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Don Fernando erbt Amerika

Titel: Don Fernando erbt Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
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derartigen Auseinandersetzungen hervorgegangen. Seit er Hausmeister in diesem Haus war, hatte ihm noch nie jemand seinen Parkplatz vor der Einfahrt streitig gemacht. Und nun kam dieser dreckige Itaker und wollte ihn austricksen.
    »Du Drecksau!«, stieß er hervor. »Du Stück Ausländerscheiße, warte nur, jetzt hol ich die Bullen.«
    Er drehte sich um und wollte die Treppe hinuntergehen.
    Von innen rief Fernando etwas auf Spanisch. Esteban lauschte kurz, dann wechselte er plötzlich den Tonfall. Er konnte das perfekt. Unglaublich sanft und nachgiebig sagte er: »Kommen Sie, das war doch nur Spaß. Der Chef sagt, dass wir natürlich das Auto wegfahren. Ist doch Ihr Parkplatz. Ich wusste das nicht!«, log er geschmeidig. »Warten Sie nur einen Augenblick, ich hole die Schlüssel.«
    Der Hausmeister hatte plötzlich Oberwasser bekommen, ganz unvermutet. Aber so gehörte sich das wohl auch.
    »Aber ein bisschen plötzlich, ja?«, sagte er frech.
    Esteban nickte, dann ging er in das Wohnzimmer zurück. Der Hausmeister sah, wie Esteban kurz mit Fernando sprach, wie dieser nickte und Esteban wieder zurückkam. Als sie gemeinsam die Treppen hinuntergingen, langsam, weil der Hausmeister wirklich fett war und an jedem Absatz eine Pause einlegen musste, plauderte Esteban auf ihn ein: »Wissen Sie, ich bin gar kein Italiener. Ich bin Spanier.«
    Man konnte nicht sagen, dass der Hausmeister ein lebhaftes Interesse an Estebans Herkunft zeigte. Für ihn begann der Balkan in München und alles, was dahinter hervorkroch und nach Nürnbergkam, war Ausländer. Esteban fuhr unbeeindruckt fort: »Ja, um genau zu sein, komme ich aus Toledo. Sagt Ihnen Toledo etwas?«
    Er hätte ihn auch fragen können, ob er von der Relativitätstheorie etwas verstand. Sie gingen weiter. Der Hausmeister schnaufte. Man hatte den Eindruck, selbst der Atem, den der Mann ausstieß, sei irgendwie fettig. Esteban fuhr fort: »In Toledo wurde früher der beste Stahl der Welt hergestellt. Fantastische Degen. Gingen durch Holz wie durch Butter. Die besten Degenschmiede kamen aus Toledo. Mein Vater war zufällig Waffenschmied.«
    Der Hausmeister keuchte etwas, das Esteban vorsätzlich als Ermunterung missverstand, worauf er mit seiner Erzählung weitermachte: »Ich bin auch Waffenschmied. Seit ich 16 bin, schmiede ich Degen.«
    Esteban hielt es für überflüssig zu erwähnen, dass dieser Geburtstag mehr als vierhundert Jahre zurücklag.
    »Ich habe dann auch einen speziellen Stahl entwickelt. Leider nicht mehr in Toledo, ich musste ja dann mit meinem Boss umziehen. Aber, wie sagen Sie hier immer: ›Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.‹ Ich habe hier eine Werkstatt gefunden und weiter Degen geschmiedet. Und den Stahl entwickelt. Einen ganz hervorragenden Stahl.«
    Der Hausmeister hatte endlich das Parterre erreicht. Sie gingen durch den Hof.
    »Eigentlich ist das gar kein echter Stahl mehr. Es ist eher eine monomolekulare Legierung. Wollen Sie mal sehen?«
    Sie waren auf die Straße hinausgetreten. Da stand Fernandos Kleinbus in der Einfahrt und daneben parkte in zweiter Reihe der Opel des Hausmeisters mit eingeschalteter Warnblinkanlage. Eine lange Reihe von Autos staute sich dahinter in der engen Straße und ab und zu hupte jemand zaghaft, was der Hausmeister nur mit einem verächtlichen Blick und einer obszönen Handbewegung bedachte. Esteban zog einen Degen aus seiner langen Jacke.
    »Sehen Sie«, sagte er liebevoll zum Hausmeister, »das ist mein Degen!«
    Ein klein wenig Interesse erschien in den tief liegenden Augen des Mannes. Der Degen glänzte so sehr und war so schmal, dass er aussah, als bestünde er aus Licht. Der Hausmeister wollte danach greifen, aber Esteban hob den Degen und sagte: »Vorsicht, sehr scharf!« Er begleitete den Hausmeister zu seinem Opel.
    »Schönen Wagen haben Sie da«, sagte er bewundernd.
    »Ja!«, blubberte der Hausmeister und wollte seinen fetten Körper in den Wagen zwängen.
    »Einen Augenblick noch«, hielt ihn Esteban zurück. »Werfen Sie doch noch einmal einen Blick auf meinen Degen.«
    Der Hausmeister sah Esteban wohl oder übel zu. Der hob den Degen, stellte sich hinter das Auto und senkte ihn leicht, bis er fast das Dach des Wagens berührte.
    »Hey!«, schrie der Hausmeister. »Mach mir keinen Kratzer, Itaker!«
    »Spanier«, berichtigte Esteban sanft und führte den Degen durch die Länge des Wagens bis zum Boden. Mit einem erstaunlichen Satz war der Hausmeister neben ihm, holte trotz seiner Chancenlosigkeit aus

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