der Pierre heißt, und
drittens hat sie nie die Absicht gehabt, hier wegzugehen, im
Gegenteil! Und von einem Besuch neulich weiß ich auch nichts.
Wenn sie Besuch gehabt hätte, hätte Dolly mir das bestimmt erzählt –
wir reden über alles miteinander.“
„Bist du sicher?“ Niki starrte Felicitas fassungslos an. „Aber dann
verstehe ich nicht – wieso hat sie Klaus solche Sachen erzählt?“ „Das soll Dolly deinem Bruder erzählt haben? Unmöglich.“
Felicitas sah kopfschüttelnd zu Dolly hinüber. „Dolly hat nur einen
Besuch gehabt, das heißt nein, eine Verabredung mit jemandem, den
sie gern hatte. Genaues hat sie mir nicht erzählt, sie sagte nur, sie hätte
sich idiotisch benommen, weil sie so eifersüchtig gewesen sei und
ihren Schwarm für einen Frauenhelden gehalten hätte. Aber das
stimmte wohl überhaupt nicht, wie sie hinterher gemerkt hat. Na, sie
war ziemlich aufgelöst, als sie mir das erzählte. Eigentlich sollte ich ja
nicht darüber sprechen, du behältst es für dich, nicht wahr? Jedenfalls
hat sie gesagt, sie wollte die peinliche Geschichte so schnell wie
möglich vergessen und nie wieder darüber reden.“
Felicitas fragte sich noch lange danach, warum ihr Niki plötzlich
um den Hals gefallen war und sie ohne ein weiteres Wort allein
stehengelassen hatte.
„Was ist denn mit der los?“ fragte Dolly, die gerade herankam. „Keine Ahnung. Sie hat mir ihren Becher in die Hand gedrückt und
ist davongestürzt wie eine Verrückte. Ihr wird doch nicht von meinem
Kuchen schlecht geworden sein?“
„Sicher nicht, der ist phantastisch! Gib mir noch ein Stück!“ Eine Stunde später machten sie Feierabend und kehrten in die Burg
zurück. Am nächsten Tag marschierte Dolly noch einmal mit ihren
Helferinnen zum „Möwennest“ hinüber. Niki war nicht da, sie hatte
ihre Arbeit beendet, für die Mädchen gab es sowieso nicht mehr viel
zu tun. Den Rest mußten Kran und Bagger erledigen.
KlausHenning Schwarze blieb auch heute unsichtbar.
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