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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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betrunken war. Er hatte sich niemals mit Politik befaßt und hielt sich stets von ihr fern; sich mit Politik zu beschäftigen, ist nämlich auch eine Arbeit, die oft geradezu eine Plage wird.
    Als eines Morgens Carestia, der schon seinen Rausch von vor fünf Tagen völlig vergessen hatte, zur Tür ging, hielt ihn Marina zurück.
    «Du sollst heute nicht ausgehen, im Dorf ist dicke Luft.»
    «Dicke Luft nur für den, der sie sucht», antwortete Carestia. «Ich interessiere mich nur für ein paar Gläser Wein.»
    «Wenn du auch willst, du kannst der dicken Luft nicht entgehen», erwiderte Marina. «Man streikt, und Streikposten gehen um. Es sind alles Leute von auswärts, und sie verprügeln jeden, ohne überhaupt sein Gesicht anzuschauen.»
    Es war tatsächlich eine recht böse Sache. Die Roten hatten einen Generalstreik beschlossen. Die Streikposten wurden unter den einzelnen Dörfern ausgetauscht, damit man sie nicht erkennen könne, alle hatten daher diesmal eine tolle Angst vor ihnen. Die Felder lagen verlassen, weil auch die Grundbesitzer Angst hatten, diese häßlichen herumstreifenden Fremden könnten auch sie selbst für Streikbrecher halten und verprügeln.
    «Bleib zu Hause», sagte Marina zu Carestia. «Wenn sie dich für einen halten, der arbeiten will, bringen sie dich um.»
    Carestia lachte und ging fort.
    Zwanzig Minuten später sah der Besitzer von Pioppa Carestia vor sich erscheinen und schaute ihn mißtrauisch an.
    «Was wollen Sie hier?» fragte er ihn finster.
    «Ich will arbeiten», antwortete ruhig Carestia. «Wenn alle anderen arbeiten, hat es gar keinen Sinn, daß auch ich arbeite. Meine Arbeit ist nur dann wichtig, wenn die anderen nicht arbeiten.»
    Der Gutsbesitzer von Pioppa schaute ihn fassungslos an und zeigte ihm den Stall, in dem die Kühe mit vollem Euter nach dem Melken schrien.

    Gegen Abend kam wie üblich zu Marina ein Bub, und Marina folgte ihm wie üblich mit dem Karren hinter sich.
    Sie fand Carestia verlassen und bewußtlos am Straßenrand neben einem Schotterhaufen. Man hatte ihn erwischt, als er aus dem Stall ging, und ihn verprügelt. Er war blutüberströmt.
    Marina lud ihn auf den Karren. Sie zerriß ihr Hemd unter dem Kleid und verband seine größten Wunden, und das Blut färbte die weißen Streifen sogleich rot. Sie wusch ihm das Gesicht mit dem Wasser aus dem Straßengraben.
    An der Kreuzung schlug sie die Straße ein, die mitten durchs Dorf führt. Die Roten waren alle auf dem Platz, und die Leute spähten durch die Schlitze der Fensterläden.
    Marina erschien überraschend, sie ging langsam und schob den Karren mit dem bewußtlosen und blutenden Körper Care-stias vor sich her.
    Sie war stolz wie eine Königin und schöner denn je.
    Der Haufen der Roten teilte sich und ließ sie durch, alle schwiegen und schauten fassungslos die Frau an, die den Karren schob, auf dem leblos der freie Arbeiter Carestia lag.

    Einen Monat mußte Carestia im Bett bleiben, bevor er wieder auf den Beinen stehen konnte. Und als Marina sah, daß er wieder beisammen war, faßte sie ihn an den Schultern.
    «Schwöre, daß du nie mehr arbeiten wirst», rief sie. «Schwöre mir das!»
    Carestia wollte nicht, schwor aber dann doch. Und er hielt sein Wort.

Der Ring

    Wer die Geschichte nicht kennt, müßte sich wundern, daß es Gisa immer übel wurde, wenn sie ein bestimmtes Zimmer im Erdgeschoß betrat, das voll Staub und Unordnung war, eine Art Magazin, ein Durcheinander von Möbeln, Koffern, Kisten, Bildern usw. ; kennt man aber die Geschichte, so ist alles klar.
    Es handelt sich um ein Bildnis in Farben, auf dem die Frau des Podestà in großer Aufmachung zu sehen war, wie eine Kaiserin, auf einem Stuhl mit hoher Lehne; ihre linke Hand hing lässig über die Seitenlehne herab, anscheinend zufällig, in Wirklichkeit aber absichtlich, um den berühmten Ring richtig zur Geltung zu bringen.
    Immer, wenn Gisa dieses Porträt sah, wurde es ihr übel. Niemand zwang Gisa, diesen Raum zu betreten und das Bildnis zu betrachten. Und doch ging Gisa wenigstens einmal täglich gerade in dieses Zimmer und ausgerechnet, um das Bildnis anzuschauen, als ob sie einen Gefallen daran gefunden hätte, daß es ihr dabei übel werde.
    Übrigens gab es auf dem Gut der Pilastri schon lange keine Torconi mehr; offensichtlich hatten diese auch gar nicht die Absicht, wieder einzuziehen, denn die Luft war ihnen dort zu schlecht. Und auch wenn sie zurückgekehrt wären, die Biolchi hätten sie mit einem regelrechten

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