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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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erledigt, in der sie flüchten wollten.
    Don Camillo steckte Frau Mimi den Ring wieder an den Finger, und Frau Mimi kam mit ihrem Ring am Finger in geweihter Erde zur Ruhe und wurde so wieder die Herrin.

Bianco

    Wenn die Einwohner der Bassa jetzt in die Stadt fahren, benützen sie den Postautobus, einen jener modernen verfluchten Karren, in denen ein Christ gezwungen wird, wie eine Kiste im Gepäckwagen zu reisen, so daß er sich nicht einmal von seinem Sitz
    rühren kann, wenn ihm schlecht wird oder noch etwas Schlimmeres passiert.
    Und wenn es im Winter Nebel und Glatteis gibt, so ist das wenigste, was geschehen kann, daß man in einem Kanal landet.
    Das Schönste ist, daß es früher eine Dampftrambahn gegeben hat mit ihrem braven Geleise. Und die Bahn fand immer den richtigen Weg, auch bei Glatteis, auch bei Nebel. Eines schönen Tages entdeckte dann irgendein richtiger Wichtigtuer aus der Stadt, daß die alte Dampftrambahn eine überholte Sache sei, und man ersetzte ein sicheres Verkehrsmittel durch ein vom Zufall abhängiges. Die Dampftrambahn beförderte nicht nur Menschen, sondern auch den ganzen Tag Schotter, Sand, Ziegel, Kohle, Futterrüben usw.; sie war herrlich, nicht nur, weil sie außerordentliche Dienste leistete, sondern weil sie voll Poesie war.
    Eines Tages kamen zehn oder fünfzehn unglückselige Typen mit einer Dienstmütze auf dem Kopf und begannen die Schienen herauszureißen; und niemand erhob Einspruch, sondern alle sagten: «Es war schon Zeit!» In der Tat ist es heute so, daß Eile auch die alten Mütterchen haben, die in die Stadt fahren, wenn es auch nur einmal im Jahr ist, und die ansonsten ihre Zeit damit verbringen, darauf zu warten, daß die Zeit vergeht.
    Die Dampftrambahn kam aus der Stadt und führte bis zum großen Fluß; dann fuhr sie zurück. Die größeren Ortschaften liegen alle an der Landstraße, außer einer, die etwa zwei bis drei Kilometer von ihr entfernt ist. Die Lokalbahn lief am Straßenrand und hätte einen großen Bogen über Kanäle und Dämme machen müssen, um auch diese Ortschaft zu erreichen. Man hatte es daher vorgezogen, eine Anschlußlinie zwischen dem Dorf und der Landstraße zu bauen; ein Eisenbahnwagen holte die Leute aus dem Dorf und brachte sie zur Haltestelle der Trambahn an der Hauptstraße, oder er holte sie an der Haltestelle ab und brachte sie ins Dorf zurück.
    Dieser Wagen wurde jedoch von einem Pferd gezogen. Das letzte Pferd, das bei dieser Seitenlinie Dienst machte, war auch das beste, Bianco, ein schönes weißes Tier, das so aussah, als ob es von einem Denkmal herabgestiegen wäre. Zwischen den Schienen waren die Schwellen mit gestampftem Erdreich bedeckt, und Bianco trabte sechsmal am Tag diesen Weg. Wenige Augenblicke bevor der Wagen stehenblieb, verließ Bianco, sobald er die Bremsen kreischen hörte, das Geleise und lief zur Seite, so daß er diszipliniert stehenbleiben konnte, wenn der Schaffner «Brrr...» rief, ohne dabei Gefahr zu laufen, vom Wagen einen Puff abzubekommen.
    Bianco blieb mehrere Jahre im Dienst und verstand sich auf seinen Beruf. Er hatte ein vorzügliches Gehör und hörte schon die Dampfpfeife, wenn die anderen noch nicht einmal davon träumten.
    Er hörte das Pfeifen schon, wenn die Trambahn ihre Ankunft in Trecastelli ankündigte. Dann begann Bianco mit den Hufen auf dem Stallboden zu scharren. Das bedeutete, daß es Zeit war, ihn vor den Wagen zu spannen, wenn man rechtzeitig die Leute aufladen, abfahren und fünf Minuten vor dem Erscheinen der Trambahn an der Landstraße eintreffen wollte.
    An dem Tag, als man zum erstenmal das Pfeifen nicht hörte, weil die Trambahn nicht mehr erschien, war Bianco ganz außer sich und stand mit gespitzten Ohren und angespannten Muskeln bis zum Abend. So ging es die ganze Woche. Dann beruhigte er sich endlich.
    Bianco war ein schönes großes Tier, und als ihn die Bahnverwaltung versteigerte, gab es fast eine Schlacht, weil ihn alle kaufen wollten. Barchini blieb zum Schluß Sieger und spannte das Pferd vor einen neuen roten Karren mit hohen Seitenwänder; Bianco bewährte sich auch zwischen den Deichselstangen, daß es nur so eine Freude war.
    Nur als man ihn das erste Mal einspannte, hätte er beinahe Barchini, der, auf einem hohen Rübenhaufen sitzend, die Zügel hielt, in Verlegenheit gebracht. Als nämlich Barchini «Brrr...» rief und die Zügel anzog, um stehenzubleiben, sprang Bianco nach links aus der Fahrtrichtung, und nur wie durch ein Wunder blieb Barchini oben.

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