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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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von jenen bist, die den Himmel auf Erden versprechen!»
    Nero schaute ihn an.
    «Das ist anständiger, als das Paradies im Himmel zu versprechen. Während wir nämlich Dinge versprechen, die man sehen und prüfen kann, versprecht ihr Dinge, die niemand sehen oder prüfen kann.»
    «Keine Angst», erwiderte der alte Molotti und hob warnend den Finger. «Du wirst schon an die Reihe kommen, und dann wirst du sehen und prüfen können.»
    Nero lachte vergnügt.
    «Ich tot, die Welt tot. Wenn ich einmal krepiere, ist alles aus. Im Jenseits gibt es nur den Priesterklatsch.»
    Der alte Molotti seufzte.
    «Gott schütze deine Seele!»
    Nero hämmerte schon wieder.
    «Ist das nicht verrückt?» murmelte er. «Daß man überhaupt noch solch einen Unsinn zu hören bekommt! Die Seele! Die Seele, die mit Flügeln in den Himmel fliegt, um den Lohn zu empfangen! Diese Leute halten uns wirklich für Idioten!»
    Der alte Molotti kam näher.
    «Wenn ich nicht sicher wäre, daß du nur so sprichst, um dich wichtig zu machen, und daß du in deinem Inneren ganz anders denkst, würde ich antworten, daß du ein armer Narr bist.»
    «Ihr seid Narren, ihr aus dem bürgerlichen und dem klerikalen Lager, die ihr glaubt, daß wir das fressen!» brüllte Nero. «Ich weiß ganz genau, was ich sage, und ich denke so, wie ich spreche.»
    Der alte Molotti schüttelte den Kopf.
    «Du bist also sicher, daß die Seele mit dem Körper stirbt?»
    «So sicher, wie ich sicher bin, daß ich lebe. Es gibt keine Seele!»
    «Ausgerechnet! Und wenn es keine Seele gibt, was hast du dann da drinnen?»
    «Lunge, Leber, Milz, Hirn, Herz, Magen und Eingeweide. Wir sind Maschinen aus Fleisch, die so lange funktionieren, solange die Organe funktionieren. Wenn ein Organ eine Panne hat, bleibt die Maschine stehen - und wenn der Arzt die Panne nicht behebt, stirbt die Maschine.»
    Der alte Molotti breitete entsetzt die Arme aus.
    «Die Seele», schrie er, «die Seele ist der Lebenshauch!»
    «Kindermärchen», entgegnete Nero. «Versuchen Sie nur, die Lunge herauszunehmen, dann würden Sie etwas erleben! Wenn die Seele wirklich der Lebenshauch wäre und so weiter, dann müßte der menschliche Körper auch ohne innere Organe funktionieren können!»
    «Du lästerst!»
    «Ich denke. Ich sehe, daß das menschliche Leben an innere Organe gebunden ist. Ich habe noch nie einen Menschen sterben gesehen, weil man ihm die Seele genommen hätte. Und wenn, wie Sie sagen, die Seele der Lebenshauch ist, dann leben auch die Hühner nur, weil sie eine Seele haben, und dann muß es auch für die Hühner eine Hölle, ein Fegefeuer und einen Himmel geben.»
    Der alte Molotti begriff, daß es zwecklos wäre, die Diskussion fortzusetzen, und ging weg. Er gab aber den Kampf nicht auf, und als gegen Mittag Nero zu hämmern aufhörte und sich im Haustor auf die Treppe setzte, um sein mitgebrachtes Essen zu verzehren, kam er wieder zu ihm.
    «Hören Sie zu, Molotti», warnte ihn Nero, sobald er ihn erblickte. «Wenn Sie gekommen sind, um wieder mit der Musik anzufangen, dann verschwenden Sie Ihren Atem.»
    «Ich habe gar keine Lust, mit dir zu streiten», erklärte der alte Molotti. «Ich komme, um dir ein Geschäft vorzuschlagen. Bist du wirklich sicher, daß du keine Seele hast?»
    Neros Miene verfinsterte sich, der Alte ließ ihm aber keine Zeit zu sprechen.
    «Wenn du wirklich sicher bist, daß du keine Seele hast, warum verkaufst du sie mir nicht? Ich gebe dir fünfhundert Lire.»
    Nero betrachtete die Banknote, die ihm der Alte reichte, und zersprang fast vor Lachen.
    «Das ist aber gut! Und wie soll ich Ihnen etwas verkaufen, was ich nicht besitze?»
    Der alte Molotti streckte nicht die Waffen.
    «Mach dir keine Sorgen, verkaufe mir nur ruhig deine Seele. Das heißt, wenn du keine hast, dann habe ich eben fünfhundert Lire verloren. Und wenn du eine hast, dann wird die Seele mein.»
    Nero belustigte sich, wie er sich noch nie im Leben belustigt hatte. Er dachte, Molotti sei infolge seines hohen Alters kindisch geworden.
    «Fünfhundert Lire ist zu wenig», erwiderte Nero lachend. «Sie müssen mir wenigstens tausend Lire geben.»
    «Nein», antwortete der alte Molotti. «Eine Seele wie deine ist nicht mehr als fünfhundert Lire wert.»
    «Entweder tausend oder nichts!» erklärte Nero hartnäckig.
    Molotti gab nach.
    «Na gut, tausend Lire. Bevor du nach Hause gehst, schließen wir das Geschäft ab.»
    Nero hämmerte munter bis zum Abend. Nun erschien der Alte wieder. Er hatte ein Blatt

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