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Domain

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Titel: Domain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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den Hinweis auf mögliche Verstrickungen anderer Großmächte hatte er den Boden für die abenteuerlichsten Verdächtigungen und noch mehr Zwist gelegt.
    Dealey versuchte die Scharte wieder auszuwetzen. »Es kommt jetzt nicht darauf an, wer die erste Atomrakete abgefeuert hat. Der entscheidende Punkt ist, dass niemand im Westen, auch die britische Regierung nicht, sich darüber im klaren war, wie sehr sich die ganze Situation zugespitzt hatte.
    Unsere Regierung hat zwar gewisse Maßnahmen für den Kriegsfall getroffen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich zum großen Knall kommen würde, galt bis heute Mittag als gering.«
    »Wenn unsere Regierung sich auf einen Atomkrieg vorbereitete, warum wurden die Bürger nicht über die Risiken aufgeklärt?« fragte Culver. Er empfand kalte Wut auf Dealey und wusste zugleich, dass er diesen Mann nicht persönlich für die Unterlassungen der Regierung verantwortlich machen konnte.
    »Wir hätten durch einen frühzeitigen Alarm nur eine allgemeine Panik bewirkt«, fing Dealey den Vorwurf ab.
    »Außerdem wussten wir bis zuletzt nichts Genaues. Alle Erfahrungen sprachen gegen eine Vorwarnung auf breiter Ebene. In der Vergangenheit wurde schon oft falscher Alarm gegeben, und nicht selten haben wir damit erst das Risiko eines Krieges heraufbeschworen.« Zwischenrufe und Gemurmel.
    Dealey legte die Hände flach auf den Tisch. Er wartete, bis wieder Stille einkehrte. »Es geht jetzt nicht um die Klärung der Schuldfrage, sondern um unsere Existenz. Wir haben den Atomangriff überlebt und müssen uns der Zukunft stellen.«
    Einige Zuhörer nickten Zustimmung.
    Dealey lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Unser Civil Defense Officer wird Ihnen jetzt erläutern, wie die nächsten Wochen verlaufen werden.«
    Alistair Bryce erhob sich. Er war von kleiner Statur. Die Gesichtsfarbe wirkte kränklich. Hamsterbacken, die wie abgestorbene Fleischlappen den nervös zuckenden Mund einrahmten. Im Gegensatz zu diesem unvorteilhaften Eindruck strahlten seine Augen eine Energie aus, die man dem untersetzten Mann mit der Halbglatze nicht zugetraut hätte.
    »Bevor ich auf die Probleme der Zukunft zu sprechen komme, will ich Ihnen eine Schilderung geben, wie es oben, in den Straßen unserer Hauptstadt, aussieht. Wir müssen annehmen, das schon in den ersten Sekunden des Atomangriffs zwischen sechzehn und dreißig Prozent der Menschen, die in London und Umgebung wohnten, ums Leben gekommen sind.
    Weitere dreißig bis sechsunddreißig Prozent haben Verletzungen durch die Druckwelle erlitten. Viele Menschen wurden in ihren Häusern verschüttet oder durch
    herumfliegende Glassplitter verstümmelt. Die Liste der wahrscheinlichen Verletzungen ist endlos, in den meisten Fällen wird es sich um Verbrennungen, Knochenbrüche und tiefe Fleischwunden handeln. Fast alle Überlebenden haben außerdem einen schweren Schock erlitten. Ich schätze, dass es Hunderttausende gibt, die durch den Atomblitz vorübergehend oder für immer erblindet sind.«
    Er unterbrach seinen Vortrag, um die Wirkung seiner Worte auf die Zuhörer zu beobachten. Dann fuhr er fort. »Durch die Explosivwirkung der Atombomben wurden drei Viertel von London und Umgebung in Schutt und Asche gelegt. Die meisten Hochhäuser und Brücken sind zerstört, die Straßen durch Häuserschutt, umgestürzte Masten und ausgebrannte Fahrzeuge blockiert. Ein Drittel der Häuser in der Innenstadt sind dem Erdboden gleichgemacht worden, weitere vierzig Prozent sind schwer beschädigt.«
    Bryce sah aus, als wäre alles Blut aus seinem Gesicht gewichen. Seine Backen erinnerten Culver an leere, faltige Geldbörsen. Der Mann schien hinter den schockierenden Fakten, die er vor seinen Zuhörern ausbreitete, Zuflucht zu suchen. Er sprach, als ob es sich um eine bloße Statistik, um Zahlen in einem Planspiel handelte. »Durch die Hitzewelle sind die meisten Gebäude, die dem Explosionsdruck standgehalten haben, in Brand gesetzt worden. Es gibt keine Feuerwehr mehr, die löschen könnte. Zu diesem Zeitpunkt steht der größte Teil der Stadt über uns in Flammen.«
    Einige Zuhörer weinten, andere starrten ins Leere.
    Verzweiflung befiel die Menschen im Bunker. Kate war mit dem Kopf auf die Tischplatte gesunken. Culver legte ihr den Arm um die Schulter. Dieses Mädchen hatte mehr gelitten als alle anderen.
    »Ich komme nun auf die radioaktive Strahlung zu sprechen, die bei dem Atomangriff auf London freigesetzt wurde«, sagte Bryce. »Den meisten Bewohnern der

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