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Don Blech und der Goldene Junker

Don Blech und der Goldene Junker

Titel: Don Blech und der Goldene Junker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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Loch-Nass, es war dort unten ziemlich dunkel, aber Nassi störte das nicht, denn sie war seit ihrer Kindheit daran gewöhnt.
    Sie liebte ihre Wohnung und hatte sie mit allem eingerichtet, was ein Seeungeheuer zum gemütlichen Wohnen braucht. Da war zunächst einmal ein Gang, wo Nassi sich vom Seetang und dem anderen Dreckzeug reinigte, ehe sie ihre Wohnstube betrat. In dieser hatte sie viel von dem Kram angesammelt, der früher auf der Burg verwendet worden war. Da stand ein rotes Sofa, da waren große Mehltruhen, Schränke, Tische, Eßgeschirr und so weiter. Mit Wasserpflanzen, die sie sorgfältig pflegte, hatte Nassi sich ein Blumenfenster eingerichtet. Jeden Morgen beseitigte sie die verwelkten Triebe und lockerte eigenhändig die Erde um die Wurzeln.
    Sie fuhrwerkte eifrig in ihrer Wohnstube herum, wischte den Schlamm, der sich immer wieder auf den Truhen niederließ, sorgfältig weg, rückte die Stühle hin und her, auf denen sie zwar nicht gut sitzen konnte, weil sie ja viel zu groß und zu fett war — die ihr aber so gut gefielen. Übrigens krachten weder die Stühle noch das Sofa, wenn sie sich draufsetzte, denn unter Wasser wog sie viel, viel weniger als in der Luft. Nun, sie räumte also auf, putzte und trällerte das Liedchen »O wie wohl ist mir am Morgen«, das ganz ähnlich klingt wie »O wie wohl ist mir am Abend«, nur eben morgendlicher. Und als sie dann den Flur ausfegte, spitzte sie die kleinen Ohren und murmelte: »Ich könnte wetten... o wie wohl ist mir... daß mich jemand gerufen hat... am Morgen... jawohl... ich möchte nur wissen... o wie wohl ist mir... wo der Dreck immer herkommt... am Morgen... und ich möchte... o wie wohl... auch wissen... was man jetzt... am Morgen... von mir will... Oh, das hat ja ganz gut in mein Lied hineingepaßt! Sicher soll ich... o wie wohl ist mir... wieder einen klugen Rat geben... am Morgen!«
    Sie lehnte den Besen in die Ecke, rieb sich die Hände sauber, fuhr sich über die langen, wirren Haare und schwamm aus dem Hausflur hinauf an die Oberfläche des Loch-Nass. Hier wartete sie vorsichtshalber ein wenig und beäugte das Ufer, soweit man das eben unter Wasser tun kann. Da sie aber nur drei Didniks erspähte, die leise nach ihr riefen, steckte sie den Kopf hinaus.

    »Na, gut gespukt?« fragte sie statt einer Begrüßung.
    »Mehr gut gespuckt als gespukt!« antwortete der Bednik. »Uns ist jetzt noch speiübel!« Er erzählte, was ihnen in der Nacht zugestoßen war.
    »Das tut mir leid!« meinte Nassi, zeigte aber keine große Anteilnahme (was ging sie schließlich der Blechkönig an?), sondern fragte: »Habt ihr mir keine Zuckerplätzchen mitgebracht?«
    »Nein«, sagte der Adnik verlegen.
    »Natürlich nicht!« maulte Nassi. »Nun, dann möchte ich mal wissen, warum ihr mich überhaupt gerufen habt!«
    »Sag du es ihr!« Der Bednik stupste den Adnik.
    »Nein, du!« Der Adnik stupste den Hadnik.
    »Ja — «, der Hadnik räusperte sich. Als Gastwirt hatte er eine gewisse Übung darin, mit anderen zu reden. »Ja — also! — Aber bitte verrate es niemandem!«
    »Ach — ist es ein Geheimnis?« fragte Nassi.
    »Ein Staatsgeheimnis.«
    »Aha! Ich hoffe, ihr kennt das schöne Sprichwort: >Reden ist Tranfisch, Schweigen ist Honig!< Womit ich nichts gegen Tranfisch gesagt haben will, an gewöhnlichen Tagen.«
    »Du meinst, daß du Honig haben möchtest?«
    »Honigbonbons!«
    »Hm — «, brummte der Hadnik (er wußte nicht, wo er so rasch Honigbonbons herbekommen sollte), »hm — meinetwegen.« Und dann berichtete er Nassi, was sie von ihr wünschten.
    Nassi lauschte aufmerksam. Nach langer Zeit, in der man beinahe hören konnte, wie es in ihrem Kopf nachdenklich knirschte, fragte sie: »Ich soll also für euch mein gemütliches Bett verlassen und mich den langen, mühsamen Weg zur Burg hinaufschleppen? Zu Fuß? Und ich soll den gefährlichen Blechkönig für euch besiegen oder gefangennehmen oder irgendwie beseitigen...?«
    »Wir überlassen das ganz dir!« sagte der Adnik zuvorkommend.
    Nassi blickte ihn strafend an. Er hatte sie in einer langen, wichtigen Rede gestört. Endlich vermochte sie sich wieder an das zu erinnern, was sie sagen wollte, und sagte es: »Das kostet aber wenigstens drei große Tüten voll Honigbonbons! «
    »Dürfen vielleicht auch ein paar Zuckerplätzchen dabei sein?« fragte der Hadnik, dem himmelangst vor dieser Forderung wurde. Honigbonbons waren so ziemlich das Seltenste, was es auf der Didnikinsel gab.
    »Keine Zuckerplätzchen!

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