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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Mädchen.
    «Rosa, hier ist es gefährlich, weil das Wasser kommt. Wenn du gehen willst, dann geh nur ruhig.»
    Das Mädchen schüttelte abweisend den Kopf, ging zum Fenster, machte die Läden zu und verriegelte sie.
    «Der Blitz soll euch beide treffen!» murmelte die Frau, die den Trick versucht hatte.
    Die Enkel bemerkten, daß es schließlich allen recht sein könne, wenn diese zwei Verrückten krepierten.
    Marolis Söhne waren verdrossen und sagten nichts. Als sie aber mit ihrer Habe auf dem Damm waren, schauten sie auf das Haus hinunter, und der Ältere sagte wütend:
    «Auch das wird eines Tages vorbei sein. Wenn wir aber einmal zurückkommen, dann bringen wir alles zusammen für immer in Ordnung. Er kommt ins Spital und sie ins Irrenhaus.»
    Der Bruder stimmte zu.
    «Diesmal entkommen sie uns nicht.»

    Der Alte und das Mädchen blieben allein in dem verlassenen Haus, und niemand wußte, daß sie dort waren.
    Sobald das Mädchen sicher war, daß sich alle entfernt hatten, ging es hinab und verriegelte alle Türen und Fenster des Hauses. In den Zimmern des ersten Stocks und im Getreidekasten gab es genug Lebensmittel. Der Alte ließ alles Notwendige in seine Kammer bringen. Dann sagte er dem Mädchen, sie möge eine große Korbflasche heraufbringen; das Mädchen füllte sie nach und nach mit Wasser, das sie in der Küche pumpte und in einer Kanne hinaufbrachte.
    Am Abend war das Mädchen todmüde und legte sich auf einer Matratze nieder, die sie auf dem Boden ausgebreitet hatte.
    «Es besteht die Gefahr, daß diese verdammten Seelen in der Nacht zurückkommen», murmelte der Alte. «Schlaf nur ruhig, ich werde wachen. Wenn ich etwas höre, wecke ich dich.»
    So saß er im Finstern auf dem Bett, mit der Doppelflinte in den Händen. Es kam aber niemand.
    Am nächsten Morgen bahnten sich die Fluten einen Weg unter dem Damm, und das Wasser kam in den Hof.
    «Jetzt wird uns niemand mehr stören», sagte der Alte.
    Gegen elf hörten sie die Glocken läuten, und der Alte schickte das Mädchen auf den Dachboden, um Ausschau zu halten.
    Das Mädchen blieb eine Weile oben, und als es zurückkam, meldete es:
    «Das Kirchentor steht weit offen, und überall ist Wasser. Der Damm ist voll von Menschen.»
    Um drei kam das Mädchen, das inzwischen wieder auf Wache gegangen war, herunter.
    «Ein Boot mit einigen Leuten ist da, sie rudern von Haus zu Haus!» schrie sie.
    Maroli seufzte.
    «Rosa, wenn du gehen willst, dann geh!»
    «Wenn sie uns holen kommen, legen wir Feuer an den Heustadel!» antwortete das Mädchen.
    Das Boot fuhr am Haus der Maroli vorbei, und das Mädchen spähte durch eine Ritze der Fensterläden.
    «Im Boot ist auch der große Mann, der Schmied, der immer mit einem roten Halstuch hcrumläuft», berichtete sie dem Alten.
    Man hörte Peppones Stimme.
    «He! I st noch jemand da?»
    Der Alte und das Mädchen hielten den Atem an, und das Boot entfernte sich.
    «Sie haben anscheinend Angst und niemandem etwas gesagt», brummte der Alte, «jetzt werden wir Ruhe haben.»

    Don Camillo erwachte jählings und fand sich im Dunkeln. Er hatte den ganzen Nachmittag geschlafen, denn er war todmüde, und jetzt war schon Abend. Er machte das Fenster auf und sah in der Ferne, am Horizont dieser unendlichen Wasserfläche, die ihm wie ein Meer vorkam, als ganz dünnen Strich, wie wenn ihn jemand mit einem Rotstift gezogen hätte, das Abendrot.
    Er fühlte sich von dieser großen Stille bedrückt. Er erinnerte sich der beleuchteten Fenster wie einer längst vergangenen Sache, wie eines Traumes. Jetzt waren alle Häuser dunkel, und das Wasser reichte bis achtzig Zentimeter unter die Decke im Erdgeschoß.
    Er hörte das ferne Heulen eines Hundes und dachte unwillkürlich an Ful.
    Wo war Ful? Wo war er, als das Wasser das Dorf überschwemmt hatte?
    Das Heulen dauerte an und schien nicht einmal so sehr aus der Ferne als aus dem Untergeschoß zu kommen. Er hatte fast Angst vor diesem geheimnisvollen Heulen, das nicht aufhören wollte und von unten kam.
    Nun zündete Don Camillo eine Lampe an, nahm eine Eisenstange, kniete nieder und löste eine Platte aus dem Fußboden heraus. Er machte ein Loch im Boden, und darunter war Ful und bellte auf einem Floß, das einfach der umgekehrte Tisch war.
    Das Wasser hatte den Hund außerhalb des Hauses überrascht. Und als dann Ful, Gott weiß wie, nach Hause zurückgekehrt war, stand das Wasser einen Meter achtzig hoch; Ful war durch die Tür hereingeschwommen und befand sich im Speisezimmer.

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