Dom Casmurro
antwortete: «Sagen Sie, Hochwürden.»
«Versprichst du mir etwas?»
«Was denn?»
«Sag, dass du es versprichst.»
«Solange ich nicht weiß, was es ist, verspreche ich nichts.»
«Eigentlich sind es sogar zwei Dinge», fuhr ich fort, weil mir eine andere Idee gekommen war.
«Zwei? Sag, was es ist.»
«Das Erste ist, dass du nur bei mir beichtest, damit ich dir Buße auferlegen und dich freisprechen kann. Das Zweite ist, das s …»
«Die erste Sache ist schon versprochen», sagte sie, und als sie mich zögern sah, fügte sie hinzu, dass sie auf die zweite warte.
Dies auszusprechen, fiel mir schwer, und hätte ich meine Worte doch im Mund behalten! So hätte ich nicht hören müssen, was ich hörte, und müsste auch hier nicht etwas niederschreiben, das ihr womöglich nicht glaubt.
«Das Zweit e … ja , … das is t … Versprichst du mir, dass ich der Pfarrer sein werde, der dich traut?»
«Der mich traut?», fragte sie mit einer leisen Ergriffenheit in der Stimme.
Gleich darauf verzog sie jedoch den Mund und schüttelte den Kopf. «Nein, Bentinho», sagte sie, «da müsste ich zu lange warten; so schnell wirst du kein Priester, das dauert viele Jahr e … Aber sieh mal, ich verspreche dir etwas anderes, ich verspreche dir, dass du mein erstes Kind taufen darfst.»
45
Schüttle den Kopf, lieber Leser
Schüttle den Kopf, lieber Leser, und zeige auf alle Arten deine Ungläubigkeit. Wirf gar dieses Buch fort, falls dich die Langeweile nicht schon vorher dazu veranlasst hat; alles ist erlaubt. Wenn du dies aber jetzt erst tust, vertraue ich darauf, dass du das Buch bald wieder zur Hand nimmst und auf derselben Seite aufschlägst. Du wirst deshalb dem Autor nicht mehr Glauben schenken, aber es gibt nichts, das wahrer wäre. Genau das hat Capitu gesagt, mit diesen Worten und auf diese Art. Sie sprach von ihrem ersten Kind, als spräche sie von ihrer ersten Puppe.
Mein Entsetzen war entsprechend groß, doch es mischte sich auch mit einem seltsamen Gefühl. Ein Schauder erfasste meinen Körper. Diese Androhung des ersten Kindes, Capitus ersten Kindes, der Eheschließung mit einem anderen, also der absoluten Trennung, des Verlusts, der Vernichtung, dies alles überwältigte mich derart, dass ich weder Worte noch Gesten fand; ich war wie vom Donner gerührt. Capitu lächelte, und ich sah ihr erstes Kind vor mir auf dem Boden spielen.
46
Der Frieden
Genauso schnell, wie der Krieg begonnen hatte, schlossen wir wieder Frieden. Wollte ich mich mit diesem Buch rühmen, würde ich jetzt behaupten, die Verhandlungen seien von mir ausgegangen. Aber nein, Capitu war es, die sie begann. Da ich gesenkten Hauptes dasaß, ließ sie kurze Zeit später ebenfalls den Kopf hängen, doch ihre Augen waren auf die meinen gerichtet. Ich ließ mich bitten. Schließlich wollte ich aufstehen und weggehen, aber weder stand ich auf, noch weiß ich, ob ich wirklich gegangen wäre. Capitu sah mich so zärtlich an, und durch ihre Haltung wirkte ihr Blick derart flehentlich, dass ich blieb und meinen Arm um ihre Taille legte, während sie meine Fingerspitzen umfasste un d …
Ein weiteres Mal erschien Dona Fortunata an der Tür; ich weiß nicht warum, zumal ich nicht einmal die Zeit fand, meinen Arm wegzunehmen. Sie verschwand sofort wieder. Vielleicht wollte sie einfach nur ihr Gewissen beruhigen, mit einem formalen Akt ähnlich einem hastigen Gebet ohne echte Frömmigkeit; oder sie wollte mit eigenen Augen bestätigt sehen, was ihr Herz ihr längst sagt e …
Was auch immer es war, mein Arm umschlang weiterhin die Taille ihrer Tochter, und auf diese Weise schlossen wir Frieden. Das Schöne war, dass jeder von uns nun die Schuld auf sich nahm, und so baten wir uns gegenseitig um Verzeihung. Capitu erklärte ihr Verhalten mit der Schlaflosigkeit, dem Kopfschmerz, der Niedergeschlagenheit und schließlich auch ihrer «Launenhaftigkeit». Ich, der ich mich damals noch leicht zu Tränen rühren ließ, fühlte meine Augen feucht werde n … Vor lauter Liebe, vor Mitgefühl für die Leiden meiner kleinen Freundin, vor Freude über diese zärtliche Versöhnung.
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«Die Hausherrin ist ausgegangen»
«Na schön, dann sind wir wieder gut», sagte ich schließlich. «Aber erkläre mir, warum du gefragt hast, ob ich Angst hätte, geschlagen zu werden?»
«Das hatte schon seinen Grund», antwortete Capitu nach einem gewissen Zöger n … «Aber warum jetzt wieder daran rühren?»
«Sag es, bitte. War es wegen des Seminars?»
«Ja. Ich
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