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Don Fernando erbt Amerika

Titel: Don Fernando erbt Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
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Freundschaft einwenig beneidete. Christoph hatte wohl nicht allzu viele Freunde, aber die … Es hatte lange Stunden gekostet, ihn zu überzeugen, und immer noch fand Gilead, dass im Gesicht des Schlafenden eine skeptische Linie war. Christoph wollte gerne alles glauben, was Gilead erzählt hatte, weil es romantisch und abenteuerlich war. Aber sein Physikerverstand war ihm im Wege. ›Wenn es so ist, wie du sagst‹, war einer seiner häufigsten Einwände gewesen, ›wieso ist dann …‹, und so weiter. Gilead war aber kein Techniker und schon gar kein Wissenschaftler. Gilead konnte nicht einmal einen Scooter anständig landen. Deshalb konnte er Christoph auch oft nur antworten, dass es eben einfach funktionierte. Und das reichte Christoph nicht. Nur weil Bébé Gilead ohne Weiteres Glauben geschenkt hatte, ließ sich Christoph allmählich überzeugen. Immerhin. Nun hatte er schon eine nette Crew zusammen: einen arbeitslosen Physiker und einen verkannten Rockmusiker. ›Sehr gute Voraussetzungen, um die Entwicklung der Raumfahrt voranzutreiben‹, dachte Gilead grinsend, ›wenn man an die Chaostheorie glaubt.‹
    Dann sollten sie doch später mal einen Plan entwerfen.
    Ein paar Straßen weiter, in Gostenhof, keuchte ein fetter Hausmeister die Treppen in den vierten Stock hoch, besah sich die Türschilder und klingelte schließlich widerlich lange an einer ziemlich unscheinbaren Tür. Als sich dahinter nichts tat, begann er, den Knopf rhythmisch zu betätigen, was einen netten Stakkato-Effekt erzeugte, der jedem normalen Menschen an den Nerven zerren musste. Und als er zu Atem gekommen war, donnerte der Hausmeister noch mit der freien Hand gegen die Tür und rief: »Hallo! Hallo! Hallo!«
    In der Wohnung saßen mehrere Männer in einem erstaunlich prachtvollen Wohnzimmer. Salon hätte es besser getroffen, aber wenn man in Gostenhof, dem miesesten Viertel von Nürnberg, von Salon spricht, dann schreien einem die Leute: »Selber, du Drecksack!« nach. Colon gab einem seiner Männer einen Wink. Der stand von einem kostbaren Sofa auf und ging durch den Flur zur Tür.
    Sie alle waren schon beim Archiv gewesen. Viele Male. Und wenn sie auch immer erfolglos geblieben waren – in Bezug auf Lebenserfahrung waren sie um einiges reicher geworden. Esteban öffnete die Tür, sah über die Schulter des Hausmeisters ins Leere und fragte tonlos: »Ja?«
    Für einen Augenblick war der Hausmeister sprachlos. Dieses tonlose, unendlich gelangweilte und arrogante ›Ja?‹ wirkte immer. Esteban freute sich. Schließlich hatte der Hausmeister die unglaubliche Frechheit überwunden und schrie los: »Hey! Ist das euer Bus da unten in der Einfahrt? Da ist Parken verboten. Verstehst du? Verboten!«
    Esteban sah an ihm vorbei. Er hatte das lange geübt und war nach einiger Zeit darauf gekommen, dass der Blick am irritierendsten wirkte, wenn man sich auf der Schulter des Gegenübers einen schwarzen Raben vorstellte.
    »Sind Sie angemeldet?«, fragte er.
    Der Hausmeister raste. Esteban betrachtete interessiert die linke Stirnader und fragte sich, ob sie wohl platzen würde, wenn er jetzt sagte, dass sie Inventur machten. Er verzichtete zunächst darauf, obwohl ihn das Experiment sehr reizte. Als extrem Langlebiger neigt man dazu, gewisse körperliche Verfallserscheinungen bei anderen nur noch mit einem akademischen Interesse zu betrachten.
    »Hör zu, du Scheißitaker!«, schrie der Hausmeister, knallrot im Gesicht. »Fahr das Auto weg. Verstanden? Fahr sofort die Karre weg, oder ich hol die Bullen.«
    Esteban sagte sanft: »Das ist aber keine Einfahrt. Man kann nicht in den Hof fahren, also versperrt der Wagen auch keine Einfahrt.«
    »Ich hab extra ein Schild ›Parken verboten‹ hingemacht«, schrie der Hausmeister, »damit …«
    »… damit Sie immer einen freien Parkplatz haben«, ergänzte Esteban lächelnd, »und nun ist der freie Parkplatz besetzt. Ach, ist das schade! Wollte das Hausmeisterlein seinen Hutzli-Putzli-Opel dort parken? Und plötzlich war der Parkplatz besetzt? O je, o je. Wie schade!«
    Esteban sprach perfekt Deutsch, und er war stolz darauf, stets den angemessenen Ton zu finden, was in einer fremden Sprache nicht leicht ist. Nun betrachtete er interessiert die Stirnader, deren Fassungsvermögen an Blut seiner Ansicht nach bereits überschritten war.
    Der Hausmeister würgte. Seit er in Gostenhof lebte, hatte er schon mit vielen Leuten zu tun gehabt. Und er war oft – nicht immer, aber oft – als Sieger aus

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