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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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Hauses wollüstiges Stöhnen und Schreien erklang. Doch diese Hoffnung hatte sich so wenig erfüllt wie die auf einen Mann an ihrer Seite.
    Sie war alt und allein. Sollte sie etwa eine Begine werden? Sticken, nähen, Kranke pflegen? Gar beten?
    Irmel ließ sich aufs Bett sinken und weinte bitterlich. Wehe, eine von diesen jungen Schlangen lief ihr heute noch über den Weg.
    Behutsam schob Paulus die hölzerne Pforte auf und lugte auf die Straße. Die Luft war rein. Er verfiel in einen leichten Trab, langsam genug, um nicht aufzufallen, doch schnell genug, um zügig vom Fleck zu kommen. Ein kleiner Schwarm Fledermäuse ließ ihn kurz zusammenschrecken. Sie brachen aus einem Baumgarten, der zum rechter Hand gelegenen Kloster Mariengarten gehörte, in die Nacht auf.
    Paulus erinnerte sich, wie es zur Gründung des Klosters gekommen war. Die Familie Gir gehörte zu den Stiftern. Die Girs waren eines der rasch aufgestiegenen Geschlechter Kölns, ebenso wie die Overstolzen. Doch während die »Überstolzen« ihren Spottnamen selbstbewusst und freudig trugen, als hätten sie ihn selbst gewählt, haderten die Girs mit ihrem Namen. Selbst in Urkunden wurde Hartmann mit dem lateinischen Namen Vultur, Geier, bezeichnet. Hartmanns Frau ließ Frauenklöstern inzwischen großzügige Spenden zukommen, darunter den Zisterzienserinnen von Mariengarten. Auch am geplanten Neubau des Doms hatten sich die Girs mit einer stattlichen Summe beteiligt. Aber was auch immer die Familie unternahm, das Vorurteil der geizigen Girs ließ sich nicht abschütteln.
    Paulus fluchte leise vor sich hin. Nox würde in diesen Augenblicken das Leben Hartmann Girs auslöschen, dessen war er sich sicher. Und ebenso sicher war er sich, dass ganz Köln ihn, Paulus, dann für den Mörder hielt. Man würde ihn als den Henker eines der reichsten und großzügigsten Kaufmänner der ganzen Stadt jagen.
    Ein kleiner Schlenker, dann kam er auf die Kupfergasse und von da auf die Schwalbengasse. Er war am Ziel. Und hoffentlich bald in Sicherheit. Vom Kloster Mariengarten her hörte er Hundegebell.
    Jenne schob den knochigen, nackten Körper von sich herunter. Der Tuchhändler rutschte gleich ganz vom Bett und schlug hart mit dem Kopf auf dem Boden auf. Doch mehr als ein lautes Schnarchen gab er nicht von sich. Er schlief so tief und so fest wie ein Säugling.
    Jenne fiel ein Stein vom Herzen. Nie hätte sie damit gerechnet, dass es so lange dauern könnte, bis der Schlafmohn wirkte. Die Kräuterfrau hatte sie gewarnt. Etwas zu viel davon, und der Genuss des Mittels konnte tödlich enden. Vielleicht war sie bei der Dosierung zu zurückhaltend gewesen.
    »Das war knapp«, murmelte Jenne und rückte ihre Augenklappe zurecht.
    Gebannt sah sie zu, wie das Glied dieses dürren Kerls erschlaffte. Eben noch hatte er mit letzter Kraft versucht, es in sie hineinzuschieben. Nun war es an der Zeit, dass sie sich Genugtuung verschaffte. Sie stand auf und verpasste ihm einen Tritt zwischen die Beine und dann noch einen zweiten. Und um ganz sicherzugehen, auch noch einen dritten. Wenn der Kaufmann aufwachte, würden ihm seine Zeugungswerkzeuge höllisch wehtun – und er würde glauben, sie zuvor so ausgiebig benutzt zu haben, dass sie schmerzten. Der Narr würde sich über die Pein auch noch freuen.
    Jenne nahm den Krug und verschüttete ein wenig Wein auf dem Laken. Alles musste überzeugend aussehen, sonst würde Pieter vielleicht Beschwerde beim Hurenwirt führen. Er hatte ein Mädchen entjungfern wollen? Dann brauchte er nur aufs Laken zu schauen. Der Beweis hatte die Form von wässrig roten Flecken angenommen. Aber Sorgen machte sich Jenne nicht wirklich. Worüber sollte der Freier sich beschweren? Dass er mitten im Akt auf einem Mädchen eingeschlafen war und just das verpasst hatte, was ihm viel Geld wert gewesen war? Diese Blöße gab sich ein echter Kerl nicht. Wahrscheinlicher war, dass er das Laken als Andenken mit nach Hause nahm.
    Jenne strich ihr Hemdchen glatt, ging zur Tür und öffnete sie. Bevor sie das Zimmer verließ, lauschte sie, ob ihr Freier noch atmete. Ja, er lebte noch. Dann fiel ihr Blick auf seine Kleider. Und sogleich wuchs in ihr die Versuchung. Wo hatte der Kaufmann seinen Geldbeutel versteckt, in dem eben noch die Münzen so bezaubernd geklingelt hatten?
    Jenne blickte verstohlen auf den Gang hinaus und schob die Tür wieder zu. Auf Zehenspitzen schlich sie zu den Kleidern ihres Freiers zurück. Sie wühlte in den Beinlingen, im Überwurf, im Hemd,

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