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Gott, sechs! Hätte er nach oben geblickt, so hätte er Dutzende von Mutanten entdeckt. Sie krochen über die Kabelstränge, erklommen die Maschinen. Fairbank rannte los.
Sekunden später war er bis zur Brust im Wasser. Er begann mit aller Kraft zu rudern und hielt auf Culver und das Mädchen zu.
Kate hatte die Steigleiter erreicht, die zu dem Metallsteg hochführte. Culver versetzte ihr einen Stoß, bedeutete ihr, hinaufzuklettern. Er drehte sich um. Wo war Fairbank? Er hielt den Atem an, als er den Techniker entdeckte. Eine Horde von Ratten schwamm hinter dem Ahnungslosen, der nur noch wenige Meter von der rettenden Leiter entfernt war.
»Schneller!« schrie Culver ihm zu.
Etwas in seinem Blick musste Fairbank den Grund für die Warnung verraten haben, denn er machte den Fehler, hinter sich zu blicken. Das Entsetzen lähmte ihn, er verlor den Halt unter den Füßen.
Eine Flutwelle, die in dieser Sekunde aus der Gegenrichtung kam, rettete ihn.
Culver ahnte, was die Flutwelle ausgelöst hatte. Jemand hatte versucht, durch den Notausgang in den U-Bahntunnel zu flüchten. Da der Wasserstand draußen höher war als drinnen, war die Luke überflutet worden. Das Wasser kam jetzt aus zwei Richtungen, aus dem artesischen Brunnen und aus der U-Bahn.
Es gelang ihm, Fairbanks ausgestreckte Hand zu erfassen, bevor der Gefährte in der wild kreisenden Strömung versank.
Die Ratten wurden wie Treibgut aus dem Gang in den Maschinenraum geschwemmt.
Kate hatte den Steg erklettert. Culver half Fairbank hinauf.
Keuchend lagen sie auf dem Gitter, wie Fische, die an Land geworfen waren. Culver war der erste, der seine Erschöpfung überwand. Der Gang über den Steg begann.
Die Rampe war so schmal, dass sie hintereinander gehen mussten. Sie hatten die Richtung zur Kommandozentrale eingeschlagen. Culver schrie eine Warnung, als er den Schatten entdeckte, der sich in den Verstrebungen über Fairbanks Kopf bewegte.
Die Ratte sprang, aber der Techniker war vorbereitet. Er fing sie mit ausgebreiteten Armen auf und taumelte zurück, bis er mit den Schultern an die Wand stieß und wieder Halt fand. Die Fangzähne der Bestie waren nur noch eine Handbreit von seinem Gesicht entfernt. Es war die Todesangst, die Fairbank die Kraft verlieh, die Kreatur über das Gelände zu hieven und ins Wasser zu werfen.
Sie liefen weiter, gejagt von den Mutanten, die aus den Kabelkanälen in der Bunkerdecke gekrochen kamen. Weiter voraus war das Belfern automatischer Waffen zu hören.
Clare Reynolds hatte die vierte Zigarette der Ration von morgen geraucht, als das Wasser in die Kantine eindrang. Als sie das Stäbchen anzündete, hatte sie über das Problem der Tabakvorräte nachgedacht. Und über Dealey, den Mann mit den zwei Gesichtern. Was war von einem Regierungsvertreter zu halten, der so unverschämt log? Als sie ihn um eine Erklärung bat, warum Rattengift und Impfstoff gegen die Londoner Pest in so großen Mengen im Bunker eingelagert worden war, hatte er ihr mit Ausflüchten geantwortet. Der Zivile Verteidigungsschutz, so hatte er argumentiert, ließ alle möglichen Medikamente einlagern, schließlich müsse man gegen Epidemien aller Art gewappnet sein. Sie wusste, dass er damit die Unwahrheit sagte. Der gleiche Mann hatte sie zu Stillschweigen verdonnert, als sie ihn auf den haarsträubenden Mangel an den gebräuchlichsten Medikamenten aufmerksam machte. Es sei im Interesse aller, wenn darüber unter den Insassen des Bunkers nichts bekannt wurde. Zum Teufel mit der Rationierung, die Dealey in punkto Tabak verhängt hatte!
Inzwischen stand fest, dass sie den Bunker sehr bald verlassen würden, die Mehrheit war dafür. Was wurde in diesem Fall aus den vielen Zigaretten, die in den Regalen lagerten? Wer würde das wunderbare Zeug rauchen? Niemand. Schlimm, sich vorzustellen, wie der duftende Tabak unter der Erde vermoderte. Zwar gab es irgendwo in Clares Gewissen ein leises Stimmchen, das vor dem Rauchen warnte. Schließlich war sie Ärztin. Musste sie nicht mit gutem Beispiel vorangehen? Sie war entschlossen, das Stimmchen zu überhören, so wie sie es in all den Jahren getan hatte. Sie lächelte, als sie an den Aufdruck dachte, der die Zigarettenpackungen zierte. DER
GESUNDHEITSMINISTER: RAUCHEN GEFÄHRDET
IHRE GESUNDHEIT. Sie konnte sich Empfehlungen
vorstellen, die wichtiger waren. Zum Beispiel diese. DER
GESUNDHEITSMINISTER: RADIOAKTIVITÄT
GEFÄHRDET IHRE GESUNDHEIT. Wasserstoffbomben
töten… Fehlernährung macht krank… Ihr
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