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Don Fernando erbt Amerika

Titel: Don Fernando erbt Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
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Morgen angezogen hatte, denn ihm war vage im Bewusstsein, dass diese pflichtvergessene Journalistin ihn in der Burg fotografiert hatte. Schamröte schoss ihm ins Gesicht. Aber dann kam ihm ein neuer Gedanke und er grinste fast. Wenn sie ihn fotografiert hatte, dann hatte sie auch seine Entführer auf dem Film. Das hieß, dass die Polizei ihnen wahrscheinlich bald auf die Spur kommen würde.
    Obwohl … Er fragte sich, welche Art Irrer seine Entführer waren. Sie hatten alle Rüstungen angehabt und er hatte kein Wort von dem verstanden, was sie sprachen. Deutsch war es jedenfalls nicht. Manches hatte spanisch geklungen, aber der Rest war ihm dann doch wieder fremd vorgekommen. Vielleicht Basken? Aber warum sollten ihn ausgerechnet Basken entführen? Das einzige, was er mit Spanien zu tun hatte, war, dass er dort schon einmal im Urlaub gewesen war. Undein politisches Motiv? Mein Gott, er war bloß Bürgermeister! Welcher Schwachsinnige kam auf die Idee, den Bürgermeister von Nürnberg zu entführen? Und wozu? Nein. Wahrscheinlich waren es ganz einfach Irre, die aus dem Bezirkskrankenhaus in Erlangen kamen.
    Oder es waren Jusos. Der Bürgermeister erbleichte bei dem neuen Gedanken. Diese Schweine hatten schon seine Wahlkampfplakate übermalt. Womöglich wollten die Linken ihn einfach aus dem Rennen nehmen, bis die Wahl gelaufen war. Der Bürgermeister schluckte trocken vor Angst. Mit Irren könnte er vielleicht fertig werden, vielleicht auch mit Basken. Aber mit Jusos?
    Die Zeit verging und er beruhigte sich wieder. Mittlerweile war es ihm gelungen, die Augenbinde ein Stück höher zu schieben. Er warf einen Blick auf den Keller und erschauerte. Dann scheuerte er so lange mit der Binde an der Wand, bis sie wieder sicher über seinen Augen saß. Dieser Keller war ein Albtraum.
    Nach einer sehr, sehr langen Zeit hörte er, wie die Kellertür aufgeschlossen wurde und einige Leute hereinkamen – offenbar seine Entführer, denn er hörte leise Metall klirren. Dann wurde er unsanft hochgezogen und auf einen Stuhl gesetzt. Seine Unterhose klebte ihm am Hintern, aber er hatte ja leider keine Hand frei. Man nahm ihm die Augenbinde ab. Er saß an einem Tisch, auf dem eine Kerze brannte. Ihm gegenüber, auf einem dreibeinigen Schemel, saß der Anführer seiner Kidnapper und hatte das Visier abgenommen. Er war nicht sehr groß, sein gutaussehendes Gesicht hager und von gelblichem Braun, er trug einen schwarzen Spitzbart, was ihm ein spanisches Aussehen verlieh. Er erinnerte den Bürgermeister an ein Gemälde, das er bei seinem Spanienurlaub im Escorial gesehen hatte.
    »Also, mein lieber Bürgermeister«, begann der Anführer mit einer überraschend höflichen und angenehmen Stimme. »Sie werden sich natürlich fragen, warum Sie hier sind.«
    Der Mann sprach deutsch mit einem kaum wahrnehmbaren Akzent, er rollte das »R« ein wenig, gerade genug, um ihn für einen Südländerhalten zu können. Der Bürgermeister schwieg. Ausnahmsweise. Der andere fuhr fort: »Um eines vorwegzunehmen, wir sind keine Jusos und auch nicht von ihnen beauftragt …«
    Der Bürgermeister fuhr hoch: »Woher wissen Sie …?«
    Der Anführer lachte leise: »Nein. Ich kann keine Gedanken lesen. Aber ich bin klug genug, um zu wissen, was im Kopf eines durchschnittlichen christsozialen Kommunalpolitikers vorgeht. Sogar eines unterdurchschnittlichen«, fügte er lächelnd hinzu. »Ich werde Ihnen gleich sagen, worum es geht. Aber dazu muss ich mich erst einmal vorstellen. Ich heiße Fernando Colon.«
    Er machte eine Pause und wartete auf eine Reaktion. Der Bürgermeister starrte ihn verständnislos an. Colon seufzte: »Sie sind noch unterdurchschnittlicher, als ich dachte. Aber Sie können den Namen ja im Lexikon nachschlagen, wenn Sie wieder nach Hause kommen. Oder besser«, hier grinste er böse, » falls Sie wieder nach Hause kommen.«
    »Was soll das denn?«
    Der Bürgermeister war empört aufgesprungen, aber die zwei anderen Ritter drückten ihn wieder auf den Stuhl. »Was zum Teufel wollen Sie eigentlich von mir?«
    »Oh«, sagte Colon nachlässig und besah sich angelegentlich seine Fingernägel, »nichts Besonderes. Ich benötige lediglich eine bestimmte Urkunde aus dem Stadtarchiv.«
    »Was?«, schrie der Bürgermeister. »Dafür haben Sie mich entführt? Für eine bescheuerte Urkunde aus dem Archiv? Gehen Sie doch einfach hin und beantragen Sie die Urkunde! Sie sind ja völlig irre!«
    »Mein lieber Bürgermeister«, sagte Colon, der immer noch seine

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