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Don Fernando erbt Amerika

Titel: Don Fernando erbt Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
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allmählich klar geworden war, was das Dokument bedeutete, und er außerdem festgestellt hatte, dass er offensichtlich unsterblich war, hatte er sich wieder nach Deutschland aufgemacht und war nach Nürnberg gekommen. Natürlich waren zu diesem Zeitpunkt die meisten Beteiligten schon tot, und er hatte mühsam Stück für Stück jedes Indiz gesammelt, das auf den Verbleib des Dokumentes hinweisen könnte. Unzähligen Spuren war er nachgereist: nach Italien, nach Spanien, nach Norwegen, viermal in die Neue Welt. Je besser die Verkehrsverbindungen wurden, desto mehr war er gereist, immer auf der Suche. Und mit ihm seine Gefährten,die damals auf dem allerersten Heimweg von Nürnberg mit ihm über diesen zugefrorenen See in Schwaben geritten waren.
    »Klar hält das Eis, Jungs«, hatte er damals gesagt. Und dann waren sie alle zusammen eingebrochen und so schnell untergegangen, dass sie nicht einmal ein Vaterunser beten konnten. Aber als sie später aufgewacht waren, hatten sie gemerkt, dass sie unter Wasser auf den Trümmern einer seltsam glitzernden Maschine lagen und atmen konnten. Ja.
    Schön.
    Sie waren blau aus dem See geklettert, waren auf die Knie gefallen und hatten der Heiligen Jungfrau für ihre Rettung gedankt. Und dann waren sie nach Portugal weitergezogen. Erst gut vierzig Jahre später war der erste seiner damaligen Kameraden wieder bei ihm aufgetaucht und hatte ihn seltsam angesehen.
    »Du lebst also auch noch!«
    Da hatten sie herausgefunden, dass sie offenbar unsterblich waren – und sich zusammengetan, um das Dokument zu suchen. Mittlerweile kamen sie sich schon fast vor wie die Ritter der Tafelrunde auf der Suche nach dem Gral. Bis auf die Kleinigkeit, dass Fernando und seine Gefährten schon unsterblich waren, und Fernandos Dokument ungefähr zehntausendmal so viel wert war wie der Gral. Vorsichtig geschätzt.
    Und deshalb stand Fernando jetzt in einer Vierzimmerwohnung in Gostenhof und schaute in den Tag hinaus. Unten im Keller lag der Bürgermeister. Gerade hatte Colon zum zweiten Mal im Präsidium angerufen und diesmal offenbar keinen kompletten Idioten am Apparat gehabt, sondern den Polizeichef. Jetzt würde man ja sehen, ob das Dokument nicht endlich auftauchen würde.
    Für die restlichen Nürnberger war der Tag zwar auch blau und kalt, aber nicht im mindesten so spannend.
    Das kam erst noch.

    5   Weiter oben wurde schon darauf hingewiesen, dass es nur 99 Prozent aller Wünsche sind, die normalerweise in Erfüllung gehen. Sehr spezifizierte Vorstellungen, wie die des Polizeichefs, werden im Kausalzusammenhangsbüro nur ungern und selten bearbeitet.
        Wie in jeder Behörde.

 13 
    Bébé und Christoph schliefen den Schlaf der sehr Betrunkenen. Zum Ende hin hatte sich die Diskussion mit Gilead dahin gehend entwickelt, dass sie sich über Gileads sironische Herkunft einig waren und Bébé dann trotz aller Proteste Gileads darauf bestanden hatte, ihn in die irdischen Alkoholika einzuführen. Es hatte nichts genützt, dass Christoph bemerkt hatte, Gilead sei immerhin schon fast sieben- oder achthundert Jahre hier. Oder noch länger, wie Gilead selbst hinzugefügt hatte. Es musste getrunken werden.
    Gilead hingegen saß in einem Sessel und träumte vor sich hin. Seit ziemlich langer Zeit, um genau zu sein seit seiner Verbannung, hatte er das erste Mal das Gefühl, Leute kennengelernt zu haben, die ihm zwar nicht helfen konnten, die aber spaßig genug waren, um es noch eine Zeit lang auf dem Planeten aushalten zu können. Er betrachtete die beiden Schlafenden. Bébé war nicht eben groß und hatte helle Augen, in denen Freunde ziemlich grenzenloses Verständnis finden konnten. Und Gilead war Bébé sehr sympathisch gewesen – schon bevor sie an den Schnaps gegangen waren. Bébé war eben ein Künstler. Später in der Nacht hatte er Gilead ein bisschen auf seiner Gitarre vorgeklimpert, wie er das nannte. Gilead, selbst Künstler genug, um ein wenig von Musik zu verstehen, hatte es großartig gefallen. Man merkte Bébés Musik an, fand Gilead, dass er sich nicht darauf festgelegt hatte, die Welt so zu sehen, wie sie nach allgemeiner Ansicht war. Für Bébé war das Ganze eine Sache des Blickwinkels und er wechselte deshalb ganz gerne den Standpunkt. Was – wie Gilead nachdenklich bemerkte – weder bei Sironen noch bei Terranern eine häufig anzutreffende Eigenschaft war. Und Christoph, tja. Da lag die Sache anders. Er war sympathisch. Gilead merkte, dass er Bébé um Christophs

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