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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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geschmückt, und besonders in der Hauptstraße war alles wirklich herrlich; das war jene endlose Straße, mit Bogengängen links und rechts. Jedes Fenster war mit Kerzen und Girlanden geschmückt, von allen Fenstern regnete es Blumen.
    Unglücklicherweise hatte die Straße ein Katzenkopfpflaster, und der Lastwagen hatte nicht nur diese tückische Kupplung, sondern auch eisenharte Reifen, so daß er, auch wenn er langsam fuhr, wie auf einem Ball herum tanzte.
    Die «Madonna brutta» schien aber mit dem Lastwagen verwachsen zu sein, und das war das persönliche Verdienst Don Camillos.
    In der Mitte der Straße mit den Bogengängen begann das gemeinste Stück, weil hier das ohnedies schlechte Pflaster noch überall aufgerissen war, denn man hatte dort vor kurzem Rohre verlegt, und so war die Straßendecke voller Löcher.
    «Wenn man hier glücklich durchkommt, dann ist die Gefahr vorbei», sagten die Leute, die zwar zu Don Camillos Seilen größtes Vertrauen hatten, aber dennoch einen großen Abstand von dem Lastwagen hielten.
    Die «Madonna brutta» kam aber nicht durch das gefährliche Stück.
    Sie fiel nicht um, weil Don Camillos Seile wie von Samson angezogen waren; sie machte einen plötzlichen Sprung - und siehe, die Statue zerbröckelte.
    Es war nicht gebrannter Ton, es war etwas Grobes, eine Mischung aus Ziegelstaub, Gips, Kalk und Gott weiß noch was allem - und dieser Brei zerbröckelte nach dem letzten dieser zwei- oder dreitausend mörderischen Stöße, und die Stücke fielen auf die Erde und zerkrümelten.
    Der Schrei, der der Menge entstieg, galt nicht dem Umstand, daß die «Madonna brutta» in Stücke gegangen war.
    Er galt der «Madonna bella», der schönen Madonna.
    Die Leute rissen die Augen auf und erhoben ein schreckliches Geschrei, denn auf dem Sockel, der noch immer am Lastwagen festgebunden war, erschien glänzend, wie eine silberne, von ihrer groben Schale befreite Frucht, eine herrliche Madonna, kleiner als die andere, aber ganz aus Silber.
    Auch Don Camillo bewunderte sie fassungslos, und es kamen ihm die Worte Christi in den Sinn: «Die wahre Schönheit ist nicht äußerlich, die Augen können sie nicht sehen, weil sie innerlich ist und dem Zahn der Zeit widersteht und nicht, so wie die äußerliche Schönheit, zu Erde in der Erde wird...»
    Er schaute sich um, weil eine Alte zu schreien begonnen hatte: «Ein Wunder! Ein Wunder!»
    Mit einem donnernden Gebrüll brachte er sie zum Schweigen, bückte sich dann und klaubte ein Stück der «Madonna brutta» auf. Es war ein Stück vom Gesicht, eines jener bösen Triefaugen, die er so oft haßerfüllt betrachtet hatte.
    «Wir werden dich wieder Stück für Stück zusammensetzen», sagte Don Camillo mit lauter Stimme. «Wenn wir auch dafür ein Jahr oder zehn Jahre aufwenden müssen, wir werden dich wieder aufstellen, du arme (Madonna brutta), die uns die silberne Madonna vor der Raubgier gerettet hat, die seit dem siebzehnten Jahrhundert in der Welt herrscht. Wer dich in Eile geformt und mit deiner Kruste die silberne Madonna bedeckt hat, machte dich häßlich und armselig, um dich vor dem Zugriff von Plünderern zu schützen, die vielleicht bereits unterwegs waren zu diesem Dorf oder zu einem anderen oder zu einer Stadt, wo du warst und woher du dann zu uns gekommen bist. Jetzt werden wir dich wieder zusammensetzen, Stück für Stück, und du wirst neben der silbernen Madonna auf dem Altar stehen. Ich habe unabsichtlich dein schlimmes Ende verursacht, ...»
    Hier sagte Don Camillo die unverschämteste Lüge seines Lebens. Andererseits aber konnte er nicht so, coram populo, erklären, daß er den längsten und steinigsten Weg ausgesucht hatte, daß er die Reifen bis zum Platzen aufgepumpt, die Kupplung verstellt und schließlich dem Schotter, dem Katzenkopfpflaster und den Straßenlöchern mit Hammer und Stemmeisen nachgeholfen hatte, daß er hier und dort in die Statue ein kleines Loch oder einen schmalen Riß gemacht, aber sofort damit aufgehört hatte, da ihm klargeworden war, daß es sich nicht um gebrannten Ton, sondern um eine Art Stuck handelte, der von allein abbröckeln würde. Er würde es Christus am Hochaltar anvertrauen, der ohnedies schon alles ganz genau wußte...
    «Du, arme , du hast die silberne Madonna vor den raubgierigen Klauen der Barbaren gerettet, die unser Land seit alten Zeiten immer wieder heimgesucht haben. Wer wird die silberne Madonna vor den heutigen Barbaren retten, die drohend an den

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