Don Camillo und seine Herde
gelang es ihm immer, die Dinge ohne allzu großen Schaden, weder für sich selbst noch für die andern, in Ordnung zu bringen.
Jetzt war der Puffer nicht mehr da, und die Roten und ihre Gegner kamen in unmittelbare Berührung. Es gab unter den andern harte Burschen, und am härtesten war Dario Cagniola, ein großer Landbesitzer, der sein Gut selbst führte, ein Mann, der sein Vermögen durch Arbeit erworben hatte und daher entschlossen war, es mit den Zähnen zu verteidigen.
Cagniola ließ sich durch Drohungen und Warnungen nicht einschüchtern. Wenn seine Arbeiter an Streiktagen keinen Mut hatten zu arbeiten, dann pflegte Cagniola vom anderen Flußufer Scharen von freien Arbeitern mit vertrauenerweckenden Gesichtern kommen zu lassen, die zu allem entschlossen und keine Streikposten in der Nähe des Hofes der Cagniola zu dulden bereit waren.
Dario Cagniola war Volksfeind Nummer eins, wie ihn die Roten nannten, und Cagniola war, um bei der Wahrheit zu bleiben, so vernünftig, sich möglichst wenig im Dorf zu zeigen. Manchmal mußte er aber hereinkommen, und er konnte die vernünftige Vorsicht nicht so weit treiben, daß er sich einen falschen Bart umhängte oder sich als Kapuziner verkleidete.
Das letzte Mal war es am Abend, und er konnte niemanden an seiner Stelle schicken, weil sich Dario Cagniola einen Stockzahn reißen lassen mußte. Sobald ihm aber der Zahnarzt den Mund in Ordnung gebracht hatte, ging Cagniola geradewegs zu dem kleinen Platz, wo er seinen Wagen gelassen hatte. Er beeilte sich, wurde aber gesehen.
Zwei oder drei Tage vorher gab es einen Zwischenfall mit einigen Stieren von der Jugendgruppe der Roten, die in den Hof des Cagniola eingedrungen und Cagniola selbst begegnet waren, dem sie die üblichen Friedenslisten und ähnliches Zeug zur Unterschrift vorgelegt hatten. Und Cagniola hatte vom Boden einen Pfahl aufgehoben und geantwortet, daß er bereit sei, zu unterschreiben, aber nur mit dieser Füllfeder. Hierauf machten die beiden Jungstiere ohne weitere Debatte kehrt.
Sie hatten natürlich auf ihre Art und Weise darüber Bericht erstattet, und so kam es, daß an jenem denkwürdigen Abend, als Cagniola von einem Roten im Dorf gesehen wurde, im Haus des Volkes Alarm gegeben wurde. Bigio und zwei andere rannten sofort heraus und holten Cagniola auf dem kleinen Platz ein, als er gerade seinen Wagen besteigen wollte.
Sie waren drei starke Männer, Cagniola war aber der Peppone des andern Lagers, und wenn er eine Ohrfeige austeilte, pfiff es nur so durch die Luft.
Das Gespräch wurde sehr lebhaft; als er Bigio und die beiden andern vor sich sah, lehnte sich Cagniola mit dem Rücken an die Wagentür und preßte die Zähne zusammen.
«Ich möchte gerne die Füllfedermarke sehen, die Sie unlängst unseren Burschen gezeigt haben», sagte Bigio drohend.
«Ich habe sie nicht bei mir, ich habe aber eine andere Marke», antwortete Cagniola und fischte mit der rechten Hand einen großen Schraubenschlüssel aus dem Wagen. «Das neueste Modell», erklärte er.
Einer von den beiden Anfängern holte einen Stock hervor, den er bisher hinter seinem Rücken versteckt hatte, kam aber nicht dazu, ihn zu benützen, weil er von Cagniola einen Fußtritt gegen das Schienbein erhielt, der ihn zu Boden streckte.
Bigio fiel über Cagniola her, kam aber nicht weit, denn der Schraubenschlüssel der Reaktion sauste auf seinen Kürbiskopf nieder.
Als die zwei Anfänger Bigio mit blutigem Kopf zu Boden fallen sahen, rannten sie davon.
Gerade in diesem Augenblick fuhr Peppone, der aus der Stadt kam, mit dem Motorrad und Smilzo als Sozius vorbei.
Peppone stieg nicht vom Motorrad, sondern er sprang mit einem Satz ab. Cagniola hatte nicht einmal Zeit, Verteidigungsstellung einzunehmen, als ihn schon Peppones Faust wie ein Blitz traf. Am Kinn getroffen, fiel Cagniola nach hinten um und schlug im Fallen mit dem Kopf gegen die Stoßstange seines Wagens.
«Als ich ihn so fallen sah und er mit blutigem Kopf unbeweglich am Boden liegenblieb, begriff ich sofort, eine große Dummheit gemacht zu haben», sagte Peppone am Ende seiner Erzählung.
«Du warst schon immer sehr intelligent», bemerkte Don Camillo. «Und dann?»
«Na, und dann, der Platz war leer, und da ich hörte, daß jemand kam, bestieg ich wieder das Motorrad und machte mich zusammen mit Smilzo aus dem Staub. Niemand hat uns gesehen, weil es schon neun Uhr war und regnete. Als wir zur Einmündung des Maultierweges kamen, fuhr Smilzo mit dem Motorrad weiter, und
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