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Dom Casmurro

Dom Casmurro

Titel: Dom Casmurro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquim Maria Machado de Assis
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Abschied denken.
    51
    Zwischen Licht und Dunkel
    Zwischen Licht und Dunkel; alles wird kurz sein wie dieser Augenblick. Auch unser Abschied dauerte nicht lang, und doch währte er so lange, wie es uns möglich war. Er erfolgte bei Capitu zu Hause im Wohnzimmer, ehe die Kerzen angezündet wurden; dort verabschiedeten wir uns endgültig. Wir schworen erneut, dass wir einander heiraten würden, und unser Vertrag wurde nicht nur mit einem Händedruck besiegelt wie damals im Hof, sondern auch mit der Vereinigung unserer verliebten Lippe n … Wahrscheinlich streiche ich das in der Druckfassung wieder, es sei denn, ich überlege es mir bis dahin anders. Dann bleibt es stehen. Und vorerst auch, denn im Grunde dient es nur unserem Schutz. Das göttliche Gebot verlangt nämlich, dass wir nicht grundlos beim heiligen Namen Gottes schwören. Ich trug einen mit dem himmlischen Notariat geschlossenen Vertrag in der Tasche, weshalb ich das Seminar auch nicht belügen würde. Und was die Besiegelung betraf, so hatte Gott schließlich reine Hände geschaffen, warum also nicht auch reine Lippen? Das Schmutzige sitzt eher in deinem verdorbenen Kopf, lieber Leser, als in dem dieses jugendlichen Pärchen s … O süße Gefährtin meiner Kindheit, ich war so rein, und rein bin ich geblieben, rein betrat ich die Unterrichtssäle von São José, in der scheinbaren Absicht, die Priesterlaufbahn einzuschlagen und vorher meine Berufung zu finden. Aber meine Berufung warst du, meine Laufbahn warst du.
    52
    Der alte Pádua
    An dieser Stelle will ich auch gleich von dem Abschied vom alten Pádua berichten. Er kam in aller Frühe zu uns herüber. Meine Mutter schickte ihn auf mein Zimmer.
    «Darf ich?», fragte er und streckte den Kopf zur Tür herein. Ich gab ihm die Hand, und er umarmte mich herzlich.
    «Werden Sie glücklich!», sagte er. «Meine Familie und ich werden Sie sehr vermissen. Wir schätzen Sie alle sehr, so, wie Sie es verdienen. Sollte irgendjemand etwas Gegenteiliges behaupten, glauben Sie es nicht. Das sind Intrigen. Auch ich wurde, als ich heiratete, Opfer von Intrigen, aber die sind inzwischen ausgeräumt. Gott ist groß und deckt die Wahrheit auf. Sollten Sie je Ihre Mutter und Ihren Onkel verlieren – was ich bei dem Licht, das mich erleuchtet, niemals wünsche, weil es gute Menschen sind, ausgezeichnete Menschen, denen ich sehr dankbar bin für die erwiesenen Gefälligkeite n … Nein, ich bin nicht wie andere, wie diese Parasiten, die von außen kommen und Zwietracht in Familien säen, diese billigen Schmeichler. Nein, ich bin aus anderem Holz geschnitzt, ich schmarotze nicht ständig an fremden Tischen und wohne auch nicht im Haus andere r … Aber trotzdem sind das die Glücklicheren!»
    Warum redet er wohl so?, fragte ich mich. Offensichtlich weiß er, dass José Dias schlecht über ihn spricht.
    «Aber wie gesagt, falls Sie je Ihre Familie verlieren sollten, können Sie immer auf uns zählen. Wir sind zwar nicht bedeutend genug, aber unsere Zuneigung ist unermesslich, glauben Sie mir. Und auch wenn Sie Priester werden, wird Ihnen unser Haus stets offenstehen. Ich wünsche mir nur, dass Sie mich nicht vergessen; vergessen Sie den alten Pádua nich t …»
    Er seufzte und wiederholte: «Vergessen Sie Ihren alten Pádua nicht, und vielleicht haben Sie ja irgendetwas Kleines, das Sie mir zum Andenken geben könnten, ein Lateinheft, einen Knopf von Ihrer Weste, irgendetwas, das Sie nicht mehr brauchen. Was zählt, ist die Erinnerung.»
    Da kam mir eine Idee. Ich hatte am Vortag eine Locke meiner schönen langen Haare abgeschnitten und in ein Stück Papier gewickelt. Eigentlich hatte ich sie Capitu zum Abschied schenken wollen, doch nun kam ich auf die Idee, sie dem Vater zu geben, denn die Tochter würde sie bestimmt an sich nehmen und verwahren. Ich nahm das Päckchen und überreichte es ihm.
    «Hier, nehmen Sie das.»
    «Eine Haarlocke!», rief Pádua aus, als er das Päckchen untersucht hatte. «Vielen Dank! Vielen Dank auch im Namen meiner Familie! Ich werde sie meiner Frau übergeben, damit sie sie aufbewahrt, oder der Kleinen, die ist ordentlicher als die Mutter. Wie hübsch sie ist! Wie kann man nur so etwas Schönes abschneiden? Lassen Sie sich umarmen! Noch einmal! Und noch einmal! Auf Wiedersehen!»
    In seinen Augen standen echte Tränen, und sein Gesicht war das eines Verlierers, der all seine Ersparnisse auf ein einziges Lotterielos gesetzt und mit seiner Nummer gerade eine Niete gezogen hatte – dabei war es

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