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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Boudoir unberührt und die Vorhänge an den Fenstern blieben, daß man die Blumenvasen und in vielen Zimmern auch die Tapeten beließ, weil das seit Jahren ihr Traum war und außerdem alles so gut und vornehm eingerichtet war, daß es ein Verbrechen gewesen wäre, diese Harmonie, die sie nicht verstand, aber spürte, zu zerstören.
    Und so wurde nach und nach alles wieder hervorgeholt und aufgestellt, wie es gewesen war, mit Ausnahme der minderwertigen Sachen, der Bildnisse, der Leibwäsche und der Küchengeräte der Torconi. Gisa wurde zu einem wilden Tier, wenn jemand eine Tapete befleckte, und setzte sich jemand auf einen Plüschsessel, ging sie wie eine Löwin los. Sie begann alle bedeutenden Zimmer abzusperren. Schließlich lebte die ganze Familie in der Küche und in den Dienstbotenkammern. Die Geschäfte gingen gut, weil der Pächter nicht mehr mit dem Gutsbesitzer abrechnen mußte, sondern neunzig Prozent für sich behielt und nur den Rest auf einem Bankkonto hinterlegte, wie es im Brief stand, den ihm Don Camillo gegeben hatte. Dazu kamen der schwarze Markt und die anderen Nachkriegserscheinungen, so daß die Biolchi in Geld schwammen. Gisa ließ sich schwarze Kleider von gleicher Art wie die der Frau Mimi machen, und von Zeit zu Zeit warf sie sich in Staat, schloß sich allein in den für die Dienstleute verbotenen Zimmern ein, berührte dies und das und setzte sich auf die Plüschsessel. Eines Nachmittags versuchte sie sogar, Tee zu machen, ließ ihn aber kochen, und so entstand ein ungenießbares Gebräu, das sie aber lächelnd trank.
    Mit einem Wort, sie war die Herrin; alles gehörte ihr, weil an eine Rückkehr der Torconi nicht mehr zu denken war. Außerdem waren, wie gesagt, die Biolchi bereit, zu den Gewehren oder zu noch Schlimmerem zu greifen, wenn jemand versuchen sollte, sie aus der Villa zu verjagen. Gisa war also die Herrin, spürte aber, daß in Wirklichkeit immer noch Frau Mimi herrschte.
    Das ging so weit, daß Gisa es nicht wagte, etwas umzustellen, eine Vase oder eine Nippsache. Nach jedem Versuch fühlte sie sich genötigt, die alte Ordnung wiederherzustellen.
    Dann mußte Gisa in das Eckzimmer im Parterre, damit ihr übel werde. Sie betrachtete das große Porträt der Frau Mimi und gelangte immer mehr zu der Überzeugung, daß das ganze Geheimnis im Ring lag. Wenn sie einmal selbst einen solchen Ring am Finger hätte, dann wäre sie wirklich die Frau Gisa, die Herrin. Sie begann, ihren Mann wegen des Ringes zu quälen. Der Ring, der Ring, immer wieder der Ring. Sie wollte den Ring, ohne diesen Ring konnte sie nicht mehr leben.
    Geld hatten sie genug; Gold und Diamanten sind außerdem immer noch die beste Vermögensanlage.
    «Ich kaufe dir ein Armband», wehrte sich der Mann. «Ich kaufe dir eine Brosche, ich kaufe dir Ohrringe.»
    Gisa aber wollte den Ring, nur den Ring.
    Eines Nachts war die Widerstandskraft des Pächters zu Ende, er war diese Geschichte mit dem Ring satt.
    «Halt schon einmal dein verfluchtes Maul», sagte er, «du sollst meinetwegen den Ring haben, und der Blitz soll dich treffen.»
    Sie stiegen in das Erdgeschoß hinab, begaben sich in den Abstellraum, schoben eine Kiste beiseite, nahmen zwei Reihen Fliesen des Marmorbodens heraus und begannen dann ganz langsam zu graben. Zuerst den Mörtel, dann die Schotterfüllung der Beschüttung, dann die Erde. Hier begannen sie mit den Nägeln weiterzugraben; sie fanden den linken Arm der Frau Mimi, spreizten die Finger auseinander und zogen den Ring ab. Dann schütteten sie wieder alles zu und brachten die Fliesen in Ordnung.
    Gisa fühlte sich mit dem Ring am Finger endlich als Herrin. Sie verlor aber die Selbstbeherrschung, und zwei Tage später sahen sie die Dienstleute mit dem Ring der Frau Mimi am Finger. Es war ein Ring, den das ganze Dorf kannte, und so verbreitete sich die Kunde schnell und weit.
    An einem Nachmittag erschienen auf dem Karrenweg die Carabinieri, der Pächter und seine Frau sahen sie kommen, liefen in den Oberstock hinauf und begannen mit den Gewehren zu schießen. Beide, Biolchi und Gisa.
    Auch die Carabinieri schossen, und so ging es weiter, bis eine Salve die beiden Unglückseligen niederstreckte.
    Man fand Gisa tot am Boden, mit dem Gewehr in der Hand, neben der Leiche ihres Mannes. Sie war in großer Aufmachung und trug am Finger den Ring der Frau Mimi.
    Man fand Frau Mimi zusammen mit dem Gatten im Abstellraum begraben; die beiden Biolchi hatten die beiden mit Axthieben auf den Kopf in jener Nacht

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