Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Juan de la Mancha

Don Juan de la Mancha

Titel: Don Juan de la Mancha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Menasse
Vom Netzwerk:
Alles Weitere dient zunächst nur der Vermeidung von Unlust. Zärtlichkeit – keine Rede von Lust, sondern: damit das Kind nicht schreit. Körperkontakt, damit es nicht weint. Schaukeln, damit es schläft.
    Ich schrie.
    Was hast du, sagte meine Frau. Mit dieser vor Schreck keuchenden Stimme, die sie immer hatte, wenn sie geweckt wurde, just in der Nacht vor einem Tag, an dem sie funktionieren musste. Sie musste immer funktionieren.
    Ich habe geträumt, sagte ich. Ich habe geträumt, ich bin ein Baby. Neugeboren.
    Beate küsste mich. Schlaf, Baby, schlaf. Ist alles gut, Baby, schlaf!
    82.
    Meine Frau flog nach Mailand. Am selben Tag begann Christa mit den Vorbereitungen zu unserem Fest.
    Bist du bereit, dich das etwas kosten zu lassen?
    Ja, sagte ich.
    Ein Anzug für mich ist kein Problem, sagte Christa, aber sie nehme an, dass ich wohl nicht in die Damenabteilung eines Bekleidungskaufhauses gehe, oder in eine Boutique, um dort Röcke zu probieren.
    Ja.
    Sie werde Maß nehmen, sagte Christa, und ihre Schneiderin beauftragen, eine Polin, die sehr günstig und schnell arbeite.
    Ja.
    Ich stand da mit erhobenen Händen. Ergeben. Christa maß mich ab.
    Sie macht das in zwei Tagen, sagte Christa. Übermorgen um drei in der Spinne? Ich bestelle Kosmetikerin, Visagistin und Friseur dorthin.
    Ja.
    Ich bringe mit, was wir sonst noch brauchen. Du bestellst den Champagner.
    Ja, sagte ich. Ja.
    Zuerst wurden meine Beine geharzt. Die Brust, der Rücken, die Arme. Christa schaute zu und lächelte. Die Kosmetikerin war verwirrt. Sie verstand nicht, was da ablief.
    Jetzt noch die Schamhaare, sagte Christa. Ich will, dass da alles wegkommt, bis auf einen Strich, einen kleinen Irokesen.
    Die Kosmetikerin trug Handschuhe, wie sie die Wurstverkäuferinnen im Supermarkt verwenden. Pikiert drückte sie meinen Schwanz zur Seite, depellierte, schnipselte mit der Schere, fassonierte.
    So ist es wunderbar, sagte Christa.
    Der Friseur flocht mir Haarteile ein, bastelte an der Frisur, er wusste genau, was er machen sollte. Christa hatte ihn offenbar gut instruiert. Er war auf eine geradezu karikaturhafte Weise schwul. Unendlich begeistert von mir, nach jedem Handgriff, den er tat. Ununterbrochen küsste er seine Fingerkuppen. Da kam schon die Visagistin. Belezza, sagte der Friseur, immer wieder: Belezza. Er sah zu, als die Visagistin mit der Arbeit begann. Sie zupfte die Augenbrauen. Trug eine Gesichtsmaske auf. Schminkte meine Augen. Klebte Wimpern. Bemalte meinen Mund. Puderte das Gesicht, pinselte, tupfte, rieb, zwirbelte. Belezza, sagte der Friseur.
    Dann wurden mir künstliche lange Nägel aufgeklebt und lackiert.
    Christa öffnete ihre Reisetasche. Unterwäsche, Kleid. Sie half mir, die Netzstrümpfe anzuziehen, die Strapse zu fixieren. Kein Höschen. BH mit Einlagen. Das Kleid. Die Schuhe. Pumps, Größe 45.
    Wo hast du die her?
    Gekauft, sagte Christa. Da gibt es ein Spezialgeschäft. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass unsere Außenministerin dort kauft.
    Jetzt setz dich da her, sagte sie.
    Christa nahm einen Sport-BH aus der Reisetasche, der ihren Busen flach drückte, ein himmelblaues Hemd, eine Krawatte, einen dunkelgrauen Anzug, Budapester Schuhe. Sie zog alles an, setzte sich mir gegenüber, gab dem Friseur ein Zeichen, der sofort damit begann, ihr Haar zu kürzen, es zu pomadisieren, um es schließlich streng zurückzufrisieren.
    Christa nahm einen Umschlag aus der Brusttasche ihres Sakkos, bezahlte. Dann waren wir allein.
    Wir saßen uns gegenüber und schauten uns an.
    Ich und Du.
    Plötzlich hatte Christa eine Meerrettichwurzel in der Hand. Sie öffnete den Zipp ihrer Hose, stellte die Wurzel in den geöffneten Hosenschlitz. Hielt ihn unten mit der Linken, begann ihn mit der Rechten abzureiben. Sie lächelte. Sie lächelte so entrückt, wie eine Schauspielerin in einem Pornofilm, die wirklich empfand, was sie mimte.
    Wer empfindet mehr Lust?
    Das, sagte ich, haben wir geklärt. Die Frau.
    Das wirst du jetzt erleben, sagte sie. Sie rieb sanft den Kren.
    Ich schaute. Sie an.
    Weißt du das Wort noch?
    Welches Wort?
    Mit Meerrettich den Arsch ficken. Auf Altgriechisch.
    Du hast es unlängst – ich wollte sagen: geschrien.
    Sie lächelte. Rieb die Wurzel. Ich streichelte zwischen den Beinen die Innenseiten meiner Schenkel.
    Das Wort ist: raphanidoein. Sag es!
    Raphanidoein.
    Gut. Weißt du, was das Witzige daran ist? Männer und Frauen haben gegiert danach. Sie haben sich selbst angezeigt deswegen.
    Selbst angezeigt?
    Ja, sagte

Weitere Kostenlose Bücher