Don Camillo gibt nicht auf
- Produktion Amilcare Bessa. Die klebte er dann auf die verbliebenen zwölf Flaschen, packte die Flaschen in eine feste Kiste und schickte sie, zusammen mit einem kleinen Brief, den ihm der Notar diktiert hatte, an den König.
Natürlich kam einige Zeit später aus der königlichen Residenz ein prächtiger Brief, in dem stand, daß sich Seine Majestät sehr über das Geschenk gefreut und den Wein «hervorragend» gefunden habe.
Das war ein denkwürdiger Tag. Amilcare ließ den Brief mit einem prunkvollen Goldrahmen versehen und hängte ihn in die Mitte des Regals hinter der Theke, unter ein großes Porträt des Königs. Der kleine Hausaltar wurde durch zwei Flaschen des berühmten Königsmalvasiers vervollständigt.
Amilcare Bessa war ein ernsthafter und genauer Mann. «Der König», dachte er, «hat mir eine außerordentliche Ehre erwiesen, und ich wäre ein Schuft, wenn ich die Großmütigkeit Seiner Majestät ausnützen würde, um Geld zu verdienen. Wenn der Wein Königsmalvasier heißt, dann darf ihn auch nur der König trinken. Natürlich muß ich ganz sicher sein, daß der Wein tadellos ist, eh’ ich die Flaschen wegschicke; so werde ich neben dem König der einzige sein, der den Königsmalvasier kostet.»
Er reduzierte daraufhin seine Produktion von zwanzig auf fünfzehn Flaschen, und von den fünfzehn gingen jedes Jahr zwölf als Geschenk an den König. Drei wurden zurückbehalten: eine zum Probieren und die beiden anderen für den Hausaltar.
Auf diese Weise blieben jedes Jahr zwei Flaschen Königsmalvasier übrig. Sie bildeten im Keller die Königliche Reserve für den Fall, daß eine der jährlichen Partien sich einmal als nicht würdig erweisen sollte, an den König geschickt zu werden. Nur in ganz großen Ausnahmefällen wurde eine Flasche der Reserve entkorkt.
Soweit der verwaltungstechnische Teil der Geschichte. Der historische Teil ist noch rascher erzählt.
Amilcare Bessa schickte also jedes Jahr pünktlich seine zwölf Flaschen Königsmalvasier an den König, und bis zu seinem Tod blieb das Hausaltärchen der Mittelpunkt des Regals.
Amilcares Sohn Giocondo konnte das Altärchen nur noch wenige Monate halten, denn dann brach die faschistische Republik von Salò aus, und man wollte nichts mehr von Königen und Königinnen wissen.
Genau damals begann das Spielchen, daß man Giocondo nach einer Flasche von «diesem besonderen Malvasier» fragte.
Während der Republik von Salò schlug das Schicksal ein zweites Mal hart zu: Bei einer Hausdurchsuchung entdeckten die Deutschen im Keller der Osteria die Flaschen der Königlichen Reserve und soffen sie alle aus.
Der alte Amilcare hatte vor seinem Tod noch zu seinem Sohn gesagt: «Giocondo, ich lege dir die Flaschen für den König ans Herz. Blamier mich nicht!»
Und Giocondo war ein anständiger Mensch und voll guten Willens. Aber wie sollte er den Wunsch seines Vaters erfüllen? Als das Durcheinander von Krieg und Republik vorbei war und es so aussah, als würde nun alles wieder wie früher, da brach eine neue Republik aus, und der König mußte ins Exil.
Das war ein Fall von höherer Gewalt, und nachdem sich Giocondo eine Weile abgehärmt hatte, fand er seinen inneren Frieden wieder: «Der Alte», dachte er, «wird verstehen, daß es nicht meine Schuld ist, wenn der König nicht kriegen kann, was ihm zusteht.»
So hatte er zwar seinen Frieden gefunden, aber die anderen ließen ihn nicht in Frieden, und nach dem 6. Juni 1946 ging das Spielchen wieder los:
«Giocondo, könnten wir nicht eine Flasche von diesem besonderen Malvasier haben?»
Inzwischen ging das schon sieben, acht Jahre lang so. Und Giocondo ertrug es nur mit Mühe. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig.
Doch eines Tags verlor Giocondo die Geduld.
Diesmal traf ihn der Schlag in einem Augenblick relativer Ruhe: Es fehlte gerade noch eine Stunde bis zur Schließung des Lokals, und draußen regnete es in Strömen. In der Osteria saßen nur noch vier Gäste und spielten Karten: Peppone, Smilzo, Bigio und Brusco. Giocondo hatte die Ellbogen auf die Marmorplatte der Theke gestützt und sah ihnen schläfrig zu.
Plötzlich rief der Smilzo: «Giocondo, noch eine Flasche!»
«Ach ja», setzte Peppone hinzu, während er die Karten mischte, «warum bringt Ihr uns nicht zur Abwechslung mal eine schöne Flasche von diesem berühmten Malvasier?»
Smilzo, Bigio und Brusco feixten.
«Von was für einem berühmten Malvasier redet Ihr?» fragte Giocondo und kam hinter der Theke
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