Don Juan 01 - Die Lehren des Don Juan. Ein Yaqui-Weg des Wissens
wieviel ich jedesmal beim Rauchen brauchte, hinge ganz von mir ab. Ich wollte wissen, was geschehen würde, wenn ich den Beutel niemals verbrauchte. Don Juan sagte, daß nichts geschehen würde; daß der Rauch nichts verlangte. Er selbst mußte nicht mehr rauchen, und doch machte er jedes Jahr eine neue Mixtur. Dann verbesserte er sich und sagte, er brauchte kaum zu rauchen. Ich fragte ihn, was er mit der unbenutzten Mixtur mache, aber dies beantwortete er nicht. Er sagte, die Mixtur sei nach einem Jahr nicht mehr gut. An diesem Punkt hatten wir eine lange Diskussion. Ich hatte meine Frage nicht deutlich gestellt, und seine Antworten schienen verwirrend Ich wollte wissen, ob die Mixtur nach einem Jahr ihre halluzinogenen Eigenschaften oder ihre Macht verlieren würde, und deshalb der jährliche Zyklus notwendig sei; aber er bestand darauf, daß die Mixtur ihre Kraft niemals verlieren würde. Das einzige, was passierte, sagte er, sei, daß ein Mann sie nicht mehr brauchte, weil er einen neuen Vorrat besaß; er mußte die übriggebliebene, alte Mixtur auf bestimmte Weise vernichten, aber darüber wollte mir Don Juan zu diesem Zeitpunkt nichts sagen.
Dienstag, 24. Dezember 1963
»Du sagst, Don Juan, daß du nicht mehr rauchen mußt.«
»Ja, da der Rauch mein Verbündeter ist, muß ich nicht mehr rauchen. Ich kann ihn jederzeit, an jeder Stelle rufen.«
»Meinst du damit, daß er kommt, auch wenn du nicht rauchst?«
»Ich meine, ich gehe zu ihm, wann ich will.«
»Werde ich das auch tun kennen?«
»Wenn es dir gelingt, ihn zum Verbündeten zu gewinnen, wirst du es auch kämen.«
Dienstag, 31. Dezember 1963
Am Donnerstag, dem 26. Dezember, hatte ich mein erstes Erlebnis mit Don Juans Verbündetem, dem Rauch. Ich fuhr mit Don Juan den ganzen Tag umher und machte Besorgungen für ihn. Wir kamen am späten Nachmittag zu seinem Haus zurück. Ich erwähnte, daß wir den ganzen Tag nichts gegessen hatten. Es war ihm völlig gleichgültig; statt dessen sagte er mir, es sei für mich dringend notwendig mit dem Rauch vertraut zu werden. Ich müßte ihn selbst erfahren, um zu erkennen, wie wichtig er als Verbündeter sei.
Ohne mir die Möglichkeit zu geben, etwas zu erwidern, sagte er, daß er mir jetzt gleich seine Pfeife anzünden wdle. Ich versuchte, ihn davon abzubringen, ich glaubte noch nicht vorbereitet zu sein. Ich glaubte, mit der Pfeife noch nicht lange genug umgegangen zu sein. Aber er wandte ein, daß mir viel Zeit zum Lernen übrigblieb und daß ich die Pfeife bald benutzen müßte.
Er nahm die Pfeife aus ihrem Beutel und betastete sie. Ich saß neben ihm auf dem Boden und versuchte verzweifelt, zu brechen und ohnmächtig zu werden - alles wollte ich tun, um diesen unvermeidlichen Schritt hinauszuschieben Das Zimmer war beinahe dunkel. Don Juan hatte eine Petroleumlampe angezündet und sie in eine Ecke gestellt Gewöhnlich tauchte die Lampe das Zimmer in ein beruhigendes Halbdunkel, und ihr gelblicher Schein besänftigte. Diesmal jedoch schien das Licht düster und ungewöhnlich rot; es war störend. Er band seinen kleinen Beutel mit der Mixtur auf, ohne ihn von der Schnur um seinen Hals zu lösen. Er nahm die Pfeife nahe zu sich, steckte sie unter sein Hemd und schüttete etwas von der Mixtur in den Pfeifenkopf. Ich mußte dem Vorgang zusehen, und er erklärte, daß er die verschüttete Mixtur in seinem Hemd auffangen würde. Don Juan machte den Pfeifenkopf dreiviertel voll, verschnürte dann den Beutel mit einer Hand, während er die Pfeife in der anderen hielt. Er hob eine kleine Tonschüssel auf, gab sie mir und bat mich, ihm vom Feuer draußen einige kleine Holzkohlenstücke zu holen. Ich ging hinter das Haus und schaufelte einige Stückchen Holzkohle aus dem Lehmofen. Ich ging schnell ins Zimmer zurück. Ich spürte tiefe Angst Es war wie eine Vorahnung.
Ich setzte mich neben Don Juan und gab ihm die Schüssel. Er sah sie an und sagte ruhig, daß die Holzkohlen zu groß seien. Er wollte kleinere, die in den Pfeifenkopf passen würden. Ich ging zum Ofen zurück und holte einige. Er nahm diese Schüssel mit Holzkohlen und stellte sie vor sich hin. Er saß mit gekreuzten Beinen. Er sah mich kurz aus den Augenwinkeln an und beugte sich nach vom, bis sein Kinn fast die Holzkohlen berührte. Er hielt die Pfeife in seiner linken Hand und hob mit einer äußerst schnellen Bewegung seiner rechten Hand ein brennendes Stück Holzkohle hoch und legte es in den Pfeifenkopf; dann setzte er sich aufrecht hin, hielt
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