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Dom Casmurro

Dom Casmurro

Titel: Dom Casmurro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquim Maria Machado de Assis
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mir die Handlung der Stücke erzählte oder gereimte Monologe rezitierte. Dann überbrachte er seine sämtlichen Nachrichten, bezahlte Rechnungen, nahm Wohnungsmieten entgegen und kaufte für sich ein Zwanzigstel-Los der Lotterie. Am Ende bezwang die steife Persönlichkeit wieder die quirlige, weshalb er erneut langsam und in Superlativen sprach. Ich erkannte nicht, dass dies ein natürlicher Vorgang war, und fürchtete, er habe den gefassten Entschluss wieder zurückgenommen. Daher gab ich mich besonders zuvorkommend und liebevoll, bis wir in den Pferdeomnibus stiegen.
    29
    Der Kaiser
    Auf dem Weg trafen wir auf den Kaiser 23 , der gerade von der Medizinischen Hochschule kam. Der Pferdeomnibus, in dem wir fuhren, hielt wie alle anderen Fahrzeuge an, die Passagiere stiegen aus und zogen den Hut, bis die kaiserliche Equipage vorübergefahren war. Als ich an meinen Platz zurückkehrte, kam mir die verrückte Idee, zum Kaiser zu gehen, ihm alles zu erzählen und ihn um seine Mithilfe zu bitten. Capitu wollte ich diese Idee nicht anvertrauen. Aber wenn Seine Majestät Mama bittet, gibt sie bestimmt nach, dachte ich mir.
    Im Geiste sah ich vor mir, wie der Kaiser mir zuhörte, kurz überlegte und schließlich einwilligte, mit meiner Mutter zu reden. Mit Tränen in den Augen küsste ich seine Hand. Dann malte ich mir aus, wie ich zu Hause wartete und schließlich das Geräusch der Vorreiter und Kavallerietrupps erklänge. Der Kaiser! Der Kaiser! Die Leute lehnten sich aus den Fenstern, um ihn vorbeifahren zu sehen, doch er fuhr nicht vorbei, die Kutsche hielt vor unserem Haus, der Kaiser stieg aus und trat ein.
    Großer Aufruhr in der Nachbarschaft: «Der Kaiser hat Dona Glórias Haus betreten! Was hat das zu bedeuten? Was macht er da?» Unsere Familie trat ihm entgegen, um ihn zu empfangen, und meine Mutter küsste ihm als Erste die Hand. Dann bat der Kaiser sie mit einem strahlenden Lächeln und ohne ins Wohnzimmer einzutreten – oder doch? Genau weiß ich das nicht mehr, die Träume sind oft so wirr –, keinen Priester aus mir zu machen, und sie versprach geschmeichelt und gehorsam, seine Bitte zu erfüllen.
    «Medizin, warum lassen Sie ihn nicht Medizin studieren?»
    «Wenn Seine Majestät dies wünsche n …»
    «Lassen Sie ihn Medizin studieren; das ist ein schöner Beruf, und wir haben hier gute Professoren. Waren Sie noch nie in unserer Medizinischen Hochschule? Das ist eine schöne Fakultät. Wir verfügen bereits über Ärzte ersten Ranges, die mit den Besten aus anderen Ländern mithalten können. Die Medizin ist eine große Wissenschaft; wie wichtig ist es doch, anderen Menschen Gesundheit zu bringen, Krankheiten kennenzulernen, sie zu bekämpfen und zu besiege n … Sie selbst haben doch gewiss auch schon Ihre Wunder erlebt. Ihr Mann ist gestorben, aber seine Krankheit war unheilbar, und er hat nicht auf sich geachte t … Das ist ein schöner Beruf; schicken Sie ihn an unsere Hochschule. Tun Sie es mir zuliebe, ja? Willst du, Bentinho?»
    «Wenn Mama es will.»
    «Ich will es, mein Kind. Seine Majestät gebietet.»
    Da reichte der Kaiser ihr erneut die Hand zum Kuss und trat, von uns allen begleitet, auf die menschenerfüllte Straße hinaus. Auch an den Fenstern hingen die Menschen, und es herrschte eine erstaunliche Stille. Der Kaiser stieg in die Equipage, verbeugte sich zum Abschied und wiederholte noch einmal: «Die Medizin, unsere Hochschule.» Und die Kutsche fuhr ab, umgeben von Neid und Dankbarkeit.
    All das sah und hörte ich. Nein, Ariostos’ 24 Fantasie war nicht blühender als die der Kinder und Verliebten, und selbst für eine Vision des Unmöglichen bedarf es nur eines Eckchens im Pferdeomnibus. Ich tröstete mich für kurze Zeit, genauer gesagt, für ein paar Minuten, bis ich diesen Plan verwarf und mich wieder den traumlosen Gesichtern meiner Mitreisenden zuwandte.
    30
    Das Allerheiligste
    Du hast bestimmt verstanden, lieber Leser, dass dieser Verweis des Kaisers auf die Medizin nur meiner mangelnden Lust, Rio de Janeiro zu verlassen, zuzuschreiben war. Wachträume sind wie andere Träume, sie speisen sich aus den Bildern unserer Sehnsüchte und Erinnerungen. São Paulo würde ja noch angehen, aber Europ a … Es war so weit weg, und so viel Meer und Zeit trennte es von Brasilien. Es lebe die Medizin! Von diesen Hoffnungen wollte ich Capitu berichten.
    «Es scheint, dass das Allerheiligste herausgetragen wird», sagte jemand in dem Pferdeomnibus. «Ich höre eine Glocke, ja, ich glaube, es

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