Don Camillo und Peppone
Hause zu lassen. Politische Fahnen dürfen bei religiösen Umzügen nicht erscheinen. Das sind Befehle, die ich erhalten habe.»
Brusco ging, und ein wenig später kam Peppone, rot im Gesicht und mit Augen, die aus den Höhlen springen wollten.
«Wir sind Christen wie alle anderen!» schrie Peppone, indem er das Pfarrhaus betrat, ohne überhaupt anzuklopfen. «Worin sind denn wir anders als alle anderen? »
«Darin, daß ihr in des anderen Haus kommt, ohne den Hut abzunehmen», antwortete ruhig Don Camillo. Wütend nahm Peppone den Hut ab.
«Jetzt bist du allen anderen Christen gleich», sagte Don Camillo.
«Warum können wir nicht mit unserer Fahne an der Prozession teilnehmen?» schrie Peppone. «Was stimmt mit unserer Fahne nicht? Ist es vielleicht eine Fahne der Diebe und Mörder?»
«Nein, Genosse Peppone», erklärte Don Camillo, indem er eine Zigarre anzündete. «Es ist eine Parteifahne. Das geht nicht. Hier handelt es sich um Religion, nicht um Politik.»
«Dann müssen auch die Fahnen der Katholischen Aktion wegbleiben!»
«Warum denn? Die Katholische Aktion ist keine politische Partei, so sehr es richtig ist, daß ich persönlich ihr Sekretär bin. Ich kann sogar dir und deinen Genossen raten, euch bei uns einschreiben zu lassen.»
Peppone grinste. «Wenn Sie Ihre schwarze Seele retten wollen, dann müssen Sie sich bei unserer Partei einschreiben lassen!»
Don Camillo breitete die Arme aus. «Machen wir es so», erwiderte er lächelnd, «jeder bleibt, wo er ist, und des anderen Freund wie früher.»
«Ich und Sie, wir waren niemals Freunde», behauptete Peppone.
«Auch nicht, als wir zusammen im Gebirge waren?»
«Nein! Das war nur ein einfaches strategisches Bündnis. Um des Sieges willen kann man sich auch mit den Pfaffen verbinden.»
«Schon gut», sagte ruhig Don Camillo. «Wenn ihr aber zur Prozession kommen wollt, dann laßt die Fahne zu Hause.»
Peppone preßte die Zähne aufeinander. «Wenn Sie glauben, hier den Duce spielen zu können, dann irren Sie, Hochwürden!» rief Peppone aus. «Entweder mit unserer Fahne oder überhaupt keine Prozession!»
Don Camillo ließ sich nicht beeindrucken. «Es wird ihm schon vergehen», sagte er zu sich selbst. Und tatsächlich, in den drei letzten Tagen vor dem Sonntag hörte man nichts mehr von dieser Angelegenheit. Sonntag aber, eine Stunde vor der Messe, kamen erschreckte Leute ins Pfarrhaus. An diesem Morgen waren Peppones Leute in allen Häusern erschienen, um alle davor zu warnen, zur Prozession zu gehen, weil das hieße, sie gingen ins eigene Verderben.
«Mir haben sie es nicht gesagt», erwiderte Don Camillo. «Infolgedessen geht mich das nichts an.»
Die Prozession sollte nach der Messe stattfinden. Während Don Camillo in der Sakristei war und die heiligen Gewänder anlegte, kam eine Gruppe von Leuten zu ihm.
«Was sollen wir tun?» fragten sie ihn.
«Die Prozession wird abgehalten», erwiderte ruhig Don Camillo.
«Die sind aber imstande, Bomben auf den Umzug zu werfen!» hielt man ihm entgegen. «Sie können die Gläubigen nicht dieser Gefahr aussetzen.
Unserer Meinung nach müßte man die Prozession aufschieben, die öffentlichen Sicherheitsorgane in der Stadt verständigen und dann erst die Prozession abhalten, wenn genug Karabinieri aus der Stadt kommen, um die Sicherheit der Leute garantieren zu können.»
«Richtig», bemerkte Don Camillo. «Inzwischen könnte man es den Märtyrern der Religion weismachen, daß sie sehr schlecht getan haben, indem sie sich so benahmen, wie sie sich benommen haben, und daß sie – anstatt den christlichen Glauben zu predigen, als er noch verboten war – hätten warten sollen, bis die Karabinieri kommen.»
Daraufhin zeigte Don Camillo den Anwesenden, wo sich die Türe befindet, und diese gingen brummend von dannen. Dann betrat eine Gruppe von alten Leuten die Kirche.
«Wir gehen, Don Camillo», sagten sie.
«Ihr geht sofort nach Hause!» antwortete Don Camillo. «Gott wird euren Willen als Werk anrechnen. Das ist aber jetzt gerade ein solcher Fall, wo alte Leute, Frauen und Kinder nichts zu suchen haben.»
Ein Häuflein Menschen war vor der Kirche geblieben, als sie aber vom Ort her Schüsse hörten (es war nur Brusco, der zur Demonstration seine Maschinenpistole gurgeln ließ und in die Luft schoß), zerstreuten sich auch diese, und als Don Camillo im Kirchentor erschien, fand er den Platz leer und rein wie einen Billardtisch vor.
«Gehen wir also, Don Camillo?» fragte in diesem
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