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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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treten tosend aus dem Flußbett und dringen überall ein. Eines Tages werden sie aber besänftigt in ihr Bett zurückkehren, und die Sonne wird wieder scheinen. Und wenn ihr alles verloren habt, ihr werdet noch immer reich sein, wenn ihr den Glauben an Gott nicht verloren habt. Wer aber an der Güte und Gerechtigkeit Gottes zweifelt, wird arm und elend sein, wenn er auch sein ganzes Hab und Gut gerettet hat. Amen.»
    Don Camillo sprach in der verlassenen und überschwemmten Kirche, während die Menge auf dem Damm unbeweglich zum Glockenturm blickte. Und sie blickte immer noch zu ihm, als vom Turm das Geläute der Wandlung kam; die Frauen knieten auf der nassen Erde nieder, und die Männer beugten das Haupt.
    Die Glocke läutete wieder beim Segen. Jetzt, da in der Kirche die Messe aus war, regten sich die Leute wieder und plauderten mit verhaltener Stimme; aber nur aus Verlegenheit, denn sie warteten auf weiteres Glockengeläute.
    Etwas später begann die Glocke wieder munter zu läuten, und die Männer holten die Uhren hervor.
    «Ach ja, es ist schon Mittag», sagten sie. «Es ist Zeit, nach Hause zu gehen.»
    Und sie stiegen wieder auf ihre Fahrräder und Motorräder und fuhren zu ihren Kindern und zu ihren Sachen in den fremden und ungastlichen Zufluchtsorten.
    Sie schauten noch einmal nach ihren armen Häusern, die auf dem schlammigen Meer zu schwimmen schienen. Vielleicht dachten sie aber:
    «Solange Don Camillo im Dorf ist, ist alles gut.»
    Als Don Camillo nach der Messe auf den Turm gestiegen war, weil er sehen wollte, was die Menge auf dem Damm machte, war das Wasser auf dem Boden der Kirche vier Finger hoch.
    Als er wieder herunterkam, reichte ihm das Wasser bis zu den Knien. Ehe er die Kirche verließ, ging er noch einmal zum Hochaltar, schaute zum gekreuzigten Christus hinauf und flüsterte:
    «Jesus, vergib mir, daß ich nicht niederknie, wie es sich gehört. Wenn ich aber auf die Knie falle, geht mir das Wasser bis zum Hals.»
    Don Camillo hatte das Haupt gebeugt, und so konnte er nicht sehen, ob Christus gelächelt hatte. Er war aber dessen sicher, weil er in seinem Herzen eine Wärme verspürte, die ihn vergessen ließ, daß ihm das Wasser bereits bis zum Gürtel reichte.
    Er paddelte heftig zum Pfarrhof hinüber, fand dort eine Holzleiter, die im Wasser herumschwamm, richtete sie auf und betrat das Haus durch ein Fenster im ersten Stock.
    Er zog sich um, aß ein wenig und legte sich ins Bett. Gegen drei Uhr nachmittags hörte er jemanden am Fenster klopfen.
    «Herein!» sagte Don Camillo. Peppones Gesicht erschien im Fensterrahmen.
    «Wenn Sie wollen», murmelte Peppone, «hier wartet ein Boot auf Sie.»
    «Ich will nicht!» antwortete Don Camillo. «Die Wache fällt, sie ergibt sich nie.»
    «Dann gehen Sie zum Teufel!» schrie Peppone und schlug das Fenster zu.
    Als das Boot am weitgeöffneten Kirchentor vorüberfuhr, brüllte Peppone die Ruderer an: «Paßt dort links auf, ihr Trottel!»
    Als dann alle nach links schauten, konnte Peppone den Hut abnehmen und wieder aufsetzen, ohne daß ihn jemand gesehen hatte.
    Peppone zerbrach sich die ganze Zeit den Kopf, konnte aber nicht verstehen, was Don Camillo damit hatte sagen wollen, als er von einer Wache sprach, die stirbt, sich aber nicht ergibt.
    Eines aber war sicher: Jetzt, da er wußte, daß Don Camillo im Dorf blieb, kam ihm die Gegend weniger arg überschwemmt vor.

    9

Jeder auf seinem Posten

    Maroli war alt wie Methusalem und nur noch ein Haufen Knochen; wenn er aber wollte, konnte er eigensinnig sein wie ein junger Mann von fünfundzwanzig Jahren.
    Am Tag, an dem wirklich alles schiefgegangen war, warfen auch die beiden Söhne Marolis die wichtigsten Sachen auf den Karren und bereiteten sich vor, das Haus mit der ganzen Sippe zu verlassen. Der Alte aber sagte, daß er nicht weg wolle.
    «Das ist mein Haus, und hier bleibe ich.»
    Die zwei Männer versuchten, ihn zu überzeugen, und erklärten ihm, daß das ganze Dorf geräumt wird, weil das Wasser jeden Augenblick den Damm aufreißen könne. Maroli aber schüttelte nur den Kopf.
    «Ich gehe nicht weg. Bin krank. Will hier sterben, in meinem Haus! Ich will in diesem Bett sterben, in dem meine Frau gestorben ist.»
    Dann versuchten es die beiden Schwiegertöchter. Der Alte war aber hart wie Stein.
    In einem günstigen Augenblick trat der älteste Sohn an das Bett.
    «Genug!» schrie er. «Du packst ihn von der andern Seite und ihr beide an den Füßen. Wir tragen ihn zusammen mit der

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