Don Camillo und seine Herde
verfluchten Gottlosen nicht ohne weiteres hinunterschlucken. Und darum stand er immer noch fest da, die Fäuste in die Hüften gestemmt, und betrachtete Neros verzerrtes Gesicht.
«Hochwürden, tun Sie Ihre Pflicht!» brüllte verzweifelt Nero.
Da wurde Don Camillo wie verrückt; er lief davon, nicht einmal den Hut setzte er auf, sprang auf das Fahrrad und verschwand in der Dunkelheit.
Nach ungefähr einer Stunde kam er zurück. Er ging in den Pfarrhof hinein, und Nero folgte ihm.
«Da», sagte er zu Nero und reichte ihm einen großen versiegelten Umschlag.
In diesem Umschlag war ein Zettel mit wenigen Zeilen und ein weiterer Umschlag mit Siegeln aus rotem Siegellack. Auf dem Zettel stand geschrieben: «Hiermit erklärt Unterfertigter, Guiseppe Molotti, den Vertrag zwischen ihm und dem Herrn Francesco Gollini, genannt , für null und nichtig und gibt ihn diesem zurück. Guiseppe Molotti.» Stempelformular.
Don Camillo reichte Nero noch etwas.
«Die tausend Lire wollte er nicht annehmen», erklärte er. «Er sagt, du kannst damit machen, was du willst. Gute Nacht.»
Nero sagte kein Wort. Er verließ den Pfarrhof mit dem ganzen Zeug in den Händen. Er dachte, man sollte den Vertrag sofort zerreißen, dann aber fiel ihm ein, daß es besser wäre, ihn zu verbrennen.
Das kleine Kirchentor war offen, und man sah einige Kerzen brennen.
Er ging in die Kirche und blieb vor der Kerze stehen, die unmittelbar hinter der Balustrade des Hochaltars brannte.
Er hielt das Papier mit der Stempelmarke in die Flamme und schaute zu, wie es brannte.
Dann zerdrückte er zwischen seinen großen Fingern das verkohlte und zusammengeschrumpfte Blatt und verwandelte es in Asche. Er spreizte die Hand und blies die Asche fort.
Er wollte die Kirche verlassen, erinnerte sich aber an die tausend Lire, die er zusammen mit Molottis Zettel in den großen Umschlag gesteckt hatte. Er holte die Banknote aus dem Umschlag und steckte sie in den Opferstock.
Dann holte er aus der Tasche noch eine Banknote zu tausend Lire und zwängte auch diese durch den Schlitz.
«Für empfangene Gnade», dachte er.
Er trat ins Freie und ging nach Hause. Seine Augen waren schlaftrunken, und er wußte, daß er diese Nacht gut schlafen werde.
Don Camillo ging ein wenig später in die Kirche, um sie abzuschließen und Christus am Hochaltar zu grüßen.
«Jesus», sagte er, «wer kann diese Leute verstehen?»
«Ich», antwortete lächelnd der gekreuzigte Heiland.
Der Brief
Barchini, Papierhändler und Buchdrucker zugleich, war seit einiger Zeit krank, und so war Don Camillo genötigt, seinen Pfarrboten in einer Druckerei in der Stadt drucken zu lassen. Als er wieder in die Stadt mußte, um die Korrekturfahnen auszubessern, machte er sich neugierig an den Maschinen zu schaffen.
Der Teufel ist ein solches Biest, das vor nichts Respekt hat und sich überall versteckt, um anständigen Leuten Streiche zu spielen; nicht nur an Orten, die der Unterhaltung, der Muße, der Sünde und so weiter dienen, sondern auch an Orten, wo Leute arbeiten.
Diesmal versteckte sich der Teufel bei einer kleinen Handdruckpresse, an der gerade ein Arbeiter Papier mit einem Briefkopf versah. Als nun der arme Don Camillo die Druckerei verließ, war er sehr verlegen.
Bedenkt man, daß das Fleisch schwach und daß auch der größte Ehrenmann unter den Landpfarrern ein Mensch aus solchem Fleisch ist, was soll dann schon ein armer Landpfarrer machen, wenn er, wie Don Camillo auf dem Rückweg, ohne zu wissen wie, in seiner Tasche fünf bis sechs Bogen Papier mit dem Briefkopf des Provinzsekretariats einer politischen Partei I findet?
Einige Tage später bekam Peppone einen eingeschriebenen Brief aus der Stadt, der ihn verblüffte, weil auf dem Umschlag als Absender ein gewisser Franchini stand, und er keinen Franchini kannte.
Er öffnete den Brief und fand ein Schreiben vor mit einem Briefkopf, der ihn instinktiv Habtachtstellung einnehmen ließ:
Lieber Genosse!
Du bist über die neue Lage im Bilde, die sich durch den Verrat Amerikas ergeben hat, daß durch eine Geheimklausel des unseligen Atlantikpaktes die verbündeten Regierungen verpflichtet sind, die demokratischen Parteien ihrer Länder strengstens zu überwachen, mit dem Ziel, alle Friedensbemühungen von ihrer Seite zu verhindern.
Wir werden von der Polizei überwacht, und es wäre ein unverzeihlicher Leichtsinn, Briefe zu versenden, die als Absender den Namen der Partei tragen. Solche Briefumschläge darf man nur
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