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Dolph Heyliger (German Edition)

Dolph Heyliger (German Edition)

Titel: Dolph Heyliger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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losgerissen hatte; und der heitere alte Jäger mit dem breiten Hut und Bocksschwanz hatte nach der Stelle geschossen, wo er die Büsche sich bewegen sah, indem er meinte, es sei ein wildes Thier. Er lachte herzlich über den Irrthum; man betrachtete die Sache als einen außerordentlich guten Spaß unter den Jägern; »aber auf mein Wort, lieber Bursche«, sagte er, »wenn ich nur einen Schimmer von Euch zu Gesicht bekommen hätte, so würdet Ihr dem Fels nachgestürzt sein. Anton van der Heyden ist dafür bekannt, daß er selten sein Ziel verfehlt.« Die letzteren Worte waren mit einem Male ein Faden für Dolphs Neugierde, und wenige Fragen ließen ihn vollkommen den Charakter des Mannes und der ganzen Gesellschaft von herumstreichenden Jägern durchschauen. Der Befehlshaber in dem breiten Hut und dem Jagdrock war kein anderer, als Herr Anton van der Heyden von Albany, von dem Dolph schon öfter gehört hatte. Er war in der That der Held mancher Geschichte; seine eigenthümlichen Launen und possierlichen Gewohnheiten waren Gegenstände der Bewunderung bei seinen holländischen Nachbarn. Da er ein vermögender Mann war, der von seinem Vater große Striche unbebauten Landes und ganze Fässer voll Wampum geerbt hatte, so konnte er seine Launen nach Gefallen befriedigen. Anstatt ruhig zu Hause zu bleiben, zur gewöhnlichen Tischzeit zu essen und zu trinken, seine Pfeife auf der Bank vor der Thüre zu schmauchen und sich dann zu Nacht in sein bequemes Bett zu legen, vergnügte er sich damit, sich allen Arten von rauhen und wilden Unternehmungen hinzugeben. Er war nicht glücklicher, als auf einer Jagdpartie in der Wildniß, schlief unter Bäumen oder einem mit Rinde gedeckten Schuppen, oder kreuzte auf dem Flusse oder auf Landseen, fischte oder fing Vögel, und lebte Gott weiß wie.
    Er war ein großer Freund der Indianer und ihrer Lebensweise, die er für die eigentlich natürliche, freie, männliche und genußreiche hielt. Wenn er zu Hause war, hatte er immer einige Indianer um sich, die um sein Haus herumschlenderten, oder wie Hunde im Sonnenschein schliefen, oder Jagd-und Fischgeräthe für einen neuen Ausflug zubereiteten; oder nach Scheiben mit Bogen und Pfeilen schossen.
    Ueber diese herumschweifenden Wesen hatte Herr Anton eine so vollkommene Herrschaft wie ein Jäger über seine Koppelhunde; obschon sie dem gewöhnlichen Volke der Nachbarschaft zu großem Nachtheil gereichten. Da er ein reicher Mann war, so wagte es Niemand, sich seinen Einfällen zu widersetzen, ja seine herzliche, muntere Weise machte ihn überall beliebt. Er trällerte ein holländisches Lied, wenn er über die Straße ging, grüßte Jedermann, wenn er noch eine Meile entfernt war, und wenn er in ein Haus trat, klopfte er die guten Leute freundlich auf die Schulter, schüttelte ihnen die Hand, daß sie laut schrieen, küßte ihre Weiber und Töchter vor ihren Augen, – kurz, Herr Anton kannte keinen Stolz und keine üble Laune.
    Außer seinen indianischen Anhängern hatte er drei oder vier arme Freunde unter den Weißen, die zu ihm als ihrem Beschützer aufsahen, an seine Küche angewiesen waren und die Gunst genossen, gelegentlich mit auf seine Ausflüge genommen zu werden. Mit einem Theil solcher Anhänger war er gegenwärtig auf einem Kreuzzug längs der Küsten des Hudson in einer Pinasse begriffen, die er sich selbst zu seiner Erholung hielt. Es waren zwei weiße Männer bei ihm, zum Theil in indianischer Weise mit Mocassins und Jagdhemden bekleidet; der Rest seines Häufleins bestand aus vier Lieblingsindianern. Sie waren ohne einen bestimmten Zweck an den Fluß nach Beute ausgezogen, bis sie in die Hochlande vorgedrungen waren, wo sie zwei bis drei Tage zugebracht und endlich das Wild erlegt hatten, das sich immer in diesen Gebirgen herumgetrieben hatte.
    »Es ist ein Glück für Euch, junger Mann«, sagte Anton van der Heyden, »daß Ihr gerade heute über Bord geworfen worden seid; morgen früh steuern wir heimwärts, und Ihr dürftet dann vergeblich nach einem Imbiß in den Gebirgen ausgeschaut haben – Aber kommt, Bursche, regt Euch! regt Euch! laßt sehen, was wir zum Abendessen bekommen; der Kessel hat lang genug gebrodelt; mein Magen ruft nach der Schüssel, und ich bin überzeugt, unser Gast ist nicht geneigt, mit dem, was man ihm vorsetzt, zu spaßen.«
    Es entstand nun ein Lärm in dem kleinen Lager. Einer nahm den Kessel herab und schüttete einen Theil des Inhalts in eine große hölzerne Schüssel; ein Anderer richtete

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