Don Fernando erbt Amerika
und wollte gerade zuschlagen, als er sah, dass das Dach unverletzt war. »Ein Trick«, murmelte er unsicher und ließ die Faust sinken, »wie in Krieg der Sterne. «
»Ja«, sagte Esteban, stellte sich an die Seite des Opels und ließ den Degen lässig mit einer Hand durch die Breitseite der Karosserie sinken, »ein Trick.«
Er verbarg den Degen wieder in seinem Mantel, stieg in den Kleinbus und fuhr ihn vier Meter vor. Der Hausmeister schloss seine Finger um den Türgriff seines Opels, woraufhin der Wagen in vier exakt gleiche Teile zerfiel.
»Vorsprung durch Technik!«, murmelte Esteban, als er, vom Applaus der Autofahrer in dem langen Stau umtost, wieder nach oben ging und sich beiläufig fragte, ob die Stirnader das aushalten würde. Im Polizeipräsidium saß Köberlein hinter seinem Schreibtisch und stützte den Kopf in die Hände. In diesem Zimmer war viel zu viellos. Es gab zu viele Menschen hier. Und zu viele laute Gespräche. Er blickte sehnsüchtig durch die Finger auf seinen Teller mit Croissants, die noch immer unberührt dalagen und einen vorwurfsvollen Eindruck machten.
»Entschuldigen Sie«, sagte ein Tontechniker, »könnten Sie eben aufstehen, ich muss dieses Kabel hier durch …«
Köberlein stand auf. Er holte tief Atem und schrie: »Ruhe!«
Es wurde still. Etwa fünfzehn Gesichter drehten sich erstaunt zu ihm um.
»Ich will wissen, wer das Fernsehen benachrichtigt hat!«, sagte Köberlein. »Und wer immer es war, geht die nächsten zwei Wochen auf Streife. Das hier ist eine interne Besprechung. Alle raus, bis auf Frau Gottsched und die Telefontechniker.«
Kein Mensch rührte sich. Die Gespräche wurden wieder aufgenommen, zwischendurch klingelte das Telefon, aber keiner ging ran. Köberlein hatte wieder dieses komische Gefühl, das er immer bekam, wenn seine Mutter ihn ansah und kopfschüttelnd sagte: »Junge, wer ist nur auf die Idee gekommen, dich zum Polizeichef zu machen.«
Er kam hinter seinem Schreibtisch hervor und ging auf die Journalistin zu, die etwas verloren herumstand.
»Kommen Sie mit«, sagte Köberlein, »wir suchen uns ein ruhiges Büro.«
Sie gingen in ein angrenzendes Zimmer und Köberlein schloss die Tür.
»So«, sagte er, »jetzt erzählen Sie mal, was gestern überhaupt los war. Und sagen Sie bloß nicht, dass es genau so war wie in Ihrem Artikel. Ich will wissen, wer diese Typen waren und warum keiner dem Bürgermeister geholfen hat.«
»…«, sagte Kathrin, die eine halbe Stunde in der frostigen Januarluft auf den Bus gewartet hatte und noch immer auf der Suche nach den Resten ihrer Stimme war. Sie setzte noch einmal an, aber da war wirklich ein fetter Ochsenfrosch in ihrem Hals, der anscheinend samtMobiliar eingezogen war. Sie räusperte sich lautstark. Der Frosch bekam einen Herzinfarkt und der Polizeichef schrak ziemlich zusammen.
»Tun Sie das nicht wieder«, bat er. »Das hört sich nicht gut an.«
»Ich kann ja auch wieder gehen«, krächzte Kathrin giftig zurück.
»Nein, nein, es war nicht so gemeint. Erzählen Sie einfach.«
Kathrin erzählte. Obwohl sie heiser war, erzählte sie lebendig, und Köberleins Mundwinkel zuckten, als Kathrin die Sache mit den Herzchen auf der Unterhose ausmalte und beschrieb, wie der Bürgermeister mit seinem Schnurrbart im Visier des Anführers hängen geblieben war und vergeblich versucht hatte, sich zu befreien.
»Und außerdem ist das alles auf den Fotos«, sagte sie zum Schluss.
»Wie war das?«, fragte Köberlein. »Sie haben die Entführer fotografiert? Wieso sagen Sie das nicht gleich?«
»Ich dachte, Sie wüssten das längst«, antwortete Kathrin.
Köberlein war schon aufgesprungen, und zwei Minuten später saßen sie in einem Streifenwagen zum Pressehaus. Der Fahrer beschwerte sich bitter bei Kathrin, dass jetzt kein Mensch bei seinem Wagen wäre, den er eben auseinandergenommen hatte, und dass man ja wüsste, wie viele Diebe es unter Polizisten gäbe.
Im Pressehaus angekommen, fuhren sie sofort hoch zu Kathrins Büro. Ja, da lagen die Bilder noch. Köberlein nahm sie in die Hand. Dann zuckte es in seinem Gesicht.
»Das«, sagte er glucksend, »war die Entführung fast wert.«
Und dann begann hektische Aktivität. Kathrins Bilder wurden vervielfältigt und an alle Dienststellen geschickt, sie selbst wurde verhört und noch einmal verhört, und als alle nur noch auf einen Anruf des Entführers warteten, wurde sie ein drittes Mal verhört. Da ging es allerdings schon kaum mehr um den Bürgermeister,
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