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Dolores

Dolores

Titel: Dolores Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die Wahrheit, ich schwöre es. Und ich schwöre noch etwas: wenn Gott mir eine zweite Chance gäbe, würde ich dasselbe wieder tun, sogar wenn das Hölle und ewige Verdammnis bedeuten würde - was es vermutlich tut.
    Wahrscheinlich weiß jeder, der schon länger auf Little Tall lebt, daß ich ihn umgebracht habe, und die meisten von ihnen bilden sich vermutlich ein, sie wüßten, warum ich es getan habe - wegen der Art, auf die er seine Hände gegen mich gebrauchte. Aber es waren nicht seine Hände auf mir, die ihn ins Grab brachten, und die simple Wahrheit ist die - ganz gleich, was die Leute auf der Insel damals gedacht haben mögen -, daß er mich in den letzten Jahren unserer Ehe kein einziges Mal geschlagen hat. Diese Gemeinheit habe ich ihm Ende ‘60 oder Anfang ‘61 abgewöhnt.
    Bis dahin hat er mich ziemlich oft geschlagen. Das kann ich nicht abstreiten. Und ich hab’s hingenommen - auch das kann ich nicht abstreiten. Das erste Mal war in der zweiten Nacht nach unserer Hochzeit. Wir waren übers Wochenende nach Boston gefahren - das waren unsere Flitterwochen - und wohnten im Parker Hause. In diesen Tagen sind wir kaum ausgegangen. Wir waren nur ein Paar Landmäuse und hatten Angst, wir könnten unter die Räder kommen. Joe sagte, er dächte nicht daran, die fünfundzwanzig Dollar, die meine Eltern uns zum Verjuxen geschenkt hatten, für ein Taxi auszugeben, nur weil er den Rückweg zum Hotel nicht finden konnte. Gott, war dieser Mann blöd! Ich war es natürlich auch - aber Joe hatte etwas, das ich nicht hatte (und darüber bin ich froh), und das war dieses argwöhnische Wesen. Er bildete sich ein, die ganze Menschheit hätte es nur darauf abgesehen, ihn aufs Kreuz zu legen. Und mir ist oft der Gedanke gekommen, daß er sich vielleicht nur deshalb betrank, weil das für ihn die einzige Möglichkeit war, zu schlafen, ohne ein Auge offenzuhalten.
    Aber das tut hier nichts zur Sache. Was ich erzählen wollte, war, daß wir an diesem Samstagabend in den Speisesaal hinuntergingen, gut aßen und dann in unser Zimmer zurückkehrten. Ich erinnere mich, daß Joe ziemliche Schlagseite hatte, als er durchs Foyer ging - er hatte vier oder fünf Bier zum Mittagessen getrunken und weitere neun oder zehn im Lauf des Nachmittags. Sobald wir wieder in unserem Zimmer angekommen waren, stand er nur da und musterte mich so lange, daß ich ihn fragte, ob er etwas Grünes sähe.
    »Nein«, sagte er, »aber unten in dem Restaurant habe ich einen Kerl gesehen, der dein Kleid betrachtet hat, Dolores. Ihm sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Und du hast gewußt, daß er dich anschaut, stimmt’s?« 
    Ich hätte ihm fast gesagt, daß ich es nicht einmal bemerkt hätte, wenn Gary Cooper mit Rita Hayworth dort in der Ecke gesessen hätten, doch dann dachte ich, wozu? Es empfahl sich nicht, mit Joe zu streiten, wenn er getrunken hatte; ich bin nicht mit völlig geschlossenen Augen in diese Ehe gegangen, und ich versuche auch nicht, euch weiszumachen, daß ich es tat.
    »Wenn da ein Mann war, der mein Kleid betrachtet hat weshalb bist du dann nicht hinübergegangen und hast ihm gesagt, er soll die Augen zumachen, Joe?« fragte ich. Es war nur ein Scherz - vielleicht habe ich versucht, ihn abzulenken, ich weiß es wirklich nicht mehr -, aber er nahm es nicht als Scherz. Das weiß ich noch genau. Joe war ein Mann, der keinen Spaß verstand; er hatte überhaupt keinen Sinn für Humor. Und das hatte ich nicht gewußt, als ich mich mit ihm einließ; damals glaubte ich, ein Sinn für Humor wäre so etwas wie eine Nase oder ein Paar Ohren - daß er bei manchen Leuten besser funktionierte als bei anderen, aber bei jedermann vorhanden war.
    Er packte mich und legte mich übers Knie und verprügelte mich mit seinem Schuh. »Damit eins von vornherein klar ist: niemand außer mir wird je erfahren, welche Farbe deine Unterwäsche hat, Dolores«, sagte er. »Hast du verstanden? Niemand außer mir.«
    Ich bildete mir tatsächlich ein, das wäre so eine Art Liebesspiel, und daß er nur so täte, als wäre er eifersüchtig, um mir zu schmeicheln - so ein blödes Gänschen war ich damals. Es war Eifersucht, ganz eindeutig, aber Liebe war dabei nicht im Spiel. Es war mehr wie die Art, auf die ein Hund die Pfote auf seinen Knochen legt und knurrt, wenn man ihm zu nahe kommt. Damals wußte ich das noch nicht, also fand ich mich damit ab. Später fand ich mich damit ab, weil ich glaubte, wenn ein Mann seine Frau von Zeit zu Zeit schlug, dann wäre

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