Domfeuer
darüber Gedanken zu machen? Wir haben drängendere Probleme.«
»Da stimme ich dir zu.« Jenne setzte sich wieder auf und begann ebenfalls, sich gründlich zu reinigen. Ihre Brüste schauten aus dem Wasser und wippten bei ihren Waschbewegungen auf und ab. Paulus zwang sich, nicht darauf zu starren.
»Wo du gerade von der Frau redest, der dein Herz gehört – ich traue ihr nicht.«
»Warum?«
»Auf dem Hof war eine Falle aufgebaut. Der Büttel hat zwei Männer abgestellt, die deine Angela im Auge behalten sollen. Sie hat mich erst darauf hingewiesen, als ich sie geradewegs darauf angesprochen habe. Und sie war sehr interessiert daran, wo du steckst.« Jenne hob ihr linkes Bein aus dem Wasser und seifte es ein.
»Das finde ich nicht ungewöhnlich.«
»Das mit den Männern?«
»Nein. Dass sie wissen will, wo ich bin.«
»Ich fand es jedenfalls seltsam«, sagte Jenne und schenkte auch dem anderen Bein die nötige Aufmerksamkeit. »Sie hat brav in dieser Kammer gehockt und offenbar schon seit Stunden nur darauf gewartet, dass du vorbeischaust. Wie der Käse in der Mausefalle. Die beiden Häscher hätten dich sofort auf den Turm gebracht. Wenn ihr etwas an dir liegen würde, wäre es ihre Pflicht gewesen, sich dort aus dem Staub zu machen oder dich zu warnen.«
Nun war es Paulus, der sich tiefer ins Wasser gleiten ließ und Blubberblasen blies. Jenne mochte erzählen, was sie wollte, er würde nicht an Angela zweifeln. »Nenn sie nie mehr so«, sagte er.
»Wie?«
»So, wie du sie genannt hast.«
»Wie?«
Paulus wollte das Wort nur schwer über die Lippen. »Flittchen.«
»Warum nicht?«
»Weil ich sie liebe und jemand wie du, ausgerechnet jemand wie du, so nicht über jemanden reden sollte, den er nicht kennt.«
»Du meinst, eine Hure wie ich.«
»Ja.«
»Sagen wir so – ich weiß eben, wovon ich rede, wenn ich jemanden als Flittchen bezeichne. Übrigens hast du ein falsches Bild von mir.«
»Habe ich das?«
»Ja. Wäschst du mir den Rücken?«
Sie drehte sich zu ihm um und präsentierte Paulus ihre Rückseite. Widerwillig begann er, sie mit der Bürste zu schrubben.
»Autsch, nicht so fest. Ich bin kein Pferd.«
»Und ich bin kein Bader. Was ist mit unseren Kleidern?«
»Werden gerade gewaschen.«
»Wie schnell werden sie trocken sein?«
»Nach dem Mangeln werden sie gleich neben den Heizkessel gehängt. Sie sind schneller trocken als wir beide.«
»Fertig«, sagte Paulus, worauf Jenne wieder auf ihre Seite des Zubers zurückkehrte. Eine ganze Weile sagte keiner der beiden etwas. Während sie sich wuschen und versuchten, keine Körperstelle zu vergessen, sah Paulus immer wieder verstohlen zu ihr hinüber. Nicht etwa, weil er sie schön fand, denn das war sie zweifelsohne, vor allem mit nun zwei gesunden Augen und auch mit ihrer frechen Zahnlücke. Nein, Paulus versuchte, sie zu durchschauen, und vielleicht war dies leichter, wenn sie nackt war. Er hegte Zweifel. Hatte er sich richtig entschieden, als er sich mit ihr verbündete? War seine Not wirklich so groß, dass er sich mit solch einem undurchschaubaren, sprunghaften Wesen, wie Jenne es war, einlassen musste? Wie oft schon hatte sie ihm einen Bären aufgebunden?
Undurchschaubar, sprunghaft. In gewisser Weise erinnerte Jenne ihn an Nox. Und das hielt er für keine gute Voraussetzung. Hinzu kam, dass sie Angela misstraute. Und dass sie Angela als Flittchen bezeichnet hatte. Ausgerechnet Jenne. Sollte er jemandem sein Leben anvertrauen, der so über die von ihm geliebte Frau dachte?
Als er Jenne abermals anschaute, nahm sie seinen Blick auf. Sie lächelte. »Glaub ja nicht, dass ich nicht merke, wie du mich anstarrst.«
»Du meintest, ich hätte ein falsches Bild von dir. Wie soll ich mir ein Bild machen, wenn du ein wandelnder Widerspruch bist?«
Jenne stand auf und griff über den Zuberrand, um sich eine der Kannen mit heißem Wasser zu nehmen. Als sie den Schwall in die Wanne gab, umhüllte der aufsteigende Dampf ihren nackten Körper. Paulus sah das Dreieck ihrer Scham und wandte peinlich berührt den Blick ab. Sie wollte ihn wieder nur verwirren, mit ihm spielen, dessen war er sich sicher.
»Nun haben wir ja ein wenig Zeit«, sagte sie und setzte sich wieder ins Wasser. »Also frag, was du wissen willst.«
»Du behauptest, Jungfrau zu sein, und bedienst doch Freier in Henners Hurenhaus. Du behauptest, unberührt zu sein, und hast doch ein kleines Kind, das du mir zuerst noch als deinen Liebsten verkauft hast. Das verstehe, wer
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