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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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verleihe, abzulehnen. Und jetzt weiß er nicht, was er tun soll, denn er muß antworten. Ich möchte wirklich nicht in Peppones Haut stecken!»
    «Und ich nicht in deiner, auch wenn es Gott erlauben würde», antwortete Christus streng. «Ich wäre in der Haut eines schlechten Menschen.»
    Don Camillo blieb der Mund offen. «Aber ich», stotterte er schließlich, «ich habe ihm nur einen Streich gespielt.»
    «Ein Streich bleibt nur solange ein Scherz, solange er nicht zur Befriedigung über das Leiden des Opfers wird.»
    Don Camillo ging gesenkten Hauptes. Zwei Tage später bekam Peppone einen zweiten Brief von der Partei:

    Lieber Genosse!
    Es tut uns außerordentlich leid, Dir mitteilen zu müssen, daß infolge schwerer Verwicklungen, die inzwischen aufgetreten sind, weder Du noch die anderen Auserwählten der Friedensbrigade abreisen werden können. Wir bitten Dich, die Enttäuschung, die wir Dir gegen unsere Absicht verursacht haben, entschuldigen zu wollen. Du wirst der Sache des Friedens am besten dienen, wenn Du hier bleibst.

    Nie erfuhr man, wer im Schutze der Dunkelheit am Abend die Kirche betrat und eine große Kerze brachte. Tatsache ist, daß Don Camillo die Kerze vor Christus auf der Kommunionbank des Altars brennend vorfand.

Der Tanz der Stunden

    Um die Wahrheit zu sagen: Die Rocca, der kleine mittelalterliche Palazzo, in dem sich das Gemeindeamt befand, war heruntergekommen und baufällig. Als nun eines Tages eine Schar von Maurern erschien und um den Wehrturm der Rocca herum ein Gerüst zu errichten begann, sagten alle: «Es war höchste Zeit!»
    Es handelte sich nicht einmal um eine ästhetische Frage, weil in dieser Gegend die Ästhetik nicht mehr zählt als eine trockene Feige und eine Sache nur dann schön ist, wenn sie von guter Qualität ist und ihren Zweck erfüllt. Tatsache ist, daß in einem Dorf alle das eine oder andere Mal aufs Gemeindeamt müssen und so in der Angst lebten, daß ihnen beim Betreten der Toreinfahrt der Rocca ein Ziegel oder ein Stück Gesims auf den Kopf fallen könnte.
    Als das Gerüst errichtet war, verhängten es die Maurer mit Schilfmatten, damit den Passanten kein Verputz auf den Kopf fallen könne. So begannen die Restaurierungsarbeiten.
    Sie dauerten einen vollen Monat. Dann wurde eines Nachts das Gerüst abgerissen, und am nächsten Morgen bot sich den Dorfbewohnern und auch den Leuten, die von auswärts gekommen waren, weil Markttag war, der überraschende Anblick des wiederhergestellten Turmes.
    Eine wirklich schöne Arbeit von Fachleuten. Natürlich gab es auch den unvermeidlichen politischen Zwischenfall. Unter dem Zinnenkranz hing am Turm eine große Tafel, auf der zu lesen war: «Diese öffentliche Arbeit wurde nicht mit ERP-Mitteln finanziert.»
    Auch Don Camillo war unter den Leuten, die neugierig auf dem Platz erschienen, als sich die Kunde verbreitet hatte, daß man das Gerüst abgenommen habe. Als Peppone, der nichts anderes erwartete, ihn kommen sah, schlich er sich unmerklich in seine Nähe.
    «Was sagen Sie dazu, Hochwürden?»
    Don Camillo drehte sich nicht einmal um.
    «Eine schöne Arbeit», antwortete er. «Schade, daß diese Aufschrift den ganzen gefälligen Eindruck stört.»
    Peppone wandte sich an seinen Stab, der - welch ein Zufall! -in der Nähe war.
    «Habt ihr gehört? Hochwürden sagt, daß nach seiner Ansicht die Aufschrift unästhetisch wirke. Ich bin fast seiner Meinung.»
    «In den ästhetischen Fragen hat das Wort seiner Hochwürden Gewicht», rief Smilzo. «Was mich betrifft, gebe ich Hochwürden recht.»
    Sie diskutierten eine Weile, bis Peppone entschied:
    «Jemand soll hinaufgehen und den Auftrag geben, die Aufschrift zu entfernen. Wir wollen damit zeigen, daß wir anders sind als gewisse Leute, die immer recht haben wollen.»
    Zwei Minuten später löste jemand die Stricke, und die Tafel war gleich unten. Nun sah man erst die wirkliche Überraschung - eine Uhr!
    Seit undenklichen Zeiten hatte es im Dorf nur die Uhr auf dem Kirchturm gegeben. Jetzt gab es auch die Uhr auf der Rocca.
    «Jetzt sieht man es nicht, weil Tag ist», beeilte sich Peppone zu erklären. «Das Zifferblatt ist aber beleuchtet. Man kann auf eine Meile Entfernung die Zeit ablesen.»
    In diesem Augenblick hörte man oben auf der Rocca ein Gerassel, und Peppone brüllte:
    «Ruhe!»
    Der Platz war voll, alle blieben still, und in diese Stille schlug die neue Uhr zehn Schläge. Das Echo der zehn Glockenschläge war noch nicht verklungen, als es auf dem

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