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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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die Blinden nicht.«
    »Es ist nicht recht, was du tust.«
    Hatte er sich gerade verhört? Paulus schluckte. Dann platzte ihm der Kragen. »Es ist nicht recht, was  ich  tue? Bist du noch bei Trost? Der Kerl, der gestern Nacht Menschen abgestochen hat, ist der Bösewicht, nicht ich. Mit Verlaub, ich versuche lediglich, meine Haut zu retten.«
    Barthel unterbrach seinen Lauf und setzte den Zeigefinger wieder auf Paulus’ Rippen. »Dann halte dich an Recht und Gesetz.«
    »Weißt du, was ich glaube?« Paulus stemmte sich Barthels dürrem Finger entgegen. »Ich glaube, du hast nur Angst, dein guter Ruf könnte leiden, wenn die Gewaltrichter herausfinden, dass ich, dein verkommener Bruder, etwas mit der ganzen Sache zu tun habe. Ich glaube, du hast Angst, deine Stellung auf der Mühle zu verlieren. Um Recht und Gesetz geht es dir doch gar nicht, es geht dir einzig um dich selbst. Nur darum willst du mich loswerden. Um denen, die dir schaden könnten, gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen.«
    »Du elender Hurensohn.«
    »Selber Hurensohn.«
    Paulus sah peinlich berührt zu Jenne hinüber, die noch immer auf den Mehlsäcken hockte. Er schämte sich für den Streit und mehr noch für Barthels Verhalten. Von seinem Bruder hatte er mehr Unterstützung erwartet.
    Während Barthel ans drehende Mühlrad trat und vorgab, es auf Schäden zu prüfen, bettete Bärbel ihren hochschwangeren Leib neben Jenne auf die Mehlsäcke. Ächzend schob sie sich hin und her, bis sie eine bequeme Stellung gefunden hatte.
    »Jetzt macht mal halblang, ihr beiden«, sagte sie schwer atmend. »Gewiss redet mein Barthel nicht aus Eigensinn. Nicht wahr, mein Barthel?«
    Barthel, der ihnen den Rücken zugedreht hatte und noch immer mit dem Mühlrad zugange war, brummte zustimmend, was vom Rauschen des Wassers fast übertönt wurde.
    »Denn mein Barthel weiß schließlich genau, dass er die Gewaltrichter doch überhaupt erst auf die Familienbande aufmerksam macht, wenn er seinen Halbbruder zu ihnen schickt. Nicht wahr, mein Barthel?«
    Barthel wandte sich um und hob eine Augenbraue.
    »Und mein Barthel würde aus brüderlicher Sorge sicher nie in Kauf nehmen, dass Paulus etwas geschieht. Nicht wahr, mein Barthel?«
    Mit Genugtuung beobachtete Paulus, wie Barthel vorwurfsvoll hinüber zu Bärbel sah. Es war offensichtlich, dass sie ihn mit der Nase auf seine eigene Torheit stoßen wollte. Bärbel mochte jung sein. Aber sie war auch ein kluges Köpfchen. Barthel murmelte einige unverständliche Worte und nahm seinen Marsch über die Planken wieder auf.
    »Hör auf zu rennen«, rief Bärbel ihm hinterher. »Das macht mich noch ganz verrückt. Denk bitte an meinen Zustand.«
    Barthel hielt inne. In seinem Blick lagen sowohl Tadel als auch Einsicht. Mit einem tiefen Seufzer setzte er sich neben seine Frau. Er reckte mit geschlossenen Augen sein Gesicht in den leichten Wind, als wollte er sein Mütchen kühlen.
    »Du hast recht, natürlich hast du recht. Aber was sollen wir denn machen? Die beiden können sich nicht ewig auf meiner Mühle verstecken. Einen besseren Vorschlag haben sie ja auch nicht. In die Stadt zu gehen und Angela zum Stillschweigen zu verpflichten, ist zu wenig.«
    Paulus ärgerte sich, dass er seinem Bruder überhaupt von dem geplanten Besuch bei Angela erzählt hatte. Sie brauchte gewiss nicht zum Schweigen verdonnert werden, Angela würde auch ohne Aufforderung ihren Mund halten. Ganz sicher. Er hatte einfach nur das Bedürfnis, ihr irgendwie mitzuteilen, dass er unschuldig war.
    »Dann helft uns doch«, sagte Jenne. »Wir brauchen einen Plan.«
    Paulus, der sich gegen das Mühlhaus gelehnt hatte, sah überrascht zu ihr hinüber. Auf ein wenig Unterstützung durch sie hatte er gehofft. Nun schien sie sich aber sogar ganz auf seine Seite zu schlagen. Hatte sie ihm gerade zugezwinkert? Es wirkte so. Doch wegen der Augenklappe konnte er es nicht genau erkennen.
    »Ich stimme dem Mädchen zu«, sagte Bärbel und rieb sich wieder den Bauch. »Was ist denn mit diesem seltsamen Schiff, von dem Paulus eben erzählt hat? Wenn ihm dieser Nox da über den Weg gelaufen ist, wird es so unwahrscheinlich wohl nicht sein, dass er zur Besatzung gehört, oder?«
    »Na ja, das scheint mir ein bisschen weit hergeholt«, wandte Barthel ein.
    »Mir nicht«, sagte Jenne. »Ein furchterregendes Schiff läuft in den Hafen ein, und drei Männer werden ermordet – niemand kann mir erzählen, dass es Zufall ist, wenn derart ungewöhnliche Dinge in derselben

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