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Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten

Titel: Don Juan 04 - Der Ring der Kraft. Don Juan in den Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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dort draußen im Gebüsch. Nach einiger Zeit wird er näher kommen, um nach dir zu schauen. Darum habe ich auch die Laterne direkt über dir aufgehängt. Das Licht wird den Nachtfalter leiten, damit er dich finde. Wenn er den Rand des Gebüschs erreicht, wird er dich rufen. Es ist ein ganz besonderes Geräusch. Schon das Geräusch allein kann dir vielleicht helfen.«
    »Was ist das für ein Geräusch, Don Juan?«
    »Es ist ein Gesang. Ein beschwörender Lockruf, den Nachtfalter ausstoßen. Gewöhnlich kann man ihn nicht hören, aber der Falter dort draußen ist ein ungewöhnlicher Nachtfalter; du wirst seinen Ruf ganz klar hören, und vorausgesetzt, daß du makellos bist, wird er den Rest deines Lebens bei dir bleiben.«
    »Wobei wird er mir helfen?«
    »Heute nacht wirst du versuchen, etwas zu vollenden, was du bereits begonnen hast. Das Sehen geschieht nur, wenn es dem Krieger gelingt, seinen inneren Dialog anzuhalten. Heute hast du, dort draußen im Gebüsch, willentlich dein Selbstgespräch angehalten. Und du hast gesehen. Was du sahst, war nicht klar. Du glaubtest, es sei ein Mann. Ich sage, es war ein Nachtfalter. Keiner von uns hat recht, aber nur deshalb, weil wir sprechen, uns mit Worten verständigen müssen. Trotzdem bin ich im Vorteil, weil ich besser sehe als du und weil ich mit der Erklärung der Zauberer vertraut bin; daher weiß ich, auch wenn es nicht ganz richtig ist, daß die Gestalt, die du heute abend sahst, ein Nachtfalter war. Und jetzt wirst du schweigend und ohne Gedanken hier abwarten und diesen kleinen Nachtfalter wieder zu dir kommen lassen.« Ich konnte kaum mitschreiben. Don Juan lachte und drängte mich, weiterzuschreiben, als ob nichts mich beunruhigte. Er faßte mich am Arm und meinte, das Schreiben sei der beste Schutzschild, den ich hätte.
    »Wir haben noch nie über die Nachtfalter gesprochen«, fuhr er fort. »Bis jetzt war der richtige Zeitpunkt noch nicht gekommen. Wie du weißt, war dein Geist nicht im Gleichgewicht. Um dem entgegenzuwirken, habe ich dich gelehrt, wie ein Krieger zu leben. Du weißt, ein Krieger geht von der Gewißheit aus, daß sein Geist aus dem Gleichgewicht geraten ist; dadurch, daß er in vollkommener Selbstkontrolle und Bewußtheit. aber ohne Eile oder Zwang lebt, tut er sein Äußerstes und Bestes, um sein Gleichgewicht zu erlangen. In deinem Fall, wie im Fall eines jeden Menschen, war dein Ungleichgewicht durch die Summe aller deiner Handlungen bedingt. Aber jetzt scheint dein Geist im richtigen Zustand zu sein, um über die Nachtfalter zu sprechen.«
    »Woher wußtest du, daß dies der richtige Zeitpunkt ist, um über die Nachtfalter zu sprechen?«
    »Als du ankamst, konnte ich einen kurzen Blick auf den umherschleichenden Nachtfalter werfen. Dies war das erste Mal, daß er sich freundlich und offen zeigte. Ich hatte ihn schon vorher, in den Bergen bei Genaros Haus, gesehen, aber nur als eine bedrohliche Gestalt, die deinen Mangel an Ordnung widerspiegelte.«
    In diesem Augenblick hörte ich ein seltsames Geräusch. Es war wie das gedämpfte Knarren eines Astes, der sich an einem anderen reibt, oder wie das aus der Ferne gehörte Tuckern eines kleinen Motors. Seine Tonhöhe veränderte sich, beinah musikalisch, und schuf einen unheimlichen Rhythmus. Dann hörte es auf.
    »Das war der Nachtfalter«, sagte Don Juan. »Vielleicht hast du schon bemerkt, daß hier, obwohl das Licht der Laterne hell genug wäre, um Nachtfalter anzuziehen, kein einziger umherfliegt.«
    Dies war mir nicht aufgefallen, aber kaum hatte Don Juan mich darauf aufmerksam gemacht, bemerkte ich ebenfalls die unglaubliche Stille in der Wüste und vor dem Haus. »Werde nicht nervös«, sagte er ruhig. »In dieser Welt gibt es nichts, was ein Krieger sich nicht erklären könnte. Siehst du, ein Krieger betrachtet sich als bereits gestorben, daher hat er nichts zu verlieren. Das Schlimmste ist ihm schon widerfahren, daher bleibt er klar und ruhig; nach seinen Taten oder Worten zu urteilen, käme niemand auf den Verdacht, daß er etwas Besonderes beobachtet hat.«
    Don Juans Worte, und vor allem seine Stimme, wirkten sehr beruhigend auf mich. Ich erzählte ihm, daß ich in meinem täglichen Leben nicht mehr wie einst jene zwanghafte Angst verspürte, daß aber mein Körper bei dem Gedanken an das, was dort draußen in der Dunkelheit lauerte, sich vor Angst in Krämpfen wand.
    »Dort draußen ist nur das Wissen«, stellte er sachlich fest. »Das Wissen jagt Furcht ein, das ist wahr. Aber

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