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Domain

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Titel: Domain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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mit einem Seufzer der Erleichterung. Er kehrte zum Mittelsteg zurück und streckte beide Arme aus, um die Abwärtsbewegung des leblosen Körpers aufzuhalten.
    »Lassen Sie das«, sagte Culver ruhig.
    Der Techniker war einen Schritt zurückgewichen. Als der Leichnam an ihnen vorbeiglitt, verstand er, warum Culver ihn gewarnt hatte. Der Tote hatte keinen Kopf mehr.
    Fassungslos sahen die Männer, wie die Leiche in der Finsternis am Fuße der Treppe eintauchte.
    »Wie ist eine solche Verstümmelung zu erklären?« flüsterte Fairbank.
    »Die Ratten«, antwortete Culver. Er ließ den Kegel seiner Stablampe in einer langsamen Kreisbewegung über die blutige Szenerie der Treppe wandern. »Gehen wir nach oben«, fügte er hinzu. »Die Lücke ist jetzt so groß, dass wir durchkommen.« Er ergriff den Handlauf und schritt über zwei Leichen hinweg.
    »Warten Sie«, sagte Bryce. »Vielleicht sind die Ratten da oben. Es gibt einen Grund, wenn sich ein lebloser Körper in Bewegung setzt.«
    Culver ließ sich nicht aufhalten. »Ich vermute, dass der Tote weiter oben auf dem Mittelgang lag«, rief er über die Schulter.
    »Durch die Erschütterung, die wir mit unseren Schritten verursacht haben, ist er ins Rutschen geraten.«
    Die drei Männer sahen sich an, dann setzten auch sie den Aufstieg fort. McEwen hielt seine 38er in der Hand.
    Sie mussten noch zwei Leichenberge wegräumen, ehe sie das obere Ende der Treppe erreichten. Dann betraten sie die kreisförmige Schalterhalle.
    Was sie erblickten, verschlug ihnen den Atem. Die Schalterhalle war eine gigantische Gruft. Ein Schlachthaus.
    Es gab zwei Eingänge, durch die das graue Tageslicht einfiel.
    Culver schien es, als seien die Toten aus Stein gehauen. Eine gespenstische Stille umfing die Männer, die sich der grauenvollen Todeslandschaft gegenübersahen.
    Die Opfer hatten offensichtlich in der U-Bahnstation vor dem tödlichen Staub Schutz gesucht, der nach der Explosion auf die Stadt niederging. Culver kamen die Menschen ins Gedächtnis, die in panischer Flucht aus dem Tunnel gekommen waren. Sie waren von Ratten angefallen worden, sie kannten die Gefahr.
    Hatten sie darauf vertraut, dass die Bestien nicht in die Schalterhalle vordringen würden? Wenn es so war, dann hatten sich die Ärmsten grausam getäuscht. Das Blut der Verwundeten hatte die Ratten unwiderstehlich angezogen, so dass sie ihre Furcht vor der Menschenmenge, die sich in dem schwachbeleuchteten Rund drängte, überwanden.
    Culver starrte auf die Türen der Diensträume. In einen dieser Räume waren er und Dealey eingedrungen, um sich eine Taschenlampe zu holen. Damals waren die Türen alle geschlossen gewesen, jetzt standen sie sperrangelweit offen.
    Was wohl aus dem Stationsvorsteher geworden war? Culver richtete seine Lampe auf die entsprechende Tür. Sie war aus den Angeln gerissen worden.
    Fairbank war zu einem der Schalter unterwegs. Als er sich der Toten näherte, flog ein Schwarm Schmeißfliegen auf. Er empfand einen unaussprechlichen Hass auf die winzigen Parasiten, die sich am Fleisch der unschuldigen Opfer gütlich taten. Fairbank hasste sie ebenso sehr wie die Ratten, die diesen hilflosen Menschen den Tod gebracht hatten, und fast so sehr wie die Menschen, die auf den Knopf gedrückt und die ganze Katastrophe ausgelöst hatten.
    Er überquerte die Schwelle. Tote, nichts als Tote. Die Menschen waren in die mit Drahtglas gesicherten Diensträume des U-Bahnpersonals geflüchtet, wo sie sich vor den Riesenratten sicher glaubten. Aber die angreifenden Tiere hatten Fenster und Türen eingedrückt und sich den Weg zur Beute erzwungen.
    Er rümpfte die Nase, als der Gestank des verwesten Fleisches zu ihm aufstieg. Sekunden später wurde ihm ein Anblick zuteil, der ihm beinahe das Herz stillstehen ließ.
    »Culver! Um Gottes willen, kommen Sie schnell!«
    Die drei Männer kamen herbeigerannt. Sie richteten ihre Stablampen auf das Gebilde, das Fairbank einen so großen Schrecken eingejagt hatte.
    Die Ratte hatte ein schwarzes Fell und war ungefähr sechzig Zentimeter lang. Culver schätzte den schuppenbesetzten, leicht gekrümmten Schwanz des Tieres auf weitere fünfzig Zentimeter. Das Fell war ohne Glanz, überzogen vom schiefergrauen Schatten der Totenstarre. Das Tier stand auf den Hinterbeinen, als wollte es zum Sprung ansetzen, festgefroren in einer Bewegung aus Gier und Mordlust. Die bösartigen, gelben Augen schienen in die Unendlichkeit zu schauen. Die Männer erschauderten. Der verdrehte Hals des

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