Dolores
zusammen auf der High School waren das war während des Zweiten Weltkriegs -, und ich erinnere mich an seine Stirn, wie glatt sie aussah, ohne einen einzigen Pickel. Da waren ein paar auf seinen Wangen und am Kinn, und er hatte öfters Mitesser an der Nase, aber seine Stirn war glatt wie Sahne. Ich weiß noch, daß ich sie gern berührt hätte - daß ich davon träumte, sie zu berühren, um die Wahrheit zu gestehen; festzustellen, ob sie wirklich so glatt war, wie sie aussah. Und als er mich zum Abschlußball einlud, sagte ich ja, und ich bekam meine Gelegenheit, seine Stirn zu berühren. Sie war tatsächlich so glatt, wie sie aussah, und sein Haar ging in hübschen, schlanken Wellen von ihr aus. Ich strich ihm im Dunkeln übers Haar und die glatte Stirn, während die Band drinnen im Saal von Samoset Inn Moonlight Cocktail spielte. Wenigstens das fiel mir wieder ein, nachdem ich ein paar Stunden auf diesen morschen Stufen gesessen und gezittert hatte. Es war also schließlich doch etwas dagewesen, eine Kleinigkeit. Natürlich berührte ich wesentlich mehr als nur seine Stirn, bevor allzu viele Wochen ins Land gegangen waren, und das war mein Fehler.
Eines muß ich von vornherein klarstellen - ich versuche nicht zu behaupten, daß ich die besten Jahre meines Lebens mit diesem alten Säufer verbrachte, nur weil mir seine Stirn gefiel, als wir in der siebten Stunde im Lesesaal saßen und das Licht auf sie fiel. Weiß Gott nicht. Was ich zu sagen versuche, ist, daß das alles ist, woran ich mich heute in Sachen Liebe erinnern kann; und das tut weh. Dazusitzen auf den Stufen am East Hemd, nachzudenken über die alten Zeiten - das war verdammt harte Arbeit. Ich begriff zum ersten Mal, daß ich mich vielleicht zu billig verkauft hatte, und vielleicht tat ich es deshalb, weil ich glaubte, das Billige wäre das Beste, was meinesgleichen erwarten konnte. Ich wagte zum ersten Mal daran zu denken, daß ich es eigentlich verdient gehabt hätte, mehr geliebt zu werden, als Joe St. George irgendjemanden liebte (sich selbst vielleicht ausgenommen). Ihr werdet es vielleicht nicht glauben, daß so ein hartes altes Luder wie ich an die Liebe glaubt. Die Wahrheit ist, daß sie so ziemlich das einzige ist, woran ich glaube.
Damit, daß ich ihn dann heiratete, hat das wenig zu tun; das laßt euch sagen. Ich hatte ein sechs Wochen altes Baby im Bauch, als ich ihm sagte: Ja, und bis der Tod uns scheidet. Was blieb mir sonst schon übrig? Traurig, aber wahr. Was dann kam, hatte vermutlich all die dämlichen Gründe, die ihr ja kennt - und eines kann ich euch sagen: aus dämlichen Gründen entstehen dämliche Ehen.
Ich hatte es satt, mit meiner Mutter zu streiten.
Ich hatte es satt, von meinem Vater runtergeputzt zu werden.
All meine Freundinnen taten es. Es bedeutete, ein eigenes Heim zu haben; und ich wollte erwachsen sein wie sie, und nicht mehr ein dummes kleines Mädchen.
Er sagte, er wollte mich, und ich habe ihm geglaubt.
Er sagte, er liebte mich, und auch das habe ich ihm geglaubt - und nachdem er das gesagt und mich gefragt hatte, ob ich für ihn dasselbe empfände, schien die Höflichkeit zu verlangen, daß ich sagte, ich täte es.
Ich hatte Angst vor dem, was auf mich zukam, wenn ich es nicht tat - wo sollte ich hingehen, was sollte ich tun, wer würde auf mein Baby aufpassen, wenn ich arbeiten mußte?
All das dürfte sich ziemlich blöd anhören, wenn du es je aufschreiben solltest, Nancy, aber das Allerblödeste ist, daß ich ein gutes Dutzend Frauen kenne, die mit mir zur Schule gingen und aus denselben Gründen geheiratet haben; die meisten von ihnen sind nach wie vor verheiratet, und viele von ihnen halten einfach durch und hoffen, ihren Alten zu überleben, damit sie ihn begraben und dann die Bierfürze ein für allemal aus den Laken schütteln können.
So um 1952 herum hatte ich seine Stirn gründlich vergessen, und um 1956 hatte ich für den Rest von ihm auch nicht mehr viel Verwendung, und ich glaube, ungefähr um die Zeit, als Kennedy Ike ablöste, fing ich an, ihn zu hassen. Aber ich habe nie daran gedacht, ihn umzubringen, bis ich herausfand, welche Gemeinheit er begangen hatte - eine Gemeinheit, die sich praktisch vor meiner Nase abgespielt hatte. Bis dahin war meine Einstellung die gewesen, daß diejenigen, die in Eile heiraten, in Muße bereuen. Ich fand, ich müßte bei ihm bleiben, weil meine Kinder einen Vater brauchten, wenn schon aus keinem anderen Grund. Ist das nicht ein Witz? Aber es ist
Weitere Kostenlose Bücher