Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Domain

Domain

Titel: Domain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
Vom Netzwerk:
die zwei Jahre dann nicht abgedient.«
    Er vermied es, Kate anzusehen. Als eine Mücke sich auf seinen Hals setzte, vertrieb er sie mit einem Schlag.
    »Das Gehalt und die Arbeitsbedingungen waren prima«, fuhr Culver fort. »Ein großzügiger Arbeitgeber. Es war nicht einmal besonders gefährlich. Wir flogen selten bei schlechtem Wetter.
    An dem Tag, als mein Hubschrauber abstürzte, war blauer Himmel und ruhige See. Wäre es anders gewesen, würde ich nicht mehr leben.«
    Er versank in zögerndes Schweigen. Sie tastete nach seiner Hand.
    »Ich war mit einer vollbesetzten Maschine gestartet«, fuhr er fort. »Sechsundzwanzig Passagiere. Ingenieure, Arbeiter, ein Ärzteteam, darunter waren auch Frauen. Alle waren bester Laune, das hatte mit dem prächtigen Wetter zu tun. Die Sonne strahlte, das Meer war wie ein Spiegel. Die Bohrinsel kam in Sicht. Ich flog dran vorbei, wie vorgeschrieben. Nach fünf Meilen drehte ich wieder um. Landeanflug mit Rückenwind, alles ganz nach Vorschrift. Plötzlich stieg dichter Nebel auf, wie aus dem Nichts. Ich drückte den Hubschrauber nach unten.
    Ich wusste, dass wir nur noch wenige Minuten bis zur Bohrinsel hatten. Ich hatte nicht daran gedacht, dass der Nebel sich mit dem Wind bewegte. Ich war in der Waschküche und kam nicht heraus. Ich hätte in diesem Augenblick auf Instrumentenflug umschalten müssen, aber ich verließ mich auf meine Instinkte.
    Ich dachte, das einzige, worauf du achten musst, ist die Höhe.
    Hauptsache, du hältst die Höhe. Ich habe mich überschätzt. Es ist nicht selten, dass einem Piloten so etwas passiert, es gibt sogar einen Fachausdruck dafür. Das Syndrom heißt ›Pilot desorientation‹. Man vertraut den eigenen Sinnen mehr als den Instrumenten. Das Besondere in meinem Fall war, dass achtzehn Menschen wegen meines Leichtsinns sterben mussten.«
    »Steve, du hast selbst gesagt, dass es sich um eine Ausfallerscheinung handelt. Du hast diese Menschen nicht umgebracht, es war ein Unfall.«
    »Jeder Pilot, der den Absturz seiner Maschine überlebt, während seine Passagiere zu Tode kommen, trägt den Rest seines Lebens an der Schuld. Auch wenn es keine Gerichtsverhandlung gibt. Auch wenn niemand mit dem Finger auf ihn zeigt.«
    Sie sah ein, dass es keinen Sinn hatte, diesen Punkt zu vertiefen. »Erzähl weiter«, sagte sie, und dieses Mal zögerte er nicht, die Schilderung fortzusetzen.
    »Der Hubschrauber prallte auf den Wogen auf. Die Erschütterung war so heftig, dass der Boden herausgerissen wurde. Als beim zweiten Aufprall eine der beiden Schwimmkufen abbrach, neigte sich die ganze Kabine vornüber. Wir sanken. Alles war so schnell gegangen, dass ich keine klare Erinnerung daran bewahrt habe. Ich fand mich im eiskalten Wasser wieder. Ich war benommen, weil ich beim Absturz gegen eine der Verstrebungen in der Kanzel geschleudert worden war. Ich weiß noch, wie ich zwischen den Trümmern herumschwamm und auf die Umrisse des Helikopters starrte, die sich unter mir in der Tiefe der See abzeichneten und von Sekunde zu Sekunde zusammenschrumpften. Es war ein furchtbarer Anblick, ein richtiger Alptraum. Ich versuchte mich von meiner Schwimmweste zu befreien. Ich wollte tauchen und die Passagiere retten, auch wenn ich dabei ertrunken wäre.
    Plötzlich spürte ich, wie ich von starken Armen ergriffen wurde. Es war mein Co-Pilot, der den Absturz ebenfalls überlebt hatte. Er verhinderte, dass ich mir die Schwimmweste abstreifte. Wenig später tauchte ein Passagier aus den ölbedeckten Fluten auf. Die beiden hielten mich umklammert, so dass ich meinen Vorsatz, mich für die anderen Passagiere zu opfern, nicht mehr verwirklichen konnte. Ich verfluche sie heute noch dafür.«
    Er drückte Kates Hand an seine Schläfen, bevor er die Schilderung des Absturzes mit leiser Stimme fortsetzte. »Es gab nur acht Überlebende, meinen Co-Piloten und mich inbegriffen. Wir hatten Glück im Unglück. Von einer anderen Bohrinsel war gerade ein Hubschrauber gestartet, denn als der Funkkontakt zu uns abbrach und unsere Maschine vom Radarschirm verschwand, dirigierte die Bodenstation den Kollegen zu uns. Inzwischen war die Nebelbank abgetrieben, so dass wir von oben gut auszumachen waren. Wir wurden mit der Winde nach oben geholt. Ein paar Minuten länger im kalten Wasser, und wir wären an Unterkühlung gestorben.«
    Ein Seufzer der Erleichterung kam über seine Lippen. Kate spürte, wie froh er war, dass er sich diese Dinge von der Seele geredet hatte. »Das Wrack des

Weitere Kostenlose Bücher