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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Grenzen der Kultur stehen und mit grimmigen Augen auf die Festung Christi blicken? Ist das vielleicht ein Vorzeichen? Soll das vielleicht heißen, daß diese Barbaren nie in unsere Täler herabsteigen werden oder, wenn sie es versuchen sollten, daß unser Glaube und unsere Arme stark genug sein werden, dich zu verteidigen...?»
    Peppone, der in der ersten Reihe stand, um «die Erscheinung» aufmerksam zu verfolgen, wandte sich zu Smilzo.
    «Wen kann er da nur meinen?» fragte er leise.
    «Bah!» antwortete Smilzo, mit den Achseln zuckend. «Die üblichen Hirngespinste der Pfaffen...»

Die Erscheinung mit dem grünen Hut

    Es war schon lange Nacht. Don Camillo hatte noch die Augen offen und suchte noch immer im Bett die richtige Lage zu finden.
    Er hörte die Stunden auf dem Turm schlagen; nun war es schon Sonntag, und zwar nicht irgendein beliebiger Sonntag, sondern der Wahlsonntag.
    Die Roten waren in der Gegend fest verankert, und der Gedanke, daß man sie aus der Gemeinde verjagen könnte, brachte Don Camillo in Raserei.
    Als es am Turm zwei Uhr schlug, sprang Don Camillo aus dem Bett. Er kleidete sich an und ging auf den dunklen und leeren Kirchenplatz hinaus.
    Er betrat die Kirche durch das Turmpförtchen und kniete vor Christus am Hochaltar nieder. Er begann zu beten.
    Die Kirche war nur durch eine vor dem Altar hängende Lampe beleuchtet, und die Stille schien in diesem Halbdunkel noch tiefer zu sein.
    Es schlug halb drei, und die Glockenschläge fielen in die Stille wie Bomben, dann erstarben sie; ein wenig später aber ließ etwas anderes Don Camillo unruhig werden.
    Jemand arbeitete vorsichtig am Schloß des Turmpförtchens. Eine Täuschung war ausgeschlossen. Da stand Don Camillo auf und verschwand geräuschlos im nächsten Beichtstuhl.
    Er hörte, wie der Riegel zur Seite geschoben wurde, hörte das Tor aufgehen und sich schließen, hörte, daß jemand die Kirche betrat. Don Camillo rührte sich nicht, er wartete und hielt den Atem an, dann schob er mit einem Finger den Vorhang des Beichtstuhls ein wenig beiseite.
    Unbeweglich wie eine Säule stand ein Mann aufrecht vor dem Hochaltar und schaute hinauf.
    Es verging eine lange Zeit, dann seufzte der Mann tief.
    Er murmelte etwas, man konnte aber nicht verstehen, was er sagte. Stehend murmelte er lange so; dann setzte er sich in eine der Bänke und nahm sein Gesicht zwischen die Hände.
    Don Camillo rührte sich nicht um einen Millimeter und wartete zusammengekauert im Beichtstuhl. Eine wohlige Schlaffheit ergriff ihn.
    Er erwachte jählings.
    Die Kirche war leer und voll Licht, Don Camillo lag wie ein Sack im Beichtstuhl und hatte verteufelt Mühe, seine große Maschine aus Knochen und Fleisch wieder in Gang zu setzen.
    Er schaute auf die Uhr.
    «Fast sechs!» sagte er. «Merkwürdige Sache, mein Jesus. Ich träumte, daß jemand in die Kirche gekommen war, um zu beten, gegen halb drei. Ich träumte, daß er durch das Turmpförtchen hergekommen war, dessen Schloß er mit einem Sperrhaken aufgemacht hatte. Noch nie habe ich so etwas Dummes geträumt! Träume sind etwas Merkwürdiges.»
    Christus seufzte.
    «Wirklich etwas Merkwürdiges, die Träume, besonders wenn sie beim Weggehen den Hut vergessen.»
    Don Camillo schaute sich um und sah auf der Bank, gerade wo er den heimlichen nächtlichen Besucher sitzen gesehen hatte, tatsächlich einen grünen Hut Hegen.
    Don Camillo nahm den grünen Hut und drehte ihn in den Händen.
    «Was soll ich damit machen?»
    Christus lächelte.
    «Laß ihn auf der Bank, Don Camillo. Tu so, als ob jener, der ihn hiergelassen hat, einen Platz besetzen wollte. Eines Tages kommt er wieder.»
    Don Camillo schüttelte den Kopf.
    «Sei zuversichtlich, Don Camillo», sagte Christus. «Es geht nicht darum, ob das in einem Monat oder in einem Jahr oder erst nach mehreren Jahren geschehen wird. Eines Tages wird er zurückkommen, ohne das Turmpförtchen zu benützen und ohne einen Sperrhaken zu benützen. Und dann wird er nicht kommen, um von mir den Wahlsieg zu erbitten.»
    «Dein Wille geschehe», flüsterte Don Camillo und legte Peppones grünen Hut auf die Bank zurück.

    Die letzte Versammlung vor den Gemeindewahlen hatte Peppone Samstag nachmittag abgehalten. Am Vormittag hatte auf dem Platz ein «großes Tier» von der gegnerischen Partei, einer von der anderen Liste, gesprochen.
    Es war einer aus der Stadt, der wußte, was er wollte.
    «Wir werden auch diesen Ort von den roten Eindringlingen befreien», schrie er, «von den

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