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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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werde alle wegschicken... Nur wir zwei bleiben...»
    Der Bub antwortete nicht und spähte ununterbrochen mit weit aufgerissenen Augen herum, als ob er fürchtete, daß etwas Furchtbares eintreten werde. Man konnte aber nicht verstehen, worauf er wartete.

    Peppone sah dieses verschreckte Vöglein, wie es sich da oben anklammerte, und fühlte einen unendlichen Schmerz, als ob es sein eigener Sohn wäre.
    Der kleine Bub spähte indessen ununterbrochen herum; und auf einmal verstand man, was er so fürchtete, daß es eintreten werde.
    Man hörte einen kleinen, schrillen Angstschrei, und der Junge begann wieder verzweifelt zu klettern; auf dem Damm war der Wachtmeister mit vier Carabinieri erschienen.
    Peppone lief wie ein Verrückter, um sie vom Damm hinunterzuschmeißen. Es war aber schon zu spät. Der Bub hatte sie gesehen und war vor Schrecken wie wahnsinnig geworden. Und seine Hände hatten nun keine Kraft mehr.
    Ein Schrei unendlichen Schreckens durchschnitt die Luft. Und im Wasser des ruhigen Stromes bildeten sich Ringe.

    Don Camillo ging am Abend auf dem Damm hin und her, stieg dann zum Fluß hinunter und blieb unten am Wasser stehen. Wie viele Tage waren vergangen? Viele, vielleicht; was zählt aber die Zeit?
    Peppones Sohn war geheilt und hatte den Stein vergessen. Scartini hatte aber seinen Buben nicht vergessen, der so vor seinen Augen geendet hatte. Don Camillo betrachtete das Wasser des großen Flusses.
    «Du hörst die Stimmen der Berge und der Ebene», flüsterte Don Camillo. «Du hast die Schrecken der vergangenen Jahrtausende gesehen, und du siehst den Jammer unserer Tage. Du wirst auch diese Geschichte den Menschen erzählen, sage den Menschen: Sage den Menschen: »
    Der Fluß wälzt seine Fluten zum Meer. Seit hundert Milliarden Jahren stets dieselben Fluten. Die Geschichten fließen zum Meer und die Geschichten kommen vom Meer ins Gebirge und in die Ebene zurück. Und es sind immer dieselben, und die Menschen hören sie, verstehen aber nicht ihre Weisheit. Denn die Weisheit ist lästig, wie hundert und tausend und hunderttausend Don Camillos, die das Vertrauen in die Menschen verloren haben und jetzt zu den Fluten der Flüsse sprechen.

Der Handel

    Nero hämmerte schon drei Stunden, hatte aber nichts besonderes erreicht, weil die verfluchte Mauer ein einziger Steinblock zu sein schien, und die Ziegel nur stückweise herauszubekommen waren.
    Nero unterbrach die Arbeit, um sich den Schweiß von der Stirn abzuwischen, und als er die kleine Höhlung betrachtete, die herauszuschlagen ihm mit so viel Mühe gelungen war, ließ er einen Fluch los.
    «Man muß Geduld haben», sagte eine Stimme. Es war der Hausherr, der alte Molotti, der schon vor einigen Minuten hereingekommen war und von der Tür aus den Maurer beobachtet hatte.
    «Geduld genügt nicht!» rief Nero schlechtgelaunt. «Das ist keine Mauer, das ist ein Block aus Granit. Um durch ein solches Zeug eine Tür zu brechen, muß man schon mehr als Geduld haben!»
    Nero begann wieder wütend zu hämmern, ließ aber bald darauf den Hammer und das Stemmeisen fluchend fallen.
    Der Schlag war stark gewesen und danebengegangen. Und nun blutete der Zeigefinger der linken Hand.
    «Hab ich dir nicht gesagt, daß man Geduld haben muß!» rief der alte Molotti. «Wenn man Geduld hat, verliert man nicht die Ruhe und man schlägt sich nicht auf die Hände.»
    Nero fluchte wieder, und der alte Molotti schüttelte den
    Kopf.
    «Der liebe Gott hat mit deinem Finger nichts zu tun», sagte er. «Halte dich nicht an ihn, sondern an den, der den Schlag geführt hat, und denk daran, daß man leiden muß, um den Himmel zu verdienen.»
    Nero lachte höhnisch.
    «Man muß leiden, um ein Stück Brot zu verdienen!» sagte er. «Das ist schwerer, als den Himmel zu verdienen. Ich pfeife auf Ihren Himmel.»
    Nero war ungeachtet seines Namens, der «schwarz» bedeutet, rot wie das Feuer und einer der Hitzigsten in Peppones Bande. Der alte Molotti jedoch, wenn auch über neunzig, war nicht ein Mann, der leicht zu beeindrucken war.
    «So», sagte er, «du pfeifst auf den Himmel. Ich hatte vergessen, daß du einer

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