Dom Casmurro
ist die von Santo Antônio dos Pobres 25 . Halten Sie an, Herr Schaffner.»
Der Schaffner zog an der Kette, die zum Arm des Kutschers führte, der Pferdeomnibus hielt an, und der Mann stieg aus. José Dias überlegte zweimal scharf, fasste mich am Arm und zog mich mit sich hinaus. Wir würden ebenfalls das Allerheiligste begleiten. In der Tat rief die Glocke die Leute zum letzten Sakrament zusammen. In der Sakristei waren bereits einige Menschen versammelt. Ich befand mich zum ersten Mal in einer so ernsten Situation, doch ich gehorchte, anfangs beklommen, später zufrieden, weniger weil es ein Dienst der Nächstenliebe war, sondern weil ich das Amt eines Mannes bekleiden würde. Als der Küster die Umhänge zu verteilen begann, stürzte keuchend ein Herr herein; es war mein Nachbar Pádua, der ebenfalls das Allerheiligste begleiten wollte. Er wurde unserer ansichtig und begrüßte uns. José Dias machte eine verärgerte Handbewegung und antwortete nur schroff, während er zum Pfarrer blickte, der sich gerade die Hände wusch. Doch als Pádua leise mit dem Küster sprach, trat er hinzu. Ich tat es ihm gleich. Pádua bat den Küster, eine der Stangen des Baldachins tragen zu dürfen. José Dias verlangte ebenfalls eine für sich.
«Es gibt nur noch eine», sagte der Küster.
«Dann nehme ich die», sagte José Dias.
«Aber ich habe zuerst gefragt», wagte Pádua einzuwenden.
«Sie haben zuerst gefragt, sind aber später gekommen», erwiderte José Dias. «Ich war bereits hier. Nehmen Sie doch eine Kerze.»
Obwohl Pádua den anderen fürchtete, bestand er auf der Stange, alles mit leiser und gedämpfter Stimme. Der Küster fand einen Weg zur Schlichtung des Streits. Er konnte einen der anderen Baldachinträger dazu bewegen, seine Stange an Pádua abzutreten, der in der Gemeinde ebenso bekannt war wie José Dias. So geschah es. Doch auch diese Abmachung war nicht in José Dias’ Sinne. Nein, da nun eine weitere Stange zur Verfügung stand, beanspruchte er diese für mich, für «den jungen Seminaristen», dem diese Auszeichnung eher zustände. Pádua wurde so blass wie die Kerzen. Sein Vaterherz sollte auf die Probe gestellt werden. Der Küster, der mich kannte, weil er mich sonntags oft mit meiner Mutter in der Kirche gesehen hatte, fragte neugierig, ob ich wirklich Seminarist sei.
«Noch nicht, aber er wird es werden», antwortete José Dias und zwinkerte mir zu, doch trotz dieser Geste war ich verärgert.
«Na gut, dann trete ich sie an unseren Bentinho ab», seufzte Capitus Vater.
Ich hingegen wollte ihm die Stange überlassen, weil mir einfiel, dass es eine alte Gewohnheit von ihm war, das zu den Sterbenden gebrachte Allerheiligste zu begleiten und dabei eine Kerze zu tragen. Beim letzten Mal war ihm jedoch eine Baldachinstange zugeteilt worden. Der Baldachin bedeutete deshalb eine so große Ehre, weil er den Priester und das Allerheiligste überspannte. Für die Kerzen taugte ein jeder. Das hatte Pádua selbst mir voll Stolz und frommer Freude erzählt. Das erklärte auch die Eile, mit der er die Kirche betreten hatte, war es doch seine zweite Chance auf den Baldachin, um den er sich auch gleich bemüht hatte. Und nichts war es! Er musste zurück zur ordinären Kerze, eine weitere zeitweilige Tätigkeit, die ein Ende fand; der Amtsleiter kehrte auf seinen alten Posten zurüc k … Ich wollte ihm die Stange überlassen, doch unser Hausfreund verbot mir diese Geste der Großzügigkeit und bat den Küster, mir und ihm die beiden vorderen Stangen zuzuteilen, wenn die Prozession losginge.
Als die Umhänge übergezogen, die Kerzen verteilt und angezündet, Pfarrer und Tabernakel bereit waren, der Küster den Sprengwedel und die Glocke in Händen hielt, trat der Zug auf die Straße. Ich war gerührt von den auf die Knie fallenden Gläubigen, an denen ich, die Stange in der Hand, vorüberzog. Pádua knabberte verbittert an der Kerze herum. Dies ist natürlich eine Metapher, aber ich finde keinen lebendigeren Ausdruck für den Schmerz und die Demütigung meines Nachbarn. Im Übrigen konnte ich weder ihn noch den Hausfreund länger betrachten, der parallel zu mir einherschritt, den Kopf hoch erhoben, als wäre er selbst der Herr der Heerscharen. Bald schon ermüdete ich, und meine Arme wurden lahm. Glücklicherweise war das Haus nicht weit entfernt, es lag in der Rua do Senado.
Die Kranke war eine verwitwete, schwindsüchtige Frau. Sie hatte eine fünfzehn- oder sechzehnjährige Tochter, die weinend an der
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