Dom Casmurro
aufgewühlt und erschreckt, doch auch eine rettende Tür geöffnet. Ja, das ist es, dachte ich, ich sage Mama, dass ich keine Berufung verspüre, und gestehe ihr unsere Liebe. Falls sie es nicht glaubt, erzähle ich ihr, was in letzter Zeit alles passiert ist, das mit dem Frisieren und das ander e …
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Die heimliche Unterredung
Das andere veranlasste mich, noch ein wenig im Korridor zu bleiben und nachzudenken. Ich beobachtete, wie Doktor João da Costa eintraf und gleich darauf die Lomber-Kartenrunde vorbereitet wurde. Meine Mutter verließ das Wohnzimmer, und als sie mich erblickte, fragte sie, ob ich Capitu nach Hause gebracht hätte.
«Nein, sie ist alleine gegangen.»
Und dann überfiel ich sie fast: «Mama, ich wollte Ihnen etwas sagen.»
«Was denn?»
Zutiefst erschrocken wollte sie wissen, was mir wehtäte, ob es der Kopf sei, die Brust oder der Bauch, und schließlich fasste sie an meine Stirn, um zu fühlen, ob ich Fieber hätte.
«Ich habe nichts, Mutter, nein.»
«Aber was ist es dann?»
«Es ist etwas, Mam a … Aber vielleicht reden wir besser nach dem Tee darüber, dan n … Es ist wirklich nichts Schlimmes, Sie erschrecken immer sofort, Mama, aber es ist nichts von Bedeutung.»
«Ist es keine Krankheit?»
«Nein, Mutter.»
«Doch, du bist wieder erkältet und sagst es nur nicht, weil du kein Schwitzbad nehmen willst, aber du bist erkältet, das höre ich an deiner Stimme.»
Ich versuchte zu lachen, um ihr zu zeigen, dass ich nichts hatte. Dennoch ließ sie nicht zu, dass wir mein Geständnis verschoben, vielmehr nahm sie mich an der Hand und führte mich in ihr Schlafzimmer. Dort zündete sie eine Kerze an und befahl mir, ihr alles zu sagen. Also fragte ich sie, um irgendwie anzufangen, wann ich ins Seminar gehen würde.
«Nächstes Jahr, nach den großen Ferien.»
«Un d … muss ich dort bleiben?»
«Was meinst du damit?»
«Komme ich nicht wieder nach Hause?»
«Du kommst samstags und in den Ferien nach Hause. Das ist besser so. Und wenn du die Priesterweihe erhalten hast, wohnst du wieder bei mir.»
Ich trocknete meine Augen und putzte mir die Nase. Sie liebkoste mich, und dann wollte sie mich tadeln, aber mir schien, dass ihre Stimme zitterte und ihre Augen feucht wurden. Ich sagte ihr, dass mich die Trennung ebenfalls traurig mache. Sie erwiderte, es sei doch gar keine Trennung, sondern lediglich eine Abwesenheit zu Studienzwecken. Nur die ersten Tage wären schwierig, danach würde ich mich schnell an die Kameraden und die Lehrer gewöhnen, und am Ende würde es mir gefallen, mit ihnen zusammenzuleben.
«Mir gefällt es nur bei Ihnen, Mama.»
In diesen Worten lag keine Berechnung, aber es behagte mir, sie auszusprechen und Mama glauben zu machen, dass sie meine einzige Liebe sei; auf diese Weise wendete ich jeden Verdacht von Capitu ab. Wie viele böse Absichten mag es wohl geben, die auf halbem Wege in einen unschuldigen, reinen Satz münden! Man könnte fast meinen, die Lüge sei oftmals so unfreiwillig wie das Schwitzen. Andererseits, lieber Leser, sei bemerkt, dass ich den Verdacht genau zu dem Zeitpunkt von Capitu abzulenken suchte, als ich zu meiner Mutter gegangen war, um ihn ihr zu bestätigen. Aber Widersprüche gehören zu unserem Leben. Wahr ist jedenfalls, dass meine Mutter rein war wie die Morgenröte vor dem ersten Sündenfall; nicht einmal intuitiv wäre sie in der Lage gewesen, das eine aus dem anderen zu folgern, sprich, sie hätte niemals aus meinem plötzlichen Widerstand geschlossen, dass ich Geheimnisse mit Capitu hätte, wie José Dias sich ausgedrückt hatte. Sie schwieg einen Augenblick und antwortete dann ohne jede Strenge oder Autorität, was mich ermutigte, meine Bedenken zu äußern. Ich kam also auf die Berufung zu sprechen, über die am Nachmittag diskutiert worden war, und gestand ihr, dass ich sie nicht verspürte.
«Aber du wolltest doch so gern Priester werden», sagte sie. «Weißt du nicht mehr, wie du gebettelt hast, damit du die Seminaristen von São José in ihren Soutanen herauskommen sehen durftest? Und zu Hause hast du immer so herzhaft gelacht, wenn José Dias dich Hochwürden nannte. Und das soll jetzt vorbei sein ? … Das glaube ich nicht, Bentinho, nei n … Und was heißt schon Berufung! Die Berufung kommt doch mit der Gewohnheit», fuhr sie fort, die Betrachtungsweise meines Lateinlehrers wiederholend.
Als ich versuchte, ihr zu widersprechen, tadelte sie mich sanft, doch mit einem gewissen Nachdruck, und ich wurde wieder
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