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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Flugzeug im letzten Abwurf eine halbe Tonne Zeitungsblätter gestreut hatte, und zwar eine Sonderausgabe der Glocke mit einem großartigen Artikel von Don Camillo. Und alle hatten sofort angefangen zu lesen, die Aktivisten ausgenommen, die die Zeitungen in die Tasche gesteckt hatten.
    Der Provinzsekretär blickte düster drein. Auf die Entschuldigungen Peppones antwortete er nicht einmal.
    «Genosse», sagte Peppone bestürzt, «wenn ich das hätte ahnen können, wäre das Maschinengewehr schon vorher aufgestellt worden, und wir hätten ihm gleich nach dem ersten Abwurf den Garaus gemacht. Als wir es in Stellung gebracht hatten, war es schon zu spät.»
    Der Provinzsekretär ließ sich die Geschichte mit dem Maschinengewehr erklären. Er wurde blaß, und seine Stirn bedeckte sich mit Schweiß.
    «Alles in allem sind wir noch gut davongekommen», murmelte er, hastig das Auto besteigend.
    Inzwischen betete Don Camillo, der, hoch vom Turm durch eine Luke spähend, die ganze Sache verfolgt hatte, mit gefalteten Händen:
    «Jesus, gib mir die Kraft, der Versuchung zu widerstehen und kein Festgeläute anzuheben.»
    Und Jesus gab ihm die Kraft, der Versuchung zu widerstehen. Das war sehr gut so, weil Peppone eine unheimliche Wut im Bauche hatte; hätte er noch die Glocken läuten gehört, er hätte keinen Augenblick mehr gezaudert, er wäre im Laufschritt zum Stall zurückgerannt, hätte das Maschinengewehr hervorgeholt und das Feuer gegen den Turm eröffnet.
    Dann kam der Wahlsonntag.

    Peppone legte Festkleidung an, warf sich in die Brust und verließ das Haus, um sich zur Wahl zu begeben. Als er sich vor dem Wahllokal anstellte, sagten alle zu ihm:
    «Aber bitte, Herr Bürgermeister, gehen Sie nur vor!» Er aber lehnte dankend ab und erklärte, daß in der Demokratie alle gleich seien.
    In Wahrheit aber dachte er, es sei ungerecht, daß seine Stimme nicht mehr wog als die von Pinola, dem Rastelbinder, der sieben Tage in der Woche betrunken war und dann nicht einmal wußte, wo die Sonne aufgeht.
    Peppone fühlte sich stark wie eine Büffelherde. Bevor er sein Haus verließ, hatte er mit einem Bleistift ein Dutzend Kreuzchen auf ein Papier gezeichnet.
    «Es muß die entscheidendste Stimme der ganzen Gemeinde sein», erklärte er seiner Frau. «So, zack, zack, und Garibaldi siegt vor der Nase der Ausbeuter und der verkauften Seelen.» (Für diese Wahl hatten die Kommunisten den Garibaldi-Kopf als Wahlzeichen genommen.)
    Peppone fühlte sich selbstsicher wie nie zuvor, und als er den Stimmzettel bekam, ging er mit wildem Jubel in die Wahlzelle: «Wenn ich schon nur eine Stimme abgeben kann», dachte er, «dann werde ich sie mit einer solchen Wut abgeben, daß sie für zwei gelten muß!»
    Nun befand er sich im Halbdunkel der Zelle, vor sich den ausgebreiteten Stimmzettel, den Bleistift fest in den Fingern.
    «In der Heimlichkeit der Wahlzelle sieht dich Gott, Stalin aber nicht», dachte er, sich an einen Satz erinnernd, den er im Flugblatt gelesen hatte, das von dem verfluchten Flugzeug über der Wahlversammlung abgeworfen worden war. Er drehte sich instinktiv um, weil es ihm schien, als ob ihn jemand von hinten beobachtete.
    «Die Pfaffen sind die schlimmste Brut auf der Welt», überlegte er. «Den armen Menschen machen sie das Hirn mit dummen Geschichten voll. Vorwärts, ein Kreuz für Garibaldi!»
    Der Bleistift rührte sich aber nicht. Und da Peppone nicht wußte, was er tun sollte, mußte er an die alte Lehrerin denken. «Du warst immer schon ein schlechter Mensch», flüsterte ihm die Stimme der verstorbenen Lehrerin ins Ohr. Peppone schüttelte seinen Schädel. «Es ist nicht wahr!» stöhnte er.
    Eine große rote Fahne entfaltete sich vor seinen Augen, und Peppone richtete den Bleistift auf den Stern mit Garibaldi. Aber da erschien auf dem weißen Papierblatt Straziamis Sohn mit bleichem Gesicht. «Wenn die Volksfront siegt, gibt uns Amerika nichts mehr», flüsterte ihm die Stimme Don Camillos ins Ohr.
    «Schufte!» antwortete Peppone zähneknirschend.
    «Hunderttausend italienische Kriegsgefangene sind aus Rußland nicht mehr zurückgekehrt!» flüsterte ihm die hinterlistige Stimme Don Camillos weiter ins Ohr.
    «Was haben sie dort zu suchen gehabt!» antwortete Peppone wütend. Da erschien ihm aber die alte Bacchini, die für niemanden stimmen wollte, weil keine Partei die Rückkehr ihres Sohnes aus Rußland durchsetzen konnte, und Peppone biß sich in die Lippe.
    «Genosse», flüsterte ihm jetzt die harte

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