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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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im Wams, im Hut.
    Nichts.
    Jenne fing wieder von vorne an, wendete alle Kleider auf links und tastete erneut Beinlinge, Überwurf, Hemd, Wams und Hut ab.
    Wieder nichts.
    Wo war sein Geldbeutel? Auch wenn es nur ein kleines Säckchen war, konnte es doch nicht aus dieser Kammer verschwunden sein. Sie setzte sich auf die Bettstatt und sah auf ihren nackten und noch immer schnarchenden Freier hinab. Ein weiteres Mal trat sie ihm zwischen die Beine.
    »Wo hast du ihn versteckt, du Bock?« Sie sollte sich Stiefel anziehen, damit sich die Tritte auch wirklich lohnten.
    Die Stiefel!
    Sie waren die einzigen Kleidungsstücke, die sie noch nicht durchsucht hatte. Jenne sprang auf und hob beide Stiefel an. Der rechte war deutlich schwerer als der linke. Dieser Fuchs. So geil er auch gewesen sein mochte, hatte er sich doch genügend Zeit genommen, seine Münzen zu verstauen.
    Hastig griff sie hinein – und erschrak. Das fühlte sich nicht an wie der kleine Beutel, den sie vorhin gesehen hatte. Das war deutlich größer und gewiss schwerer. Jenne packte zu und zog einen Gürtel mit zehn Geldkatzen hervor. Jeder Beutel war prall gefüllt. Sie nahm sich einen und nestelte das Bändchen auf.
    Keine Silberdenare. Nur Goldmünzen.
    Ein paar Geldstücke nur hatte sie sich nehmen wollen. Jenne verwarf das Vorhaben. Jetzt wollte sie alles.
    Nur noch schnell in ihre Kammer, ein paar Habseligkeiten zusammenklauben, dann würde sie diesem Leben den Rücken kehren.
    Hurenwirt Henner kannte ihn gut. Mit einem Nicken gab er Paulus zu verstehen, dass er gleich hochgehen konnte. Es war wohl wieder kein Freier bei seiner Mutter, wie so oft in letzter Zeit. Henner goss an einem Tisch vier jungen Burschen Wein in die Becher und sah ein wenig argwöhnisch zu ihm herüber. Paulus senkte den Kopf. Hatte er womöglich noch immer Blut im Gesicht?
    Er riss sich zusammen. Wahrscheinlich schaute Henner ihn aus einem ganz anderen Grund schief an. Für gewöhnlich hatte Paulus, wenn er in das Huren- und Wirtshaus kam, wenigstens einen Schiffsmann im Schlepptau, hin und wieder gar eine vollständige Besatzung. Es gab genügend Schiffer, die sich bei ihrem Halt in Köln auch abseits der frommen Pfade umschauen wollten und dankbar waren für einen Hinweis, wo die Sünde ihr Zuhause hatte. Die verbotenen Winkel waren zwischen all den Kirchen und Klöstern schwierig genug zu finden. Ein Umstand, den Paulus sich zunutze machte und Begegnungen mit seiner an Aufträgen armen Mutter einfädelte. Sie dankte es ihm hin und wieder mit einer kleinen Beteiligung an ihrem Hurenlohn, niemals aber mit einem Dankeschön.
    An diesem Abend war viel los im Haus »Zur schönen Frau«. Alle Tische waren besetzt, über der Feuerstelle drehte sich ein Schwein am Spieß, und ein paar Spielleute musizierten. Hier und da saß eine Hure mit aus dem Kleid quellenden Brüsten auf dem Schoß eines Gastes. Der Schankraum war rauchverhangen.
    Der Trubel beruhigte Paulus. In den leeren Gassen hatte er sich wie ein waidwunder Rehbock auf einer Lichtung gefühlt, frei zum Abschuss. Nun endlich konnte er untertauchen, sich in einer Menge verbergen. Es war richtig gewesen, hier Zuflucht zu suchen. Am liebsten hätte sich Paulus ein Bier gegönnt, verzichtete aber, denn seine Hände zitterten. Wahrscheinlich hätte er die Hälfte verschüttet und wäre unangenehm aufgefallen.
    Mit immer noch wackligen Knien erklomm er die steile Stiege ins Obergeschoss. Bei seinen ersten Besuchen hatte Paulus sich noch gewundert, wie viele Kammern hier Platz fanden. Das Gebäude war eigentlich ein alter Vierkanthof, der vor vielen Jahren zu einer Herberge umgebaut worden war und sich irgendwann in ein Hurenhaus verwandelt hatte.
    Noch bevor Paulus die oberste Stufe erreicht hatte, drang bereits die keifende Stimme seiner Mutter an sein Ohr.
    »Verzieh dich wieder in das Loch, aus dem du gekrochen bist! Ihr grünen Dinger wisst noch gar nichts vom Leben, und schon meint ihr, dass ihr euch jedem Mann an den Hals werfen müsst!«
    Sie stand in der Tür zu ihrer Kammer und fuchtelte mit den Armen bedrohlich nah vor der Nase eines Mädchens umher. Die Kleine trug eine Augenklappe und wirkte völlig eingeschüchtert. Paulus hatte augenblicklich Mitleid mit ihr. Und auch mit seiner Mutter, deren Gezeter erbärmlich wirkte, weil sie sich mit nacktem Unterleib vor dem Mädchen aufgebaut hatte.
    »Ich bitte Euch, seid doch leise. Ihr weckt noch meinen Freier auf«, sagte das Mädchen mit gedämpfter Stimme.
    »Soll er doch

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