Don Fernando erbt Amerika
unbelehrbar.
»Deine Fotos, ja«, sagte Herbert, »da ist was Komisches passiert.«
Kathrins Herz machte einen kleinen Freudenhüpfer.
»Ach ja? Habt ihr sie kaputt gemacht, oder was?«, fauchte sie in gespielter Wut.
»Ach was, war doch nur Spaß«, sagte Herbert schnell. »Ich bring sie gleich hoch. Reg dich nicht auf, war bloß ’n Witz, okay?«
»Nichts ist okay, du mieses Tier«, sagte Kathrin müde. »Ich hol sie selber. Bin gleich unten.«
Tja. Wieder nichts mit ihrem Artikel. Das würde wahrscheinlich so weitergehen, bis sie in Rente ging: Aus einem witzigen, leicht und elegant geschriebenen Artikel für eine Viertelseite eine Bildunterschrift heraussuchen, die doof genug war, damit sie der Bürgermeister kapierte und sich dabei noch intelligent fühlte. Was für ein Müll! Da gingen ihre literarischen Ambitionen dahin und lösten sich im Qualm der französischen Zigaretten auf, die der Chefredakteur immer rauchte, weil er hoffte, sich damit das Flair eines abgebrühten, zynischen Journalisten zu geben. (Er hatte den Film All the President’s Men schon achtundzwanzig Mal gesehen und fand, er sähe Robert Redford ähnlich. Was Kathrin sich nicht eingestand, war, dass sie im tiefsten Innern fand, sie gliche Dustin Hoffman in dem Film bis inalle Einzelheiten. Außer dass er ein Mann war, natürlich.) 2
Kathrin fuhr mit dem Aufzug hinunter ins Labor und nahm die Bilder in Empfang. Als sie wieder an ihrem Schreibtisch saß, die Mappe öffnete und die Fotos durchging, brach sie sofort in haltloses Gelächter aus, das sprudelnd in ihr hochstieg und sich schallend entlud. Stefan kam neugierig um den Schreibtisch herum, warf einen Blick auf die Bilder, die Kathrin vor sich ausgebreitet hatte, und bekam einen Lachkrampf. Immer, wenn Kathrin versuchte, sich zu fangen, sah sie wieder auf dem Bild, wie der Bürgermeister von den Rittern fortgeschleppt wurde, wie besoffen zwischen ihnen hing und ein so blödes Gesicht machte, wie es nur der Bürgermeister konnte. Und Stefan ging es genauso. Er keuchte und japste, stützte sich auf Kathrin, zeigte wortlos auf die Bilder und ging wieder in die Knie vor Lachen. Da war der Bürgermeister in allen Stellungen, und alle waren extrem komisch.
»Wie er sich wehrt …«, keuchte Stefan und brüllte förmlich vor Lachen.
»Dieser Trottel … hängt da im Anzug zwischen den Rittern … was für eine grandiose Idee …«
Kathrin hielt sich die Seiten.
»Schau mal hier, wie sich sein Schnurrbart in dem Scharnier verfangen hat, wie er da schaut …« Sie platzte fast.
»Das …«, Stefan setzte sich auf den Boden vor Lachen, »…drucken wir nie …!«
»Schau dir das an, schau her, Stefan …« schrie Kathrin lachend, »da ist ihm die Hose geplatzt …und …« Sie konnte nicht weitersprechen.
»Die Unterhose!« Stefan brach vollends zusammen. »Die Herzchen, schau dir die Herzchen …«
Sie saßen nun beide auf dem Boden, lachend, schreiend, kichernd, die Tränen liefen ihnen herunter und sie versuchten vergeblich hochzukommen. Immer wieder zeigte einer von ihnen wortlos auf eines der vielen Bilder, die jedes für sich brillant komisch waren. In diesem Augenblick kam der Chefredakteur herein, halb blind vom Zigarettenrauch, der ihm eben ins Auge gestiegen war. Als er die beiden auf dem Boden sah, kam er lässig näher. Ihn erschütterte nichts. Aber als er die Bilder sah, die Kathrin wahllos gegriffen hatte und ihm hochhielt, musste auch er grinsen.
»Das können wir natürlich nicht bringen. Was ist das denn überhaupt?«
Kathrin sah ihre Chance und kämpfte den Lachkrampf endlich erfolgreich nieder, bis sie, immer wieder von einem kleinen Lacher unterbrochen, erzählen konnte, was sich heute Morgen auf der Burg bei dem Empfang ereignet hatte.
»Gute Idee vom Bürgermeister«, sagte der Chefredakteur nachdenklich.
»Vielleicht will er dann, dass die Bilder erscheinen.«
»Oh nein«, sagte Kathrin hastig, die ihren Artikel schon zusammenschnurren sah. »Einen detaillierten Bericht, ja. Diese Bilder, nein. Niemand kann wollen, dass solche Bilder von einem selbst in der Zeitung sind.«
»Hm«, meinte der Chefredakteur, »dann schreiben Sie mir halt einen anständigen Artikel und wir bringen ein kleines Archivbild.«
Kathrin konnte es kaum glauben. Ein langer Artikel?
Ja, ein langer Artikel. Sie grinste Stefan an, er grinste zurück und zeigte auf ein besonders übles Bild. Kathrin musste sich auf die Lippe beißen, um nicht wieder zu lachen.
»Gut. Alles klar.
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